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Energiesektor: Ruft der Einbruch QE 4 auf den Plan?

02.01.2015  |  Peter Schiff
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Als die Dot-Com-Unternehmen im Jahr 2000 ausbrannten, standen die Aktienmärkte im Zentrum der größten Verluste. Der Neue Markt hatte sich das Geld entweder über Risikoanleger oder über die Aktienmärkte besorgt. Schulden hatten diese Unternehmen nur selten aufgenommen. Das Billionen $ schwere Aktien-Buchvermögen, das während des Nasdaq-Crash ausgelöscht wurden, war zum großen Teil Papiervermögen, welches in den zwei Jahren zuvor im Verlauf der steilen Rally entstanden war.

Den Schaden hatten folglich in erster Linie die Investorenklasse und die relativ geringe Anzahl hochbezahlter technischer Mitarbeiter und Unternehmer, die mit dem Boom in die Höhe flogen und dann in den Abgrund stürzten. Die Fed war damals zumindest noch in der Lage, die Härten der folgenden Rezession abzufedern, indem sie die Zinssätze von 6% auf ganze 1% drückte.

Der Immobilien- und Kreditcrash des Jahres 2008 war dann von ganz anderem Kaliber. Vielleicht kamen einige Kaufinteressierte (die zuvor im überhitzten Markt keine Chance hatten) in den Genuss sinkender Häuserpreise, alles in allem sorgte der Ausfall von Hypotheken aber innerhalb kürzester Zeit dafür, dass die Gläubigerinstitutionen in die Insolvenz rutschten und das gesamte US-Finanzsystem mit in den Abgrund zu reißen drohten.

Anders als beim Dot-Com-Crash war das Platzen der Immobilienblase eine existenzielle Bedrohung des Landes. Die Bauarbeiter, Hypothekenmakler, Landschaftsgärtner, Immobilienmakler und Kreditsachbearbeiter, die in der Krise verdrängt wurden, repräsentierten einen nicht zu unterschätzenden Anteil der Gesellschaft. Um zu verhindern, dass sich die Blase komplett entleerte, kaufte die Fed toxische Subprime-Schulden im Umfang von mehreren hunderten Milliarden $ auf (mit denen sonst niemand mehr etwas zu tun haben wollte) und senkte die Zinssätze von 5% auf ganze 0%.

Ich bin der Meinung, dass ein Einbruch im Ölsektor ganz ähnliche Dynamiken auslösen würde. Die Auflösung von Fehlinvestitionen (die sicher auch einige Vorteile für den Verbraucher hat) und die damit einhergehenden Kredit- und Arbeitsplatzverluste könnten auf kurze Sicht schwere Probleme mit sich bringen, die der Fed letztendlich nicht mehr akzeptierbar erscheinen könnten.

Langfristig betrachtet, ist es natürlich immer gut, wenn Blasen platzen, das Problem ist nur, dass sich Politiker und Banker nie darauf vorbereiten, den notwenigen kurzfristigen Schmerz - in Erwartung der langfristigen Vorteile - auch wirklich durchzustehen.

Ein großer Teil des Geldes, das in die Finanzierung des Fracking-Booms floss, wurde von relativ kleinen Bohrunternehmen an den Schuldenmärkten aufgenommen, die Gläubiger sind Banken, Pensionsfonds, Hedgefonds und reiche, private Risikoinvestoren. Die breitere Öffentlichkeit ist vorrangig über Hochzinsanleihen an den Schuldenmärkten beteiligt, wo die Energieunternehmen in den letzten Jahren “Ramschanleihen" im Wert von mehreren hunderten Milliarden Dollar begeben hatten. Der Anteil der Energie- und Rohstoffunternehmen am US-Markt für hochverzinste Anleihen betrug 2010 nur 18%, heute sind es 29%.

Sollte der Ölpreis unter 60 $ bleiben, werden viele Renditehochrechnungen der Investoren in sich zusammenfallen. Auch wenn der Markt für solche Ramschanleihen bei Weitem nicht die Größe des Hypothekenmarkts hat, so könnten signifikante Ausfälle bei Energiewertpapieren durchaus eine Krise auslösen, welche ihre Wellen durch den gesamten Finanzsektor senden könnte.

Den Schätzungen Bernsteins zufolge, könnte ein dauerhafter Ölpreis von 50 $ die Investitionen im betreffenden Sektor um bis zu 75 % sinken lassen. Dem US-Arbeitsministerium zufolge hat sich der Anteil der Angestellten im Öl- und Gassektor in den letzten 10 Jahren verdoppelt, zudem entfiel auf diesen Sektor ein sehr großer Anteil jener gutbezahlten Arbeitsverhältnisse, die während der jüngsten "Wirtschaftserholung" geschaffen wurden. Der Einbruch im Ölgeschäft wird den amerikanischen Arbeitsmarkt also sehr hart treffen, was wiederrum Folgeeffekte für die gesamte US-Wirtschaft hat.

Allerdings sind unsere Reaktionsmöglichkeiten auf eine weitere geplatzte Bubble deutlich geringer als noch in den Jahren 1997 oder 2007 (während der beiden vorhergehende Einbrüche). Meiner Meinung nach würde diesmal ein viel geringerer Schock ausreichen, um eine Rezession einzuleiten. Ich denke allerdings nicht, dass das Platzen einer Energieblase unsere größte Sorge sein dürfte.

Es warten noch viel größere und empfindlichere Blasen an den Märkten für Aktien, Anleihen und Immobilien, welche ebenfalls durch die lockerste Geldpolitik der Geschichte aufgebläht wurden. Vor allem fehlt der Fed aktuell auch die Feuerkraft im Kampf gegen eine erneute Rezession, die durch das Platzen einer dieser Blasen entstehen könnte. Da die Zinssätze schon auf null gesenkt wurden, wäre die Fed im Fall einer Konjunkturabkühlung jetzt nicht mehr in der Lage, die Zinssätze aggressiv zu senken. Sie könnte nur noch auf quantitative Lockerungen zurückgreifen, und genau das wird sie meiner Meinung nach auch tun.

Entgegen aller festen Erwartungen, dass diese so geduldige Fed nächstes Jahr endlich mit einer Normalisierung der Zinspolitik beginnen werde, gehe ich davon aus, dass die Fed keine Möglichkeit haben wird, jene Stimulusspritzen abzuziehen, die uns so abhängig gemacht haben. Der Regierung und der Wall Street galt ein viertes QE-Programm schon immer als viel wahrscheinlicher als sie zugeben würden. Eine durch niedrige Ölpreise (unter 60 $) ausgelöste Rezession und Finanzpanik würden den Zeitplan der Fed für das erneute Hochfahren der Druckerpressen jetzt deutlich beschleunigen.

Wenn es soweit ist, könnte der Ölpreis noch einmal in die Höhe klettern - zusammen mit allen anderen Dingen, die wir im täglichen Leben benötigen. Damit dürften auch die letzten Reste der Illusion verfliegen, dass die Fed das symbolische Flugzeug sicher und sanft landen kann. Mehr QE könnte den kurzfristigen Schaden/ Schmerz minimieren, es würde uns, so denke ich, allerding auch in unserem Kokon der endlosen Stimuli einschließen, in dem wir langsam ersticken werden.


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 22.12.2014 auf www.safehaven.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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