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Die Rache des Kress-Zyklus

15.10.2014  |  Clif Droke
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So wurde beispielsweise Europas Wirtschaftsmotor, Deutschland, besonders hart von den Sanktionen getroffen, welche Russland in Folge der Ukrainekrise auferlegt wurden. In Deutschland sanken die Auftragseingänge allein im August um 5,7%, sie erreichten damit die niedrigsten Stände seit über einem Jahr. Die Industrieproduktion des Landes sank im August um 4,3%, und somit auf den niedrigsten Stand seit Januar 2013, so Ed Yardeni.

In Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen mussten die Ökonomen ihre Prognosen korrigieren, aktuell wird Deflation in der Eurozone vorhergesagt, da die Geldpolitik der EU weiterhin strenger ausgeprägt bleibt. EZB-Präsident Mario Draghi unternahm einen Versuch, den Preisen/ Kursen Auftrieb zu geben, als er eine QE-Initiative nach dem Vorbild der US Federal Reserve ins Gespräch brachte; allerdings wurde sein Plan durch die politischen Entscheidungsträger in Deutschland vereitelt, die diesen nicht unterstützen wollen. Somit bleibt die Europäische Union in ihrer ökonomischen Malaise gefangen, ohne dass es unmittelbar Aussicht auf geldpolitische Stimulusprogramme gäbe.

Unter der Annahme, dass Mr. Kress’ Diktum, demzufolge "die Zyklen immer Oberhand behalten", wahr ist, wollen wir jetzt mögliche Szenarien durchspielen, wie sich das Ende des langfristigen deflationären Zyklus gestalten könnte.

Die erste Möglichkeit wäre eine Stauchung des Kress-Zyklus. Einfach formuliert, würde das bedeuten, dass die größten deflationären Schäden schon entstanden sind und dass wir auf kurze Sicht nur noch mit Restschädigungen rechnen müssen, denen eine schrittweise Erholung der Aktien- und Ölkurse folgen wird.

Die nächste Möglichkeit wäre eine “Inversion“ des Kress-Zyklus. Den Begriff “Inversion" benutzte Kress zur Beschreibung eines seltenen Ereignisses: Ein großes zyklisches Tief verwandelt sich im Grunde in ein Top - was ein ausgedehntes Sinken über den Zeitrahmen des originären Zyklus hinaus auf den Plan rufen würde. Ein Beispiel für eine solche Inversion war während der Spätphase des Kreditcrashs Ende 2008 zu beobachten.

Obgleich die schlimmsten Schäden schon im dritten und vierten Quartal angefallen waren (also zurzeit, als der 6-Jahre-Zyklus seine Talsohle markierte), so folgten noch zusätzliche Restschäden im 1.Quatral 2009; dann wurden die finalen Tiefs bei Aktien und Rohstoffen markiert.

Dass die Talsohle des 6-Jahre-Zyklus (vorübergehend) nicht in der Lage war, den noch Ende 2008 herrschenden Abwärtssog zu unterbrechen und umzukehren, lag letztendlich am mangelnden Vertrauen der Marktteilnehmer. Es bedurfte erst den Versicherungen seitens der Fed und Washingtons - hier in Form massiver Stimuli -, um das Vertrauen der Investoren wieder so zu bestärken, dass sie wieder zu kaufen begannen.

Möglicherweise warten die US-Investoren noch die Wahlen in den USA ab, bevor sie sich zu größeren Positionierungen an den Finanzmärkten entschließen. Die ausländischen Investoren werden sich unterdessen solange nicht rühren, solange sie die versprochenen Stimulusanstrengungen der europäischen Zentralbanker und Politiker nicht ersichtlich sind. Ein Fortdauern dieser “Abwartehaltung“ könnte die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Inversion des Kress-Zyklus (wie es sie 2008 gab) erhöhen.

Es ist aber auch möglich, dass der Markt noch abwartet, ob bei der Fed bezüglich der im kommenden Jahr zu erwartenden Zinssatzerhöhungen ein Umdenken einsetzt und sie stattdessen, im Fall anhaltenden Deflationsdrucks, mehr Stimulusmaßnahmen beschließt. Hinsichtlich potentieller Stimuli kann mit Sicherheit noch mehr von Europas und Japans Zentralbanken erwartet werden; es ist wahrscheinlich, dass in den nächsten Monaten in beiden Regionen offensive geldpolitische Aktionen durchgeführt werden.

Unterdessen beginnt sich an der Wall Street die Erkenntnis durchzusetzen, dass der Rückbau der quantitativen Lockerungsinitiative der Fed vielleicht ein verfrühter Schritt gewesen sei. Falls sich das Szenario einer Inversion des Kress-Zyklus bewahrheiten sollte und die Kurse weiter abrutschen, dann wir sich die Fed mit der Möglichkeit konfrontiert sehen, dass Not-Stimulusmaßnahmen notwendig sind, um die Schäden wiedergutzumachen und eine vollausgereifte Deflation zu verhindern.

Die jüngsten Entwicklungen haben vielleicht nur eines deutlich gemacht: Sie haben bewiesen, dass die Feierlichkeiten der Ökonomen und Experten zum “Tod der Deflation" bedauernswert verfrüht gewesen sind. Bevor die Vision der Fed hinsichtlich einer Rückkehr zum “Normalzustand“ Wirklichkeit werden kann, muss man sich darüber im Klaren sein, dass noch etwas Arbeit vor uns liegt.


© Clif Droke
www.clifdroke.com

Dieser Artikel wurde am 10.10.2014 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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