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Der "Illiquiditäts-Faktor" als Krisentreiber

08.12.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die verminderte Liquidität in vielen Finanzmärkten kann leicht zu einem großen Problem für das Finanzsystem und die Volkswirtschaften werden.

Das Funktionieren der Kapitalmärkte - seien es Aktien-, Anleihe- oder Derivatemärkte - steht und fällt mit ihrer Liquidität: ihrer Fähigkeit, Kauf- und Verkaufstransaktionen jederzeit problemlos abwickeln zu können.

Liquide Märkte erlauben, die Preise der gehandelten Finanzinstrumente fortlaufend zu bestimmen und - wenn die Märkte ungetrübt funktionieren - auf diese Weise knappe Ressourcen zum "besten Wirt" zu leiten. Zudem sorgen liquide Märkte dafür, dass Risiken einen Marktpreis erhalten.

Dadurch lassen sich die Risiken handelbar machen und auf die Schultern verteilen, die sie tragen können. Als Daumenregel gilt: Je enger die Spanne zwischen Kauf- und Verkaufspreis eines Finanztitels ist, desto höher ist auch die Liquidität; je weiter die Spanne, desto geringer ist die Liquidität. Die Liquidität auf den Finanzmärkten scheint sich seit geraumer Zeit jedoch zu verschlechtern.

Das zeigt ein Bericht des Ausschusses für das Globale Finanzsystem (Committee on the Global Financial System (CGFS) der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS)).(1)

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Quelle: Bloomberg


Der Bericht kommt zum Schluss, dass vor allem die wachsenden, staatlichen Regularien, denen die Banken und Broker ausgesetzt werden, für eine tendenziell abnehmende Liquidität in vielen Finanzmarktsegmenten sorgen.

Banken und Broker sorgen traditionell als "Marktmacher" für hohe Liquidität. Doch nunmehr werden sie von den Behörden de facto angehalten, sich aus diesen Aktivitäten zurückzuziehen.


Konsequenzen

Der Rückgang der Marktliquidität kann eine Reihe von bedeutsamen Folgen haben, die nicht nur das Finanzsystem, sondern auch die Volkswirtschaften insgesamt betreffen können.

Schwindet die Liquidität in den Finanzmärkten, kann es in angespannten Marktphasen zu verstärkten Preisschwankungen kommen. Man denke zum Beispiel einmal an einen plötzlichen "Ausverkauf am Aktienmarkt".

Ist die Liquidität gering, wird der resultierende Kursrutsch umso stärker ausfallen, wenn es nur noch wenige Investoren gibt, die bereit und in der Lage sind, sich auf der Käuferseite zu engagieren.

Im Extremfall kann es sogar dazu kommen, dass die Marktliquidität gänzlich austrocknet, dass sich also gar keine Preise für bestimmte Finanzkonstruktionen mehr bilden - weil es schlichtweg keine Käufer mehr gibt.

Lassen sich keine Marktpreise mehr finden, werden die Werte, die in der Bilanz von Banken und Versicherungen ausgewiesen werden, fraglich. Das wiederum kann zu Zweifel an der Bilanzierung und damit zu Vertrauenskrisen führen.

Bekanntlich können die Probleme, die im Banken- und Finanzsektor um sich greifen, rasch die produzierende Wirtschaft erreichen. Etwa indem sich die Kreditkonditionen verschlechtern.

Dauerschuldner, deren Kredite fällig werden, sind nicht in der Lage, eine Anschlussfinanzierung zu erhalten - oder wenn, dann nur zu sehr hohen Kreditzinsen, die sie dauerhaft nicht erwirtschaften können.

Investitionen geraten ins Stocken, Unternehmen müssen die Beschäftigung kürzen. Aus den Verspannungen im Banken- und Finanzsektor kann somit rasch eine ausgewachsene Konjunkturkrise werden.



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