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Echter Frust, echte Demokratie und echte Schuldengebirge

29.01.2015  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
Extremer Frust, die gesamte Bevölkerung Griechenlands erfassende Unzufriedenheit, wachsende Armut, Elend, Perspektivlosigkeit, endlose Protest-Demonstrationen, Ausbrüche von Gewalt auf der Straße und Hass auf die "Diktatoren in Brüssel und Berlin" verbanden sich nach geraumer Inkubationszeit, nach W. Busch: "… - Zisch, Zasch, Zisch - zu einem innigen Gemisch" ...

Diese explosive Gemengelage strebte einer äußeren Entscheidung zu. Sie fiel am vergangen Sonntag. Das Wahlvolk hatte gesprochen und zwar überlaut. Weitere, weitaus schwerwiegendere Entscheidungen werden bald fallen.

"Die mächtige Stimme der Demokratie hat gesprochen, wir haben das politische Establishment verjagt und die Parteienlandschaft konstruktiv umgekrempelt" - tönt es hitzig aus Athen. "Wir gratulieren, aber Absprachen sind strikt einzuhalten", so tönt es kühl aus Brüssel, Berlin, Paris, London, Rom und anderen Hauptstädten der EU zurück.

"Eine Million Arbeitsplätze gingen verloren, die Kapitalflucht boomt, die Wirtschaft brach um rund 30% ein, die Abwanderungswelle der Qualifizierten - also der ökonomischen Leistungsträger - erreicht, genau wie die allgemeine Armut, immer neue Rekordwerte. Wir sparen uns per Diktat zu Tode. Daran sind allein die Berliner "Nazi-Merkel" (auf Plakaten mit Hakenkreuz-Armbinden dargestellt) und die verhasste, bösartige Brüsseler Troika schuld. Genug ist genug, das lassen wir uns nicht länger gefallen." So schallte es durch die Megaphone im Wahlkampf.

"Ihr habt 350 Milliarden € an Geldern von uns verbraten, und habt schon wieder 250 Milliarden an Neuschulden aus internationaler Finanzhilfe aufgetürmt. Eure Situation verschlechtert sich zudem immer weiter. Die EU und ihre Steuerzahler sind keine Milchkuh, die man melken kann, bis die Milch blutig wird. Wir fordern eine Rückzahlung auf Raten und tiefgreifende Reformen. Daran ändert auch eure Wutwahl nichts". So schallt es aus den Kreisen der führenden EU-Politiker und natürlich vor allem der Banken und anderer Geldgeber.

Kein Zweifel: Eine Konfrontation ist unvermeidlich. Die durch vollmundige Wahlphrasen des Polit-Charmeurs Alexis Tsipras angeheizte Euphorie wird tiefer und schmerzhafter Ernüchterung weichen. Wenn Sümmchen in der Größenordnung von 600 Milliarden € auf dem Spiel stehen, insbesondere wenn es sich um einen wirtschaftlichen Winzling mit einem Anteil von nur noch 1,7% der EU-Wirtschaftsleistung handelt, werden selbst ganze Wagenladungen voller Charme eines großartigen Show-Talents und dessen erdrutschartigen Sieges, plus Tonnen hochreinen Olivenöls als Zugabe, nicht mehr allzuviel helfen.

In Europa hat dieser in seiner Heimat derzeit hoch populäre Revoluzzer keine Verbündeten. Seine luftigen Sozialprogramme sind ohne frische Gelder aus dem Ausland schlicht nicht finanzierbar. Der Abgleich mit der Realität hat schon so manchen sozialistischen Wunderbaum zu Fall gebracht. Nüchterne Betrachtung, frei von griffigen Werbe-Parolen, lässt nur einen Schluss zu: Entweder es werden alte Schulden ganz oder teilweise erlassen, die Zahlungsfristen gestreckt, sowie frische Kredite - also neue Schulden - aufgenommen, um satte Staatsausgaben zwecks Volksbeglückung auf Pump zu ermöglichen, oder aber der Staatsbankrott droht.

Ein Schuldenerlass ist unabdingbar und er wird weder zu 0% noch zu 100% der Schuldsumme abgeschlossen. Die genauen Bedingungen werden bald bekannt sein. Man sollte sich mit dieser Übereinkunft besser beeilen, denn jeder Schwebezustand schafft Unsicherheiten und weitere Kapitalfluchtströme. Geldgeber und Kapitalmärkte hassen unsichere Zustände etwa so wie zwei eingeschlafene Beine plus einen Kropf. Sicherheit und klare Verhältnisse sind gefragt.

Natürlich gäbe es noch die dritte Möglichkeit: Griechenland tritt, wenn schon nicht aus der EU, wenigstens aus dem Euro-Verband aus und erklärt den Schuldnern gegenüber Zahlungsunfähigkeit und staatlichen Bankrott. Alle Schulden werden abgeschrieben. Athen ist frei von Altlasten, die EU-Steuerzahler und die Banken bluten. Man führt die Drachme wieder ein und wertet diese drastisch ab. Dann würde das Land wieder von geldbringenden Touristen mit Hartwährung überschwemmt, die in ein superbilliges Land reisen.

Vielleicht mietet sich sogar "Nazi-Merkel" in einem Luxus-Palast an der Ägäis zu Hartz-4-Preisen ein? Oder die Berliner Regierung unterschreibt einen Dauermietvertrag für ein Anwesen in zwölffachem Hollywood-Format, was an jedem Wochenende mit Ministern, Staatssekretären, Parteibonzen und weiblichem Abdichtungsmaterial überfüllt wäre. So preiswert kriegt man’s nie wieder.

Möglicherweise kauften dann wohlhabende Ausländer ganze Inseln mit Olivenhainen als Super-Schnäppchen auf. Ihre reichen Geschäftsfreunde residieren schon auf den Nachbarinseln. Man lädt sich am Wochenende wechselseitig zu glamourösen Parties ein, natürlich unter Totalverzicht auf echte Orgien.

Im Übrigen würde alles, was noch zu exportieren ist, wie Alkoholika, Käse, Oliven, Fisch, Putzfrauen und landwirtschaftliche Produkte aller Art den Anbietern aus den Händen gerissen. Goldman-Sachs und andere Wall Street-Größen könnten die ihnen bereits als Pfand überschriebenen Öl- und Gasvorkommen endlich zu Mini-Kosten entwickeln und dann vermarkten, wenn die Energiepreise wieder anziehen. Es wäre für alles gesorgt und vor allem würden massiv neue Arbeitsplätze geschaffen.



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