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Ein paar Gedanken zum Jahresverlauf 2015

11.01.2015  |  Klaus Singer
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Die erste Pleite eines (kleinen) Fracking-Unternehmens haben wir schon. Es wird nicht die letzte sein, unterstellt, der Breakeven-Preis für Fracking-Öl liegt bei rund 55 Dollar. So werden die OPEC-Staaten, allen voran Saudi-Arabien den Preis noch für einige Zeit deutlich unter diesem Niveau halten wollen. Der US-Regierung kommt das insofern zupass, als dass es Russland in schwere Bedrängnis bringt. Und auch die Fed klatscht Beifall, weil sie aktuell den konsumstützenden Effekt höher bewertet als die Risiken, die von weiteren Pleiten im Fracking-Sektor ausgehen. Ob die Rechnung am Ende aufgeht, wird sich zeigen. Angesichts des extremen Schuldenniveaus ist die Gefahr groß, dass es schon bei kleinen Anlässen zu heftigen Domino-Effekten kommt.

In einer Welt manipulierter Zinsen verbleibt als Weg der Anpassung vor allem das Feld der Währungen. Genau deshalb entwickelt sich der Dollar so stark. Die Zinsniveaus sind hüben und drüben des Atlantiks nahe Null. Die Erwartungen für den US-Leitzins liegen per Ende des Jahres bei 0,5%, das ist wenig in Anbetracht eines Wachstums von zuletzt real durchschnittlich 3%. Aber selbst wenn diese Erwartung tatsächlich eintreten sollte, liegt das Augenmerk auf den völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen für die Fed und die EZB.

Während die Fed die US-Wirtschaft über den Berg wähnt, sieht sich die EZB der Herausforderung gegenüber, das Schuldenproblem der Eurozone zu lösen. Dazu muss v.a. die Inflationserwartung hochgeschraubt werden. Das wiederum geht (wenn überhaupt) nur so, dass sie die Erwartungen einer noch sehr lange andauernden extrem expansiven Geldpolitik festigt.

Das macht den Euro zu einer Carry-Trade-Währung, ausländische Investoren verschulden sich hier und schaffen das Geld außer Landes. Schon gibt es erste Stimmen, die den Euro in Richtung Parität zum Dollar rutschen sehen, wie z.B. Peter Schottmüller, Leiter Rentenfonds International/Emerging Markets der Deka. Zunächst nimmt Euro/Dollar den Pegel von 1,17 aufs Korn, wie er im November 2006 erreicht und zeitweilig unterschritten wurde.

Ich kann mir gut vorstellen, dass ein erheblicher Teil der Verschuldung in den Emerging Markets, die gegenwärtig auf Dollar lautet, in diesem Zuge auf Euro umgeschuldet (worden ist) und weiter werden wird. Ein ETF auf Emerging Market Anleihen in Euro laviert erneut an einem Allzeit-Hoch herum, der Kurs läuft seit 2009 in einem breiten Aufwärtskanal. Im Mai 2013 kam zeitweilige Schwäche auf, als die Fed zum ersten Mal deutlicher davon sprach, dass die Zinsen auch mal wieder steigen könnten. Aktuell zeigt die technische Auswertung eine volatile Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau, aus der heraus es in Kürze rasant in die eine oder Richtung gehen dürfte.

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Die EZB wird mit einer reinrassigen QE-Maßnahme à la Fed nicht weit kommen. Denn mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass das selbst in den USA nicht zu der anfänglich erwarteten starken Inflation geführt hat. Ich erinnere mich noch gut, wie die Gazetten vor Jahren voll von Hyperinflation und von Gold = 5000 waren.

Die EZB muss ihr Programm vielmehr so ausgestalten, dass sie Anleihen vor allem von nicht-Banken kauft, weil der Weg des Geldes in die Realwirtschaft so direkter ist. Ob das Geld dann auch wirklich da ankommt oder doch lieber in scheinbar risikolose Aktien investiert wird, steht auf einem anderen Blatt…

Von der Zinswende wird schon länger nicht mehr geredet, alle Welt scheint sich damit abzufinden, dass die Zinsen immer weiter sinken. Und wenn Null erreicht wird, dann geht es eben auf negativem Terrain weiter, so scheint zumindest die Stimmung. EZB und SNB haben ja schon negative Verzinsung für Zentralbankeinlagen eingeführt. Damit die Zinsen aber auf breiter Front negativ werden, müsste das Bargeld abgeschafft werden - so schnell wird das nicht gehen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen allmählich einen Boden findet, erscheint mir demgegenüber höher – und zwar insbesondere dann, wenn der Verfall der Ölpreise ausläuft und damit im landläufigen Verständnis auch ein Boden in der Preisentwicklung vermutet wird. Dann könnten sich die Wetten auf steigende Zinsen schnell beschleunigen.

Steigende Zinsen gefährden jedoch vor allem schwache Schuldner, erst recht dann, wenn das Wirtschaftswachstum nicht hinterherkommt. Die Risiken für ein solches Szenario sind insbesondere in der Eurozone hoch. Auch das spricht dafür, dass der Euro unter Druck bleiben dürfte.

Angesichts der extremen Verschuldungssituation rechne ich damit, dass die Finanzkrise, insbesondere in Gestalt der Eurokrise, wieder aus der Versenkung auftaucht. Das braucht einen Katalysator, Griechenland wird es wohl eher nicht sein. Vielleicht England? In diese Richtung gehen die Gedanken von Niels C. Jensen in seinem aktuellen Newsletter.

Ich kann mir gut vorstellen, dass wir im ersten Quartal noch einigermassen durchkommen und sich auch die hier erwartete Entwicklung bei Aktien umsetzt. Aber dann dürfte es sehr spannend werden. Ob das dem Preis für Edelmetalle auf die Sprünge hilft? Das soll in einem separaten Artikel Thema sein.

Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden:


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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