Schweizer Kracher mit Folgen, Gold mit doppeltem Gewinn
18.01.2015 | Manfred Gburek
Wahrscheinlich haben Sie seit dem vergangenen Donnerstag schon viel über den Absturz des Euro gegen den Franken und über den Anstieg des Goldpreises in Dollar und Euro gelesen. Doch ich vermute, Sie können davon bis auf Weiteres nicht genug bekommen. Und das aus gutem Grund, denn wir erleben gerade Währungsgeschichte. Also konzentriere ich mich heute auf den Franken und auf Gold. Zunächst zum Franken:
Das am meisten strapazierte Adjektiv zum Thema Euro-Abwertung bzw. Franken-Aufwertung heißt seit Donnerstag: "überraschend". Aber komisch: Kaum hatte die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre knallharte Entscheidung bekanntgegeben, dass sie den Franken nicht mehr an den Euro binden will, da fanden die Schlaumeier in den Mainstream-Medien lauter Gründe für diese Entscheidung. Warum nicht vorher?
Das bleibt ebenso ein Rätsel wie das seit Monaten anhaltende Verteufeln von Gold durch dieselben Medien. Ich erinnere mich noch an die Reaktion so mancher Leser auf zwei meiner Beiträge aus letzter Zeit, in denen ich jeweils die Gegenposition eingenommen und schon am 30. November bei rolandtichy.de mit dem Fazit geschlossen habe: "1,20 Franken je Euro sind nicht zu halten." Über mich ergoss sich daraufhin lauter Häme, nicht zuletzt auch aus der Schweiz.
Die SNB ließ wahrlich einen Schweizer Kracher explodieren. Damit bewies sie sehr viel Mut, denn die Börsen reagierten entsprechend. Wobei auffällt, dass die Aktienkurse der Schweizer Multis, wie Nestlé oder Novartis, für einen Tag in Franken ähnlich nach unten sausten, wie sie in Euro stiegen. Die Multis müssen nun - wie in früheren Zeiten - ein weiteres Mal ihre finanziellen Nachteile wegen der Franken-Aufwertung durch Maßnahmen wie Rationalisierung, Stellenabbau und Verlagerung von Produktionsstätten kompensieren. Deren Wirkung auf die Unternehmensgewinne wird Aktienkurse und Bilanzen erst im Lauf der kommenden Jahre positiv beeinflussen, während die negative Wirkung des starken Frankens bereits in Kürze zu spüren sein wird.
Insgesamt ergibt sich das folgende Fazit: Bei Schweizer Aktien ist Vorsicht geboten. Der Franken dürfte nach einigem Hin und Her, unter anderem wegen der Negativzinsen, etwa ab 2017/18 wieder gegen andere Währungen aufwärts tendieren. Wobei in Bezug auf den Euro noch zu beachten ist, dass auch die EZB mit Negativzinsen eher klotzen statt kleckern könnte.
Wahrscheinlich erfahren wir dazu Näheres schon aus Anlass der nächsten Sitzung des EZB-Rats am kommenden Donnerstag. Schweizer Immobilien verteuern sich für die vielen Nicht-Schweizer durch die Franken-Aufwertung, sodass die SNB ihre bisherigen Aktivitäten zur Eindämmung einer Immobilienblase zurücknehmen kann. Und was Frankenkredite von Nicht-Schweizern betrifft, darunter einige osteuropäische Staaten, aber auch viele deutsche Privatanleger: Die jetzige Aufwertung sollte ein für allemal eine Lehre sein, von solch gefährlichen Geschäften die Finger zu lassen.
Nicht von ungefähr schoss als Reaktion auf die SNB-Entscheidung auch der Goldpreis nach oben. Das war keine Eintagsfliege, sondern die vehemente Fortsetzung des seit zwei Wochen deutlich gewordenen leichten Preisanstiegs nach dem Motto: zwei vor, einen zurück. Wundern Sie sich nicht, wenn es in Etappen so weiter geht, mal schwungvoll wie am vergangen Donnerstag und Freitag, mal verhalten, wie in den Wochen zuvor. Dabei ist für Besitzer von Gold, anderen Edelmetallen und Edelmetallaktien erfreulich, dass sie von dieser Entwicklung doppelt profitieren: durch den Anstieg der Edelmetallpreise und des Dollars.
Wie lange es beim doppelten Gewinn bleibt, hängt von so vielen Faktoren ab, dass ich mich hier nur auf einen konzentriere, der für die nächste Zeit ausschlaggebend sein wird: die Maßnahmen des EZB-Rats, deren Einzelheiten wir am kommenden Donnerstag erfahren werden. Bis dahin zielt die internationale Spekulation darauf ab, dass die EZB von da an volles Rohr mit Geld um sich schießen wird. Das heißt, der Euro wird derzeit auch durch - möglicherweise überzogene - Erwartungen nach unten getrieben. Von daher gesehen ist seine Erholung gegen den Dollar bald fällig.
Nicht so gegen Gold. Warum, liegt auf der Hand: Weil spätestens seit dem Euro-Absturz und seiner ersten gravierenden Folge, der Franken-Aufwertung, aller Welt klar geworden sein muss, dass es im gesamten Währungssystem kräftig rappelt. Folglich flüchten Groß- und Kleinanleger jetzt wieder zunehmend ins Gold, weil sie mit dem Edelmetall ihre Kaufkraft erhalten wollen. Dies umso mehr, je größer die Gefahr zu werden droht, dass nach der SNB auch die EZB mit Negativzinsen experimentieren könnte.
An den Beispielen Nestlé und Novartis haben wir gesehen, wie sehr man differenzieren muss, um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden: Während beide Aktien den in Euro anlegenden Aktionären am vergangenen Donnerstag ein dickes Tagesplus bescherten, mussten in Franken anlegende Aktionäre am selben Tag herbe Verluste in Kauf nehmen. Ich halte es für wichtig, dass Sie auch beim Goldpreis differenzieren. Das heißt, dass Sie sich ab und zu, besonders an Wendepunkten, fragen: Ist er in Euro eher wegen eines höheren Goldpreises oder nur wegen der Euro-Schwäche gestiegen?
Bei Minenaktien geht die Differenzierung noch weiter. Hier kommt es neben der erwarteten Lebensdauer von Minen, neben Finanzierungsquellen, Verschuldungsgraden und sonstigen fundamentalen Faktoren gerade jetzt, nach überstandenem dreijährigem Preisrückgang der Edelmetalle, auf die Gesamtkosten an. Nur hat sich die Edelmetallbranche leider immer noch nicht auf einen allgemein akzeptierten Kostenstandard geeinigt. Um es auf den Punkt zu bringen: Anleger kommen nicht umhin, Hilfsgrößen als Indikatoren zu nutzen.
Eine ganz einfache Hilfsgröße, die allen Anlegern mithilfe von Charts (im Internet u.a. bei Direktbanken kostenlos verfügbar) helfen kann, ist die relative Stärke: Aktien, die sich über mehrere Monate unter dem Strich besser entwickeln als andere, versprechen auch danach besser abzuschneiden. Dagegen sind heftige Kursausschläge an nur einem Tag, falls keine erkennbaren Gründe vorliegen, mit Vorsicht zu genießen.
Wer an einigen Details, auch zu einzelnen Minenaktien, interessiert ist, sei auf meinen jüngsten Beitrag unter gburek.eu hingewiesen. Im Übrigen noch eine Anmerkung: Während der vergangenen Tage kam es hin und wieder dazu, dass der XAU-Index der Gold- und Silberaktien schlechter abschnitt als der HUI-Index. Das lag überwiegend an der Aktie von Freeport-McMoRan, die im XAU stark gewichtet und im HUI nicht enthalten ist. Dahinter steckt ein Konzern, der neben Gold in starkem Maß auch Kupfer fördert.
Der Kupferpreis ist zuletzt tief gefallen; das hat den Aktienkurs von Freeport-Mc-Mo-Ran abstürzen lassen. So etwas nennt man dann relative Schwäche. Die hat sich am Freitag in relative Stärke verwandelt und den XAU gehoben. Weil es auch in nächster Zukunft auf solche Details ankommen wird, empfehle ich Ihnen, alle ins Auge gefassten Edelmetallaktien bezüglich ihrer relativen Stärke oder Schwäche genauer unter die Lupe zu nehmen. Charts können da sehr hilfreich sein, danach die Internetseiten der Gold- und Silberproduzenten.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".
Das am meisten strapazierte Adjektiv zum Thema Euro-Abwertung bzw. Franken-Aufwertung heißt seit Donnerstag: "überraschend". Aber komisch: Kaum hatte die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre knallharte Entscheidung bekanntgegeben, dass sie den Franken nicht mehr an den Euro binden will, da fanden die Schlaumeier in den Mainstream-Medien lauter Gründe für diese Entscheidung. Warum nicht vorher?
Das bleibt ebenso ein Rätsel wie das seit Monaten anhaltende Verteufeln von Gold durch dieselben Medien. Ich erinnere mich noch an die Reaktion so mancher Leser auf zwei meiner Beiträge aus letzter Zeit, in denen ich jeweils die Gegenposition eingenommen und schon am 30. November bei rolandtichy.de mit dem Fazit geschlossen habe: "1,20 Franken je Euro sind nicht zu halten." Über mich ergoss sich daraufhin lauter Häme, nicht zuletzt auch aus der Schweiz.
Die SNB ließ wahrlich einen Schweizer Kracher explodieren. Damit bewies sie sehr viel Mut, denn die Börsen reagierten entsprechend. Wobei auffällt, dass die Aktienkurse der Schweizer Multis, wie Nestlé oder Novartis, für einen Tag in Franken ähnlich nach unten sausten, wie sie in Euro stiegen. Die Multis müssen nun - wie in früheren Zeiten - ein weiteres Mal ihre finanziellen Nachteile wegen der Franken-Aufwertung durch Maßnahmen wie Rationalisierung, Stellenabbau und Verlagerung von Produktionsstätten kompensieren. Deren Wirkung auf die Unternehmensgewinne wird Aktienkurse und Bilanzen erst im Lauf der kommenden Jahre positiv beeinflussen, während die negative Wirkung des starken Frankens bereits in Kürze zu spüren sein wird.
Insgesamt ergibt sich das folgende Fazit: Bei Schweizer Aktien ist Vorsicht geboten. Der Franken dürfte nach einigem Hin und Her, unter anderem wegen der Negativzinsen, etwa ab 2017/18 wieder gegen andere Währungen aufwärts tendieren. Wobei in Bezug auf den Euro noch zu beachten ist, dass auch die EZB mit Negativzinsen eher klotzen statt kleckern könnte.
Wahrscheinlich erfahren wir dazu Näheres schon aus Anlass der nächsten Sitzung des EZB-Rats am kommenden Donnerstag. Schweizer Immobilien verteuern sich für die vielen Nicht-Schweizer durch die Franken-Aufwertung, sodass die SNB ihre bisherigen Aktivitäten zur Eindämmung einer Immobilienblase zurücknehmen kann. Und was Frankenkredite von Nicht-Schweizern betrifft, darunter einige osteuropäische Staaten, aber auch viele deutsche Privatanleger: Die jetzige Aufwertung sollte ein für allemal eine Lehre sein, von solch gefährlichen Geschäften die Finger zu lassen.
Nicht von ungefähr schoss als Reaktion auf die SNB-Entscheidung auch der Goldpreis nach oben. Das war keine Eintagsfliege, sondern die vehemente Fortsetzung des seit zwei Wochen deutlich gewordenen leichten Preisanstiegs nach dem Motto: zwei vor, einen zurück. Wundern Sie sich nicht, wenn es in Etappen so weiter geht, mal schwungvoll wie am vergangen Donnerstag und Freitag, mal verhalten, wie in den Wochen zuvor. Dabei ist für Besitzer von Gold, anderen Edelmetallen und Edelmetallaktien erfreulich, dass sie von dieser Entwicklung doppelt profitieren: durch den Anstieg der Edelmetallpreise und des Dollars.
Wie lange es beim doppelten Gewinn bleibt, hängt von so vielen Faktoren ab, dass ich mich hier nur auf einen konzentriere, der für die nächste Zeit ausschlaggebend sein wird: die Maßnahmen des EZB-Rats, deren Einzelheiten wir am kommenden Donnerstag erfahren werden. Bis dahin zielt die internationale Spekulation darauf ab, dass die EZB von da an volles Rohr mit Geld um sich schießen wird. Das heißt, der Euro wird derzeit auch durch - möglicherweise überzogene - Erwartungen nach unten getrieben. Von daher gesehen ist seine Erholung gegen den Dollar bald fällig.
Nicht so gegen Gold. Warum, liegt auf der Hand: Weil spätestens seit dem Euro-Absturz und seiner ersten gravierenden Folge, der Franken-Aufwertung, aller Welt klar geworden sein muss, dass es im gesamten Währungssystem kräftig rappelt. Folglich flüchten Groß- und Kleinanleger jetzt wieder zunehmend ins Gold, weil sie mit dem Edelmetall ihre Kaufkraft erhalten wollen. Dies umso mehr, je größer die Gefahr zu werden droht, dass nach der SNB auch die EZB mit Negativzinsen experimentieren könnte.
An den Beispielen Nestlé und Novartis haben wir gesehen, wie sehr man differenzieren muss, um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden: Während beide Aktien den in Euro anlegenden Aktionären am vergangenen Donnerstag ein dickes Tagesplus bescherten, mussten in Franken anlegende Aktionäre am selben Tag herbe Verluste in Kauf nehmen. Ich halte es für wichtig, dass Sie auch beim Goldpreis differenzieren. Das heißt, dass Sie sich ab und zu, besonders an Wendepunkten, fragen: Ist er in Euro eher wegen eines höheren Goldpreises oder nur wegen der Euro-Schwäche gestiegen?
Bei Minenaktien geht die Differenzierung noch weiter. Hier kommt es neben der erwarteten Lebensdauer von Minen, neben Finanzierungsquellen, Verschuldungsgraden und sonstigen fundamentalen Faktoren gerade jetzt, nach überstandenem dreijährigem Preisrückgang der Edelmetalle, auf die Gesamtkosten an. Nur hat sich die Edelmetallbranche leider immer noch nicht auf einen allgemein akzeptierten Kostenstandard geeinigt. Um es auf den Punkt zu bringen: Anleger kommen nicht umhin, Hilfsgrößen als Indikatoren zu nutzen.
Eine ganz einfache Hilfsgröße, die allen Anlegern mithilfe von Charts (im Internet u.a. bei Direktbanken kostenlos verfügbar) helfen kann, ist die relative Stärke: Aktien, die sich über mehrere Monate unter dem Strich besser entwickeln als andere, versprechen auch danach besser abzuschneiden. Dagegen sind heftige Kursausschläge an nur einem Tag, falls keine erkennbaren Gründe vorliegen, mit Vorsicht zu genießen.
Wer an einigen Details, auch zu einzelnen Minenaktien, interessiert ist, sei auf meinen jüngsten Beitrag unter gburek.eu hingewiesen. Im Übrigen noch eine Anmerkung: Während der vergangenen Tage kam es hin und wieder dazu, dass der XAU-Index der Gold- und Silberaktien schlechter abschnitt als der HUI-Index. Das lag überwiegend an der Aktie von Freeport-McMoRan, die im XAU stark gewichtet und im HUI nicht enthalten ist. Dahinter steckt ein Konzern, der neben Gold in starkem Maß auch Kupfer fördert.
Der Kupferpreis ist zuletzt tief gefallen; das hat den Aktienkurs von Freeport-Mc-Mo-Ran abstürzen lassen. So etwas nennt man dann relative Schwäche. Die hat sich am Freitag in relative Stärke verwandelt und den XAU gehoben. Weil es auch in nächster Zukunft auf solche Details ankommen wird, empfehle ich Ihnen, alle ins Auge gefassten Edelmetallaktien bezüglich ihrer relativen Stärke oder Schwäche genauer unter die Lupe zu nehmen. Charts können da sehr hilfreich sein, danach die Internetseiten der Gold- und Silberproduzenten.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".