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Chinas Goldmarkt gibt erneut Rätsel auf

30.08.2014  |  Thorsten Proettel
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Gold zur Kreditbesicherung genutzt

Vermutlich wurde das Gold oder zumindest der größere Teil des beschriebenen Überschusses aber für ganz andere Aktivitäten verwendet. Gewiefte Chinesen importierten das Edelmetall, um es zur Kreditbesicherung und für ähnliche Finanztransaktionen zu nutzen. Ein Hintergrund hierfür sind Beschränkungen des Kreditgeschäfts chinesischer Banken durch die Pekinger Regierung. Diese versucht seit einiger Zeit das immense Kreditwachstum einzudämmen und nimmt damit in Kauf, dass Unternehmer keinen Zugang zu offiziellen Darlehen finden.

Zweitens sind die Zinsen in China im Vergleich zu anderen Ländern relativ hoch. Der Zielsatz für 12-Monats-Geld der Notenbank in Peking beträgt aktuell 6%. Bekanntlich beläuft sich die Federal Funds Target Rate der US-Fed dagegen auf 0% bis 0,25%.


Günstige Darlehen durch Goldleihe

Chinesen mit Kreditbedarf bleibt damit die Inanspruchnahme des nicht unproblematischen Schattenbankensystems oder die folgende Methode: Gold wird im Ausland gekauft oder geliehen und anschließend auf dem Kassamarkt veräußert. Gleichzeitig werden Gold-Futures erworben. Bei Endfälligkeit der Terminkontrakte wird dann mit dem gelieferten Edelmetall die Verbindlichkeit aus der Goldleihe beglichen.

In anderen Fällen dienen die Futures als Absicherung gegen Preisschwankungen. Die Differenz aus dem Verkaufserlös für das physische Gold und der verhältnismäßig kleinen zu hinterlegenden Sicherheitsleistung für die Terminkontrakte kann dann beispielsweise für Spekulationsgeschäfte genutzt werden. Die Kosten hierfür sind relativ gering. Zwar ist der Futurepreis für Gold zur Lieferung in beispielsweise zwölf Monaten üblicherweise höher als der Kassapreis. Er spiegelt die Zinskosten für diesen Zeitraum wider. Allerdings sind die sehr niedrigen US-Zinsen der Maßstab hierfür.

Die beschriebene Praxis erlaubt den Chinesen deshalb nicht nur eine Umgehung der restriktiven Kreditvergabe, sondern auch die Nutzung des niedrigeren ausländischen Zinsniveaus im Inland.


Rund 1.000 Tonnen Gold in Transaktionen gebunden

Die Analysten von Metals Focus schätzen, dass diese und ähnliche Geschäfte bereits seit 2011 durchgeführt werden und insgesamt rund 1.000 Tonnen Gold in chinesischen Finanztransaktionen gebunden sind. Insofern kann das bisherige Rätsel über den Verbleib des Überangebots als gelöst angesehen werden, wobei sich gleichzeitig ein neues Rätsel ergibt: Wann werden die Goldleihen rückabgewickelt und welche Konsequenzen sind für den Markt zu erwarten? Naturgemäß bestehen keine offiziellen Statistiken zu dem Sachverhalt, die Aufschlüsse geben könnten.

Gemäß der Angaben des WGCs werden die Transaktionen nur mit kurzen Zeithorizonten von weniger als zwölf Monaten durchgeführt. Möglicherweise würden Leitzinsanhebungen in den USA, die vermutlich zu einer höheren Differenz zwischen Kassagoldpreisen und Futurepreisen sowie höheren Gold-leiheraten führen werden, die Attraktivität der Geschäfte einschränken. Durch die kurzen Laufzeiten ist somit eine zügige Reaktion denkbar.


Belastung für den Goldpreis

Möglicherweise führt das derzeit zu beobachtende harte Vorgehen der chinesischen Behörden im Bereich der mit Kupfer besicherten Darlehen aber auch schon früher zu einer Einschränkung der Golddeals. Zumindest deuten die eingangs beschriebenen niedrigeren Ausfuhren von Hongkong nach China auf ein Ende der Nachfrage für Kreditzwecke hin. Da viele Finanztransaktionen mit dem erstmaligen Verkauf von geliehenem Gold begannen, muss die Rückabwicklung der Goldleihen nicht zu einem im gleichen Maße steigenden Angebot führen.

Typischerweise befinden sich auf der Short-Seite des Futuresmarktes Minen, so dass frisch gefördertes Gold den Weg in die Tresore der Gläubiger findet. Allerdings kann ein temporäres Zusatzangebot im Bereich von mehreren 100 Tonnen nicht ausgeschlossen werden. Es müsste erst vom Markt aufgenommen werden und würde so lange auf dem Preis lasten. Als Fazit lässt sich deshalb festhalten, dass die chinesische Goldnachfrage in diesem Jahr weit unterhalb der Rekordstände von 2013 bleiben dürfte und neue Impulse für steigende Preise aus der Volksrepublik vermutlich erst nach der Abwicklung des Großteils der Goldtransaktionen möglich sind.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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