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Ölpreise, Aktien, Junk-Bonds und Inflation

14.12.2014  |  Klaus Singer
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Werfen wir einen Blick auf den Kurs-Verlauf bei US-Junk-Bonds, so zeigen sich interessante Parallelen (siehe Chart!). Vor dem Platzen der Tech-Blase bildete sich hier im Juli 1998 ein Topp aus, das nächste Topp gab es im Mai 2007, kurz vor Beginn der 2008er Rezession und dem Lehman-Zusammenbruch. Nun scheint sich wieder ein Topp gebildet zu haben, und zwar im Juni 2014, zusammenfallend mit dem Beginn des Absturzes bei den Ölpreisen.

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Dieselbe Aussage liefert der Verlauf des Renditespreads. Er hatte im Juni bei 3,35% ein Tief in der Nach-Finanzkrisen-Ära ausgebildet, aktuell notiert er bei 5,25%. Historisch lassen sich kritische Schwellen bei 5% ("Vorwarnstufe") und gut 7% ausmachen. Diese wurde zuletzt im Sommer 2011 im Zuge der US-Schuldenkrise und Eskalation der Eurokrise kurzzeitig überschritten.

Damit ist die Aussage aus dem Junk-Bond-Markt klar: Die Risikoneigung der Investoren, genauer, der Kreditgeber, lässt deutlich nach. Und das ist immer ein Warnzeichen, dass sich diese "Risk-off“-Haltung in andere Asset-Bereiche fortpflanzt.

Selbstverständlich steckt in der aktuellen Preisbewegung beim Öl auch ein Stück spekulative Selbstverstärkung. Aber dass die Rohstoffpreise auf breiter Front abbröckeln, und das eben nicht erst seit der Jahresmitte, ist ein negatives Zeichen für die Entwicklung der Weltkonjunktur. Nehmen Sie die Verläufe des Baltic-Dry-Index und des Harpex-Index hinzu. Beide laufen seit 2012 seitwärts, der die Container-Frachtraten für Halbfertig-, bzw. Fertigprodukte anzeigende Harpex besonders ausgeprägt in einer Spanne zwischen 350 und 450 (siehe Chart!).

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Sollten die Preise für Öl und andere Rohstoffe so tief bleiben (oder noch weiter sinken), bleibt das nicht ohne Auswirkung auf die Inflation. Beim deutschen Warenkorb, mit dem die Inflation berechnet wird, entfallen über 10% auf Haushaltsenergie und Kraftstoffe.

Das wird insbesondere in der Eurozone den Effekt haben, dass die Zentralbanken sich berufen fühlen, den Geldhahn noch weiter aufzureißen, um das Deflationsgespenst zu bekämpfen. Deflation, das sollte man sich bei aller bewusst gesteuerten Hysterie hierbei vor Augen führen, wird erst dann zum realwirtschaftlichen Problem, wenn sie zu breiter Kaufzurückhaltung führt, weil die Verbraucher über einen relativ kurzen Zeitraum noch deutlich tiefere Preise erwarten. Dies war aber selbst in den zwei "verlorenen“ Dekaden in Japan nicht der Fall - es gab diese sich selbst verstärkende Spirale nicht.

Das, was an disinflationärer oder deflationärer Entwicklung hauptsächlich problematisch ist, ist der finanzwirtschaftliche Aspekt des realen Schuldendienstes, der die Schuldner mit sinkender Inflationsrate zunehmend drückt. Angesichts des hohen Verschuldungsgrades ist das genau das, was die Zentralbanken im Auge haben, wenn sie die Inflation ankurbeln wollen.

Dass die Eurozone nur noch Inflationsraten von knapp über Null vorweisen kann (und damit weit von der Zielmarke der EZB von knapp unter 2% entfernt ist), ist bekannt. Aber auch in den USA zeigen sich erste Tendenzen einer nachlassenden Inflation. So läuft der PPI seit Jahresmitte abwärts von 202,4 im Juli auf 200 im November. Es dauert drei bis sechs Monate, bis sich eine solche Tendenz im CPI niederschlägt. Der läuft seit Juli seitwärts, der Novemberwert wird zu Anfang der nächsten Woche veröffentlicht.

Es dürfte relativ klar sein, was die Zentralbanken tun werden, wenn die Schwäche in den Inflationsraten nachhaltig zu werden beginnt (oder wenn sie dies vermuten). Sie werden auf die eine oder andere Art die Geldschleusen wieder (Fed), bzw. weiter aufreissen (EZB). Möglicherweise schinden sie dadurch Zeit heraus, möglicherweise sind sie aber auch schon nicht mehr Herr der Lage. Selbst wenn sie das Steuer nochmals herumreissen können, bedeutet noch mehr Liquidität nur, dass der Schuldenaufbau beschleunigt weiter geht, bis es auf noch höherem Niveau noch stärker kracht.

In diesem Sinne wird die FOMC-Sitzung in der kommenden Woche interessant – wird die Fed erste Andeutungen in dieser Richtung machen? Gut möglich, dass sie damit den Kursverfall bei Aktien zunächst stoppen kann und den Dollar-Index auf Talfahrt schickt. Und wenn nicht?

Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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