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Pessimismus bezüglich Gold nimmt zu - die Anzahl der Krisenherde ebenfalls

08.09.2014  |  Thorsten Proettel
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Zu diesem Zeitpunkt war der Goldpreis aber bereits auf einem Tiefpunkt angelangt. Ähnlich dürfte es sich auch mit den mutmaßlich anstehenden Leitzinserhöhungen verhalten, die derzeit immer wieder als Argument gegen das Edelmetall ins Feld geführt werden. Zweitens rechnen wir mit einer allmählichen Nachfragebelebung in Indien, die durch geschmuggeltes Gold zur Umgehung der Importsteuer befriedigt wird. Drittens dürften sich die immensen Sparanstrengungen der Minen in den letzten Monaten allmählich bemerkbar machen. Der Verzicht auf Explorationsmaßnahmen zur Kostenreduktion wird früher oder später in einem sinkenden Primärangebot resultieren.


Skepsis bezüglich Eurolandentwicklung

Die erneute Zinssenkung der EZB und die abermalige, stärkere Öffnung der europäischen Geldschleusen wird die gegensätzliche Politik der US-Fed voraussichtlich kaum ausgleichen, da den Marktteilnehmern aus dem Dollar-Raum ein größeres Gewicht zukommt. Allerdings birgt die Entwicklung in Euroland das Potenzial, den Goldpreis über die oben genannten Faktoren hinaus demnächst wieder anzutreiben.

Die mit dem Rettungsversprechen von Mario Draghi ab Sommer 2012 erkaufte Zeit wurde nur ungenügend von den Regierungen der Eurozone genutzt. In keinem einzigen Staat der südlichen Peripherie sind die Schuldenstände gesunken. Die griechische Staatsschuldenquote befindet sich mit 175% zum Jahresende 2013 sogar schon wieder auf dem gleichen Niveau wie kurz vor dem Schuldenschnitt.

in neuer "hair cut" würde dieses Mal jedoch vor allem öffentliche Gläubiger wie die EZB treffen und gilt deshalb als ausgeschlossen. Von Beobachtern wird dementsprechend mit Spannung erwartet, welche Maßnahmen die aus EU, IWF und EZB bestehende Troika am Ende dieses Jahres trifft, wenn die älteren bilateralen Rettungskredite auslaufen. Der IWF darf nur dann Kredite vergeben, wenn die Rückzahlung als sicher gilt, was im Falle Griechenlands angezweifelt werden kann.


Problemherde Frankreich und Italien

Im Gegensatz zu den Krisenjahren von 2010 bis 2012 bereiten jedoch weniger Griechenland, Portugal, Spanien und Irland sondern die ökonomischen Schwergewichte Italien und Frankreich den Volkswirten Sorgen. Sie wären vermutlich zu groß, um vom verbleibenden gesunden Rest der Eurozone gerettet zu werden, ohne diesen in seiner Leistungsfähigkeit zu überlasten. Die Reformvorhaben in beiden Staaten sind jedenfalls noch nicht auf den Weg gebracht worden.

Der mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte aber bislang weitgehend erfolglose Ministerpräsident Italiens, Matteo Renzi, streckte jüngst die Zeitspanne für seine Ziele sogar von 100 auf 1.000 Tage. Gleichzeitig fordern die Regierungen in Rom und Paris eine möglichst flexible Auslegung der Maastrichter Kriterien für Haushaltsdefizite, was praktisch deren Abschaffung gleichkäme.

Angesichts der strukturellen Misere in Italien und Frankreich ist auch die jüngste Zinssenkung der EZB um 10 Basispunkte keine wirkliche Hilfe, sondern nur Symbolpolitik. Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass die weiter schwelende aber bislang nur ausgeblendete Krise der Eurostaaten zu einem gewissen Zeitpunkt in der Zukunft wieder in den Fokus der Markteilnehmer rückt und zu einer Flucht in "sichere Häfen" wie Gold führt.


Geldpolitik nimmt Nebenwirkungen in Kauf

Problematisch ist nicht nur die fehlende Wirkung des billigen Notenbankgeldes der EZB auf die Konjunktur der südlichen Staaten. Es ist auch fraglich, welche Nebenwirkungen diese Politik für den Rest der Eurozone mit sich bringt. Die von Mario Draghi als zu niedrig empfundene Verbraucherpreisinflation wird angesichts der unterausgelasteten Produktionskapazitäten und der hohen Arbeitslosigkeit in der Eurozone auf absehbare Zeit kaum ansteigen.

Die Preise von Vermögenswerten wie sichere Anleihen und Immobilien in guter Lage schießen dagegen schon seit einiger Zeit in die Höhe. Dies birgt die Gefahr der Entstehung von Blasen und damit den Keim für neue Krisenherde. Die Frage ist weniger ob, sondern wann und wo sich Nebenwirkungen der EZB-Politik zeigen werden. Insofern spricht mit Blick auf den Goldmarkt im Jahr 2015 mehr für steigende Notierungen, als viele der eher auf die US-Wirtschaft fokussierten pessimistischen Marktteilnehmer wahrnehmen.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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