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Kommentar: Draghi entwertet den Euro

04.09.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins um weitere 10 Basispunkte auf 0,05 Prozentpunkte abgesenkt. Der Einlagenzins für Bankguthaben bei der EZB wurde ebenfalls um 10 Basispunkte auf -0,2 Prozentpunkte abgesenkt.

Zudem stellt die EZB in Aussicht, Banken (per "ABS") Kredite abkaufen und "Pfandbriefe“, die von Banken emittiert werden, aufkaufen zu wollen.

Die heutige Zinsentscheidung ist aus einer Vielzahl von Gründen problematisch:

- Die EZB will weitere Kreditrisiken der Banken übernehmen - der Steuerzahler wird in die Haftung genommen.

- Künstlich tiefe Zinsen (de facto Nullzinsen) sorgen für Fehlentwicklungen. Beispielsweise werden die Finanzmarktpreise künstlich aufgebläht, und Investoren werden verlockt, zu hohe Investitionsrisiken einzugehen.

- Künstlich niedrige Zinsen entwerten die Ersparnisse, weil die Renditen der Spargelder vielfach bereits unterhalb der Geldentwertungsrate liegen. Sparen und investieren wird entmutigt. Der Kapitalstock wächst nicht mehr - und damit schwächt sich die gesamtwirtschaftliche Produktionsleistung ab.

- Die Politik des billigen Geldes verringert die Reformanreize. Künstlich tiefe Zinsen mindern den Druck auf die Regierungen, Strukturveränderungen und Haushaltskonsolidierung voranzutreiben. Schlecht wirtschaftende Banken müssen nicht aus dem Markt ausscheiden und den Weg für bessere Anbieter frei machen. Auch das schadet dem künftigen Wachstum.

Das Kernziel, das sich hinter EZB-Geldpolitik verbirgt, ist, die Kredit- und Geldmenge im Euroraum wieder (kräftiger) anwachsen zu lassen. Es geht darum, die Euro-Kreditpyramide vor dem Einsturz zu bewahren.

Mit ihrer "Anti-Deflationspolitik" befindet sich die EZB jedoch auf einer schiefen Bahn. Was vermutlich nicht sofort ins Auge springt, ist das Folgende: Die Nullzinspolitik und die unbegrenzte Geldversorgung lassen sich kaum anders deuten als die Vorstufen für eine gezielte Inflationspolitik. Denn der Euroraum lässt sich nicht zusammenhalten lassen, ohne dass der Euro nach innen und nach außen entwertet wird.

Die Maßnahmen, die heute von der EZB verkündet wurden, ebenen den Weg dahin.


Auswirkungen auf den Goldpreis

Die Goldanleger "profitieren" von der EZB-Geldpolitik durch die Abschwächung des Euro-Wechselkurses. Seit Jahresanfang hat der Goldpreis in Euro gerechnet um etwa 11 Prozent zugelegt, in US-Dollar gerechnet um etwa 5 Prozent. Unter dem derzeitigen EZB-Kurs steht zu erwarten, dass Gold weiterhin attraktiv und unverzichtbar für Anleger im Euroraum bleiben wird.

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© Thorsten Polleit
Chefvolkswirt, Degussa Goldhandel GmbH



PS: Siehe hierzu auch "Die EZB ist eine scharfe Waffe", Handelsblatt Online, 4. September 2014




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