Wird die EZB tatsächlich liefern?
22.01.2015
- Seite 2 -
Kurz: Hinter den Kulissen tobt offenbar ein Kampf zwischen der EZB und deutschen Institutionen. Und er ist trotz des EuGH-Gutachtens und trotz der Mehrheit im EZB-Rat offenbar noch nicht für Draghi entschieden. Wir erfahren darüber am Freitag nach der dramatischen Entscheidung der SNB in einem kleinen Spiegel-Artikel, der im Moment noch keine großen Wellen geschlagen zu haben scheint. Werden wir gewarnt? Ich wäre jedenfalls vorsichtig mit meinen Erwartungen gegenüber den tatsächlichen Möglichkeiten der EZB.
Und was hat das mit der SNB-Entscheidung zu tun? Entweder glaubt die Schweizerische Nationalbank, Draghi hat freie Bahn und hat deshalb die Reißleine gezogen. Oder sie rechnet kurzfristig mit erheblichen Marktverwerfungen, nicht weil die EZB am Donnerstag aus allen Rohren schießen wird, sondern weil es, wenn überhaupt, nur zu einem sehr abgespeckten OMT-Programm kommen wird.
Sie müssen sich folgendes vergegenwärtigen: Die Zinsen der Krisenstaaten sind deshalb extrem niedrig, weil das Haftungsprinzip der Staaten bereits durch die Ankündigung des OMT-Programms ausgehebelt wurde. Was passiert nun, wenn das Haftungsprinzip auch nur im begrenzten Maße wieder eingeführt wird?
Klaas Knot sagt es durch die Blume: "Nehmen Sie den Markt für Staatsanleihen. Viele Mitgliedsländer der Eurozone zahlen heute weniger Zinsen für ihre Schuldenpapiere als Norwegen, jenes Land also, das gemeinhin als eines der solventesten Staaten der Erde gilt. Das setzt falsche Signale.“
Das heißt: Das angekündigte OMT-Programm hat aus Sicht von Knot bereits falsche Signale ausgesendet. Das richtige Signal wären also steigende Zinsen. Und zwar jetzt. Das ist zwar tatsächlich sachlich richtig. Machen wir uns aber nichts vor: Würden die Zinsen plötzlich steigen statt weiter zu sinken, würde das zu heftigen Turbulenzen in der Euro-Zone und weltweit an den Finanzmärkten führen.
Ich habe den Eindruck, der Bundesregierung, der Deutschen Bundesbank und der niederländischen Notenbank reicht es. Zumal auch nicht absehbar ist, wie Griechenland nach der Wahl eines neuen Parlaments am 25.1. weiter finanziert werden soll, wenn Syriza die Troika nach Hause schickt.
Die Griechen fragen sich das offenbar auch, denn in Griechenland verschärft sich ein akuter Bank Run. Und wieder soll die EZB über ELA-Kredite, vorbei an allen Rettungsschirmen, die Banken auffangen.
Es könnte also sein, dass diese Woche dramatisch wird. Dramatischer jedenfalls, als die neuen Höchstkurse im DAX vermuten lassen.
© Thomas Rausch
Der BörsenExplorer