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Öl - der "Schwarze Schwan" für die Finanzmärkte (Teil II)

15.12.2014  |  Uli Pfauntsch
• Öl-Milliardär auf Bloomberg: "U.S. Shale Crash unvermeidlich"
• Kreditausfall-Risiko wird Finanzsektor erreichen
• Ölstaaten ziehen erstmals Petro-Dollars ab = Marktliquidität wird sinken
• Angebotsverknappung bei Öl wird neuen Boom-Zyklus auslösen

In meinem ersten Artikel, der im Vorfeld des historischen OPEC-Meetings auf www.goldseiten.de veröffentlicht wurde, hieß es unter anderem: "Am 27. November steht den globalen Finanzmärkten das vielleicht bedeutendste Ereignis seit Jahrzehnten bevor. Noch ahnen die wenigsten, wie weitreichend die Folgen sein könnten. Sollte die OPEC unter Führung von Saudi Arabien ihre Zapfhähne offen lassen, droht das Ende des US-Shale-Booms. Mit weitreichenden Konsequenzen für das US-Finanzsystem und die globale Wirtschaft".

Und weiter: "Tatsächlich haben die Saudis wenig Anlass, einer Produktionskürzung zuzustimmen: Einerseits nutzt das Königreich die Schwäche Russlands, um seinen Marktanteil in Asien auszubauen, andererseits würde eine Produktionskürzung den US-Shale-Boom nur noch weiter beflügeln. Heben die Saudis die Hände und lassen den Markt entscheiden, könnte US-Öl WTI schlagartig auf 65 Dollar abstürzen".

Es kam, wie es kommen musste: US-Öl WTI stürzte nach der OPEC-Entscheidung ab und rutschte mittlerweile unter die Marke von 60 US-Dollar pro Barrel. Ölaktien erlebten einen brutalen Ausverkauf. Seither wurden mehrere weit über 100 Milliarden Dollar Börsenwert vernichtet. Short-Positionen auf Öl und Ölaktien ermöglichten schnelle Profite. Viele Leser des ersten Artikels, fragen sich nun, welche Konsequenzen nun konkret auf uns zukommen und baten mich um ein weiteres Update. Dieser Bitte komme ich gerne nach.


Divergenz sollte aufhorchen lassen!

Im Mittelalter wurden schwarze Schwäne als Omen für Unglück, Krankheiten, Krieg oder anderes Ungemach gedeutet. In unserer heutigen Zeit ist ein "Black-Swan-Event" ein unvorhersehbares Ereignis, das alle Beteiligten absolut unvorbereitet trifft. Sämtliche Prognosen über Börsenausblicke, Konjunktur und Unternehmensanalysen sind noch nicht einmal das Papier wert, auf dem sie stehen, wenn ein Schwarzer Schwan auftaucht.

Die globale Finanzkrise in 2008, wurde von einer Divergenz im US-Häuser- und Aktienmarkt eingeläutet. Zur Erinnerung: Der Housing-Markt begann bereits ab 2006 zu schwächeln, dennoch kletterte der Aktienmarkt völlig unbeeindruckt auf neue Rekordhochs. Erst als die Peripherie (Häusermarkt) den Kern (Banken- und Finanzsystem) erreichte, brach 2008 das gesamte Fundament in sich zusammen.

Heute sehen wir eine ähnliche Divergenz wie 2008: Diesmal sind es einbrechende Öl- und Rohstoffpreise, während die US-Aktienmärkte von einem zum nächsten Rekordhoch jagen.

Der Markt argumentiert, dass die gesunkenen Ölpreise wie ein gigantisches Konjunkturprogramm auf verbrauchshungrige Länder wirken. Das ist richtig. Die Ölpreise haben seit Sommer mehr als 40 Dollar verloren. Mit einem weltweiten Verbrauch von knapp über 90 Millionen Barrel pro Tag, errechnet sich für die globale Weltwirtschaft theoretisch eine Ersparnis von 3,6 Milliarden Dollar pro Tag oder 1,30 Billionen Dollar im Jahr. Die Kurse von Airlines, Konsum- oder Logistikunternehmen, reagieren folgerichtig mit steilen Kursanstiegen.

Noch stehen für die Aktienmärkte die positiven Auswirkungen der gesunkenen Ölpreise im Vordergrund. Noch. Denn der Nutzen des einen, ist gleichzeitig der Schaden des anderen: Der Crash im Ölpreis dürfte den Ölproduzenten weltweit etwa 1,5 Billionen Dollar pro Jahr kosten. Die Tatsache, dass damit dringend benötigte Investitionen in die zukünftige Ölproduktion fehlen, ist nur eine von mehreren Konsequenzen. Es wäre naiv anzunehmen, dass es keine Kehrseite der Medaille gibt. Die Konsequenzen sind für die Märkte noch nicht in Sichtweite, aber sie rücken unaufhaltsam näher.


"Crash im US-Shale-Sektor unvermeidlich"

Leonid Fedun, Vizepräsident von Lukoil, warnte auf Bloomberg, dass die Entwicklung im Ölmarkt ähnlich verläuft wie im letzten Jahrzehnt im Tech-Sektor, wo viele Aktien nach ihren anfänglichen Anstiegen kollabierten. Der Ölmilliardär sagte, dass sich der Hauptschlag der OPEC gegen den amerikanischen Markt richtet: "Der Shale-Boom ist auf Augenhöhe mit dem Dotcom-Boom. Die starken Player bleiben, die schwachen werden verschwinden". Und weiter: "In 2016, wenn die OPEC ihr Ziel erreicht hat, den amerikanischen Markt zu bereinigen, wird der Ölpreis wieder steigen", so Fedun.

Solche Kommentare hört man in den USA nicht gerne. CEOs der Shale-Unternehmen, US-Senatoren, Medien und Wallstreet-Analysten versuchen zu beschwichtigen: "Die Produktion steigt weiter. Sehen wir eine weitere Million Barrel Steigerung über das nächste Jahr? Wir denken ja", so Edward Morse, Chef des Rohstoffresearch der Citigroup. Morse erwartet im nächsten Jahr einen Brent-Preis von 80 Dollar pro Barrel. Sollte dieser niedriger sein, könnte die US-Ölproduktion aber noch immer um 800.000 Barrel pro Tag steigen, glaubt Morse.

Fadel Gheit, Energieanalyst bei Oppenheimer, sagte, dass die US-Shale-Produktion weiter wächst, die Frage sei nur, um wie viel. "Das niedrigste wäre eine Steigerung um eine halbe Million Barrel. Das höchste wäre 1,5 Millionen Barrel. Ich würde sagen, 600.000 bis 700.000 Barrel sind nicht aus der Welt, wir könnten sogar eine Million Barrel Produktionssteigerung sehen", so der Oppenheimer-Analyst.

Erfahrungsgemäß sind solche Aussagen mit Vorsicht zu genießen und kritisch zu hinterfragen.



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