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Was bringt das Jahr 2015 für den S&P500?

31.12.2014  |  Klaus Singer
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Die Zentralbanken werden alles tun, um die Aktienhausse am Laufen zu halten. Das haben sie des öfteren mehr oder weniger deutlich vertont und darauf setzen die großen Akteure. Auch bei der Fed sollten wir mal ruhig abwarten, ob die Leitzinsen in den USA 2015 tatsächlich wie erwartet anziehen. An der Reihe ist aber nun erst einmal die EZB, sie wird aller Voraussicht nach am 22. Januar ein QE-Programm verkünden, in dessen Rahmen sie vermutlich bis zu einer Billion Euro ausgeben wird, um europäische Staatsanleihen zu kaufen.

Entscheidend ist dabei die konkrete Ausgestaltung. Nur wenn sie nicht primär die Banken adressiert, sondern Nicht-Banken (z.B. Versicherungen), dürfte dieses Geld nach und nach in den Kreislauf der realen Wirtschaft gelangen und dort monetäre Impulse auslösen. Nicht zufällig entwickeln sich die Kurse von Versicherungen seit der Jahresmitte gut, die von Banken hingegen schwach. Mir scheint, dass fest damit gerechnet wird, dass das QE-Programm so ausgestaltet wird wie oben skizziert.

Ein an einem Index von Eurozonen-Staatsanleihen invers orientierter ETF eilt seit Anfang Dezember 2011 in einem Abwärtskanal von Tief zu Tief und signalisiert damit nachhaltige Kurssteigerungen, bzw. darauf bezogene sinkende Zinsen. Man darf gespannt sein, was passiert, wenn mit der Verkündung eines QE-Pragramms der EZB das eingetreten ist, worauf die großen Akteure in diesem Segment seit langem wetten.

Apropos "wetten": Die Finanzwelt setzt seit längerem darauf, dass die Wirtschaft der USA auf einem solidem Erholungskurs ist. Mit einem BIP-Zuwachs von annualisiert 5% in Q3 versucht sie, an den Steigerungsraten vor der Finanzkrise anzuknüpfen. Im ersten Quartal 2006 bewegte sich der Zuwachs schon einmal in ähnlicher Größenordnung – mehr aber auch nicht.

Das BIP-Wachstum dürfte in den meisten grossen Volkswirtschaften auch 2015 schwach im Vergleich zu den Zeiten vor der Finanzkrise und erst recht vor der Jahrtausendwende ausfallen (siehe z.B. hier!).

Die Nullzinspolitik der Notenbanken hat zeitweilig geholfen, Asset-Preise zu stützen. Schulden-System-immanent argumentiert wäre eine wirkliche Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung aber erst dann gegeben, wenn die privaten Banken die Realwirtschaft wieder ohne Hilfe der Zentralbanken mit ausreichend Liquidität versorgen. In den USA scheint das Bankenproblem mittlerweile unter Kontrolle, die Kreditvergabe weitet sich aus und trägt zur wirtschaftlichen Erholung bei.

Davon ist Europa und Japan weit entfernt, das breite Geld- und Kreditwachstum beschleunigt sich nicht, es nähert sich auch nicht den Vorkrisenwerten an. Die Zentralbankpolitik hat hier also keinen Beitrag zur Gesundung der Bilanzen der privaten Banken und zur Nomalisierung der Kreditvergabe geleistet, die den Propagandisten des Schulden-Geld-Systems als Bedingung für einen nachhaltigen Aufschwung gilt.

Ich halte die Hoffnung, dass das Wachstum in den USA dauerhaft so stark ist, dass es die konjunkturelle Schwäche in Europa kompensieren kann, für blauäugig. Demzufolge dürften es auch die exportorientierten Länder Asiens schwer haben, 2015 in dem benötigten Umfang zu wachsen. Die tiefen Ölpreise dürften in begrenztem Umfang konjunkturell stützend wirken, allerdings das Risiko verstärken, dass die Schieflage von hochverschuldeten Firmen v.a. im US-Fracking-Geschäft Schocks im Finanzsystem auslöst. Dann kann es durchaus geschehen, dass der zunächst tendenziell positive Effekt der tiefen Ölpreise wieder zunichte gemacht wird.

Statt eine Prognose über den Stand des S&P 500 zum Jahresende 2015 zu geben, möchte ich angesichts seines stark überdehnten Verlaufs fragen: Welche Gründe können den Index deutlich tiefer stehen lassen als heute? "Deutlich tiefer"? Nehmen wir das oben beschriebene Gummiband als erstes Ziel: Es notiert gegenwärtig bei rund 1500 Punkten.

Dem Aktien-Crash des Jahres 2000 ist eine idiotische Überbewertung von Technologie-Werten vorausgegangen. Dem Crash des Jahres 2008 lag eine Hauspreisblase zugrunde, die durch die verantwortungslose Vergabe von Subprime-Hypotheken und die Verschleierung ihrer Risiken in "kreativen" Wertpapier-Konstruktionen angefeuert worden war. Aktuell wird eine riesige Bond-Blase aufgeblasen.

Ihr Volumen hat die Grenze von 100 Bill. Dollar überschritten. Die Neuausgabe von Unternehmensanleihen dürfte in diesem Jahr auf deutlich über 1,4 Bill. Dollar kommen, doppelt so viel wie 2008. Viele Staaten schulden immer wieder um, weil sie nicht in der Lage und angesichts der tiefen Zinsen auch nicht willig sind, cash auszuzahlen. So haben die USA in diesem Jahr mehr als eine Billion Dollar an neuen Schulden ausgegeben, um fällige Altschulden zu bedienen.

Die Situation wird noch explosiver, wenn man den Derivatemarkt hinzunimmt. Sein globales, auf Zinsen/Anleihen bezogenes Volumen wird brutto auf deutlich jenseits der 500 Billionen Dollar geschätzt. Natürlich gibt das Brutto-Volumen nur einen groben Anhaltspunkt über die Risiken, die von hier tatsächlich ausgehen.

Aber wir brauchen nur anzunehmen, dass sich dahinter deutlich mehr als 100 Bill. Dollar an Netto-Risiken verbergen und man bekommt eine Vorstellung von dem Pulverfass, auf dem das Finanzsystem sitzt - u.a. dank der Nullzinspolitik der Notenbanken und der nach wie vor gültigen too-big-to-fail-Mentalität. Die auf den Lehman-Zusammenbruch folgende Finanzkrise könnte sich da eher als Kindergeburtstag erweisen, das Volumen der mit der Hypothekenblase in Zusammenhang stehenden Credit Default Swaps erreichte in der Spitze 2007 45 Bill. Dollar.

Daher sollte man vor allem die Bond-Märkte im Auge behalten und hier etwa die Kurse und Spreads von Junk-Bonds (siehe auch hier!). Bei den Spreads von Junk-Bonds lassen sich historisch kritische Schwellen bei 5% („Vorwarnstufe“) und gut 7% ausmachen. Jenseits 7% kann es schnell äußerst ungemütlich werden.

Zum Schluss noch etwas von Farrell: Wenn alle Experten und Prognosen übereinstimmen, passiert etwas anderes. Wenn jeder optimistisch ist, wer bleibt noch übrig, um zu kaufen? Und: Gewinne werden durch Verkaufen realisiert, also erfolgt eine signifikante Korrektur. Und: Die Masse kauft das meiste am Topp und das wenigste am Boden. Das ist der Grund, warum “Contrarians” erfolgreich sind, wenn sie die Sentiment-Indikatoren mit gutem Timing beachten.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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