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Negativzins im Goldleihemarkt

07.12.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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In einem solchen Fall würde die Bedeutung des "Papiergoldmarktes" - vor allem in Form der Gold-Future-Märkte - für die Preisbildung des Goldes tendenziell zurückgedrängt zu Gunsten des physischen Marktes.

In kurzer Frist mögen die Knappheit im Goldleihemarkt und ihre Wirkung auf den Goldpreis noch nicht zutage treten, denn der Goldpreis wird derzeit vor allem von zwei gewichtigen Faktoren belastet.

Erstens: Institutionelle Investoren haben ihre Goldhaltung weiter abgebaut - abzulesen ist das an den weiter gesunkenen Beständen der "Exchange Traded Funds" (ETFs).

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Quelle: Bloomberg.


Zweitens: Die (leicht) gestiegenen Kurzfristzinsen in den Vereinigten Staaten von Amerika dämpfen den Goldpreis. Sie führen zu einer Verringerung der Goldnachfrage und damit auch des Goldpreises.

Eine "Verengung" im Goldleihemarkt, verursacht durch wachsende Zurückhaltung der Zentralbanken, würde die Preissetzungsmacht des "Papiergoldmarktes" nachhaltig schmälern - zugunsten des physischen Marktes, der weniger "manipulierbar" ist als der Papiergoldmarkt.


Wie sich die Zinsen im Goldleihemarkt erklären

Im Goldleihemarkt wird Gold zwischen Marktparteien ge- und verliehen. Die "Gold Offered Forward Rates" (GOFO) stehen dabei für die Zinsen, die im Zuge der Goldleihe berechnet werden. Wie alle (kurzfristigen) Marktzinsen auch, sind die GOFOs in der Regel recht eng an die Leitzinsen der US-Zentralbank angebunden.

Im Goldleihemarkt wird Gold auf folgende Weise geliehen und verliehen: Der Goldverleiher nimmt einen Kredit auf beim Goldleiher und stellt ihm Gold als Besicherung zur Verfügung. Der Goldleiher vergibt entsprechend einen Kredit an den Goldverleiher und erhält dafür das Gold als Absicherung.

Der Goldverleiher kann den Geldbetrag, den er im Zuge seiner Kreditaufnahme erhalten hat, zwischenzeitlich anlegen, und zwar zum Libor-Zins (London Interbank Offered Rate). Die Differenz zwischen dem Libor-Zins, den er dafür erhält, und dem Leihzins (GOFO), den der Goldverleiher zu zahlen hat, wird als "Lease Rate" bezeichnet.

Die GOFOs sind üblicherweise positiv. Wenn die GOFOs negativ sind, so bedeutet das, dass der Kreditnehmer (der Goldverleiher) vom Kreditgeber (dem Goldleiher) quasi belohnt wird: Er muss nicht etwa einen Zins auf den Kreditbetrag, den er aufnimmt, zahlen, sondern er erhält vielmehr einen Zins dafür. Gleichsam ist der Goldleiher bereit, dem Kreditnehmer (Goldverleiher) etwas für den Kredit, den er ihm gewährt, zu zahlen.

Negative GOFOs treten in "ungewöhnlichen", in angespannten Marktsituationen auf. In Situationen etwa, in denen es eine starke Nachfrage nach physischem Gold gibt, die das verfügbare Angebot zu übersteigen droht. Dann sind die Goldleiher bereit, einen hohen Preis für gegenwärtig verfügbares physisches Gold zu bezahlen: Er ist bereit, dem Kreditnehmer (also dem Goldverleiher) einen Zins zu zahlen (ihm also keinen Zins in Rechnung zu stellen).

Vor diesem Hintergrund verdienen Situationen negativer GOFOs Beachtung: Sie können durchaus "Wendepunkte" markieren. Phasen eines "Ausverkaufs" am Goldmarkt können letztlich zu einem Engpass an physischem Material führen. Werden die GOFOs negativ, kann das ein Zeichen sein, dass die physische Knappheit dem Abwärtstrend des Goldpreises ein Ende setzt - und möglicherweise die Phase steigender Preise einläutet.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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