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Jim Rogers: Öl, Landwirtschaft, Asien, Geopolitik und Gold (Teil 2/2)

19.12.2014
- Seite 2 -
Jim Rogers: Was mich betrifft, ich würde Pässe und Visa komplett abschaffen. In dieser Hinsicht bin ich doch eher Freimarkt-Verfechter. Wie lautet nochmal die Inschrift auf der Freiheitsstatue? “Den schmutzigen Unrat eurer gedrängten Küsten; Schickt sie mir“. Leider würde der schmutzige Unrat heute wohl gar nicht erst reinkommen, also Leute wie meine Vorfahren und Ihre.

Das waren Menschen mit Ambitionen, Energie, Kapital, neuen Ideen und nachdem diese Menschen ihre Heimatländer verlassen und sich in Amerika angesiedelt hatten, wurden wir das erfolgreichste Land der Welt. Ich würde also wieder zurückgehen, in die Zeit ohne Pässe und Visa.

Als Dung Chou Ping die Öffnung Chinas vorantrieb, sagte er: “Sicher, wenn man das Fenster aufmacht, werden auch ein paar Fliegen reinkommen, aber alles in allem sind Sonnenschein, frische Luft, frische Ideen, Antrieb, Energie, Kapital viel besser, als erdrückende Mengen Zeit und Energie darauf zu verwenden, dass alles so bleibt wie es ist.“


Daily Bell: Auf Daily Bell schreiben wir über Vermögensschutz und “internationale Zweitheimatsoptionen“ als mögliche Alternativstrategien, gerade in diesen Zeiten. Unser Service High Alert hat kürzlich gemeldet, dass eine neue Gemeinschaft in Kolumbien aufgebaut wird. Ermutigen Sie Menschen, die USA zu verlassen, so wie Sie es getan haben?

Jim Rogers: Wegzugehen, wohin auch immer, ist eine schwerwiegende Entscheidung. Selbst ein Umzug von, sagen wir, Illinois nach Ohio oder von Los Angeles nach St. Louis ist ein großer Sprung. Das ist eine zutiefst persönliche Entscheidung.

Ich habe es hauptsächlich gemacht, damit meine Kinder ihre Bildung in Asien erhalten und Chinesisch sprechen. Ich sehe große Chancen an anderen Orten der Welt. Meine Vorfahren sahen vor einigen hundert Jahren große Chancen und verließen ihre Heimat, um diesen Möglichkeiten nachzugehen. Auch heute machen das viele Leute, nicht nur in den USA. Man muss Mut haben, abenteuerlustig oder eben sehr dumm oder sehr schlau sein, um sein Heimatland zu verlassen. Diese Entscheidung kann ich für keinen anderen treffen. Oft ist es aber eine sehr vernünftige Entscheidung, aber das muss jeder für sich entscheiden.

Natürlich kann es auch die falsche Entscheidung sein. Auf einer meiner Reisen durch die Welt habe ich eine Familie in Sibirien getroffen, die russisch war. Als die Revolution kam und das Chaos packten sie ihre Sachen zusammen und zogen nach China - in den 20ern oder 30ern. Bald herrschte natürlich auch in China das Chaos, und sie zogen nach Argentinien. Ich meinte zu ihnen nur: "Ich bin sehr gespannt, wohin es das nächste Mal geht, eure Familie hat es immer das Falsche erwischt.“ Ok, sie zogen zurück nach Sibirien.

Vielleicht haben sie es diesmal richtig gemacht. Eine Zeit lang lief es wohl nicht so gut, aber falls sie immer noch dort leben, dann dürften sie die richtige Wahl getroffen haben. Nur weil man in ein anderes Land zieht, ist das noch keine Garantie für irgendwas. Man muss dafür sorgen, dass man auch die richtige Wahl trifft.


Daily Bell: Wenn man sich nun einen zweite Staatsangehörigkeit besorgt? Wäre das Ihrer Meinung nach eine schlaue Entscheidung?

Jim Rogers: Auch hier muss ich wieder sagen, dass jeder Mensch seine ganz eigene Entscheidung treffen muss. Jeder von uns hat eine Lebensversicherung, jeder hat eine Brandversicherung. Wir hoffen, sie nie in Anspruch nehmen zu müssen. Ich hoffe, meine Brandversicherung nie in Anspruch nehmen zu müssen. Ich hoffe im Grunde, dass ich mit meiner Brandversicherung Geld verliere. Wer an Investitionen im Ausland oder eine zweite Staatsangehörigkeit denkt, könnte es vielleicht aus dieser Perspektive betrachten. Sich einen zweiten Pass zu besorgen, ist also vollkommen legal und moralisch, doch das soll jeder für sich entscheiden.

Die Leser aus den USA haben Vorfahren, die einmal oder mehrmals ihre Heimat verließen. Abermillionen Menschen verlassen ihre Heimat. Es ist eine gewaltige Bewegung, aber auch nichts Ungewöhnliches - kein bisschen ungewöhnlich. Normalerweise sind es eher die Ehrgeizigen, Gebildeten, die es überhaupt in Erwägung ziehen. Klar gibt es auch Ehrgeizige und Gebildete, die es nicht machen, aber insgesamt betrachtet, zeigt die Erfahrung, dass man schon sehr mutig sein muss, um einen solchen Schritt zu wagen.

Vor 150 Jahren gab es praktisch keine Pässe, keine Visa und derartige Sachen. Die Leute tauchten einfach auf. Sie tauchten auf Ellis Island auf, dort mussten sie sich damals registrieren lassen, aber dann konnten sie gehen und machen was sie wollten. Dann entschieden die staatlichen Stellen, vor allem die Briten, dass man die Menschen stärker kontrollieren müsste, und dann kamen Dinge wie Pässe und Visa.

Ich weiß nicht, ob Sie selbst viel reisen, aber heute werden astronomische Mengen Zeit und Geld beim Überqueren von Grenzen verschwendet. Versuchen Sie mal in New York auf dem JFK zu landen. Oder sonstwo. Wenn man dann noch Visa braucht, wird es teurer und zeitaufwendiger.

All das ist doch verrückt - die Mengen Zeit und Geld, die man braucht, um in ein Land zu kommen oder Grenzen zu überschreiten. Tausende Jahre lang hatte sowas nicht existiert. Man ging einfach, wenn man wollte. In dieser Hinsicht war die Welt besser damals. Und sie würde wieder besser werden, wenn diese Sachen verschwänden. Man würde sich das Geld und die Stunden sparen und es würde uns allen zugutekommen.

Aber zur Frage, ob man mehr als einen Pass haben sollte: Es ist legal - für Amerikaner sowieso - und wer das will, soll es machen; das ist eine persönliche Entscheidung, die nur individuell getroffen werden kann. Ein Grund, warum man in Amerika eine zweite Staatsangehörigkeit bekommen kann, hängt auch damit zusammen, dass viele Amerikaner - jüdische, polnische, etc. - den Wert einer Versicherungspolice in Form eines Passes wirklich zu schätzen gelernt hatten; deswegen wird es wohl dieses Freiheitsrecht bei uns auch noch geben. Wir verlieren immer mehr unserer Freiheitsrechte, aber dieses bleibt uns noch.


Daily Bell: Wir sind optimistisch, was Cannabis als Investition und Sektor angeht. Sie auch?



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