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Wird die EZB tatsächlich liefern?

22.01.2015
Viele Experten sind sich einig, dass die SNB mit der Freigabe des Schweizer Franken gegenüber dem Euro auf die kommende EZB-Sitzung am 22.01 regiert hat. Wenn Draghi tatsächlich kurzfristig die Bilanz der EZB um 1 Billion Euro aufblähen will, dann muss er pro Monat Anleihen im Wert von ca. 80 bis 100 Mrd. Euro aufkaufen. Die EZB würde dann eine Geldpolitik verfolgen, die absolut nichts mehr mit ihrer Blaupause, der Deutschen Bundesbank, zu tun hätte. Aus Sicht Deutschlands wäre das der endgültige Bruch mit einer sehr zentralen und wichtigen Tradition, die auch innenpolitische Folgen haben könnte.

Ich denke auch, dass die Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank mit der Sitzung der EZB in dieser Woche zusammenhängt. Aber vielleicht in einer anderen Weise, als das viele Experten im Moment glauben.

Folgende Punkte lassen mich aufhorchen:

1.) Am 14.01. veröffentlichte der Generalanwalt des EuGH ein Gutachten, das der EZB hinsichtlich des OMT-Programm grünes Licht erteilt. Damit widerspricht der EuGH der Einschätzung des Deutschen Bundesverfassungsgerichts. Ich denke, die Experten sind sich einig, dass die Auflagen, die der EuGH der EZB auferlegt hat, sehr leicht umgangen werden können und rein kosmetisch sind. Draghi hat also freie Bahn. Und doch traf er sich am Mittwoch mit Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäube, um einen Kompromiss zu unterbreiten, der am Freitag im “Spiegel” abgedruckt wurde.
  • Eine Zweidrittelmehrheit des EZB-Rates ist für das OMT-Programm.
  • Der EuGH gibt grünes Licht.
  • Warum muss Draghi einen Kompromiss unterbreiten?
  • Und warum erfahren wir davon?

2.) Die Angaben des Spiegelartikels (“Der Spiegel” Nr. 4 vom 17.01.2015, S. 54 bis 58) über diesen Kompromiss sind nur sehr vage. Leider ist auch nicht deutlich, woher das Nachrichtenmagazin seine Informationen bezieht. Sehr interessant ist aber, dass in den Artikel ein Interview mit dem Chef der Niederländischen Notenbank, Klass Knot, eingeschaltet ist.

Im Artikel ist die Rede von einer Beschränkung des OMT-Programms auf 750 bis 500 Mrd. Euro. Zudem wolle die "Zentralbank die Papiere im selben Verhältnis erwerben, wie es den Kapitalanteilen der Staaten an der EZB entspricht.“ Außerdem soll eine Obergrenze für die Käufe festgelegt werden in Höhe von 20 bis 25 Prozent der ausstehenden Staatsschuld.

Allein Italien hat ausstehende Staatsschulden in Höhe von mehr als 2 Billionen Euro. 20 Prozent davon wären 400 Mrd. Euro und damit fast so groß, wie das Volumen des gesamten abgespeckten OMT-Programms. Zudem: Würde dieser Schuldenberg weiter wachsen, würde die 20- oder 25-Prozentgrenze absolut gesehen ebenfalls wachsen, so dass das die festgeschriebene Obergrenze für das gesamte OMT-Programm sehr leicht überschritten werden könnte.

Ganz besonders interessant ist aber der Vorschlag, dass die nationalen Notenbanken jeweils die Anleihen ihrer eigenen Länder aufkaufen sollen, so dass die Haftungsrisiken nicht vergemeinschaftet würden. (Unklar ist mir allerdings, ob die Haftung dann nicht letztlich wenigstens zum Teil über das Target-System doch vergemeinschaftet werden könnte.)

So schwammig der Kompromiss auch klingt, zwei Begriffe fallen auf: "Selbsthaftung" und "Beschränkung".

Nochmals: Die EZB hat bereits grünes Licht. Warum dann überhaupt der Versuch, die Deutschen ins Boot zu holen? Offenbar sitzen die Deutsche Bundesregierung, das Bundesverfassungsgericht und die Deutsche Bundesbank doch am längeren Hebel.

Auf diesem Hintergrund ist das Interview mit Klaas Knot besonders brisant:

"Wir (die Notenbanker) können nicht alle Probleme lösen“, sagt er. Und weiter: „Die Europäische Zentralbank ist verpflichtet, für stabile Preise im Euro-Raum zu sorgen, aber sie hat nicht die Aufgabe, finanzpolitische Risiken zwischen den Mitgliedstaaten umzuverteilen. Genau dazu könnte es aber kommen, wenn die EZB im großen Umfang Staatsanleihen erwirbt. Dann haftet die Gemeinschaft der Eurostaaten, wenn ein Mitgliedstaat seine Schulden nicht bedienen kann.

Wir müssen vermeiden, dass über die Hintertür der EZB-Bilanz Entscheidungen getroffen werden, die den demokratisch gewählten Politikern der Euroländer vorbehalten bleiben müssen. (…) Würde jede Notenbank nur die Papiere des eigenen Staates erwerben, wäre die Gefahr geringer, dass es zu einer unerwünschten Umverteilung von Finanzrisiken kommt.“


Das ist exakt die Position der Deutschen Bundesbank. Knot stärkt der Regierung und Jens Weidmann den Rücken. Er fasst den "Kompromiss“ tatsächlich als Beschränkung der EZB auf.


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