Im Zweifel kommt es zum Cyberwar
08.02.2015 | Manfred Gburek
Krieg in der Ostukraine, Merkel und Hollande auf diplomatischem Kurs unterwegs, dazu die Münchner Sicherheitskonferenz, nicht zu vergessen das Griechenland-Problem - das alles hat mich bewegt, heute einen politischen Schwerpunkt zu setzen. Wobei zu Beginn das Gold nicht zu kurz kommen soll, weil sein schlagartiger Preisrückgang am Freitag ein Mal mehr den Verdacht nährt, dass der Preis manipuliert wird - zumal die gängige Begründung in einigen Mainstreammedien, der freundliche amerikanische Arbeitsmarkt sei der Auslöser gewesen, einfach nur fadenscheinig ist.
Der folgende Zusammenhang lässt sich zwar nicht unmittelbar mit Fakten belegen, ist aber durchaus plausibel: Russland hat in den vergangenen Jahren auffallend viel Gold gehortet. Inzwischen sind es gut 1200 Tonnen, entsprechend einem Anteil von rund 4 Prozent an den offiziellen Goldreserven der Welt. Da kann man dem Land schon mal einen goldenen Nadelstich verpassen. Eine spekulative Interpretation, gewiss, doch der Druck auf den Goldpreis reiht sich nahtlos in andere Nadelstiche des Westens gegen Russland ein, seien es Sanktionen aller Art, sei es die mediale Propaganda.
Der kürzlich verstorbene Russland-Kenner Peter Scholl-Latour hat schon mit seinem vor über zehn Jahren erschienenen Buch "Russland im Zangengriff" eine beachtenswerte Analyse vorgelegt. Darin ist der folgende Satz zu finden: "Allen Behauptungen amerikanischer Meinungsfabrikanten zum Trotz genießt Wladimir Putin zwar nicht die Liebe seiner Untertanen, wohl aber ihren Respekt." Daran hat sich nach Meinung renommierter Historiker und Militärfachleute bis heute nichts Grundsätzliches geändert.
Einer der Historiker, Michael Stürmer, hat zuletzt in der Zeitung "Die Welt" die folgende Prognose abgegeben: Russland werde einen hohen Preis bezahlen in Gestalt "wirtschaftlich-finanzieller und moralischer Sanktionen, dauerhafter Wirtschaftskrankheit, Isolation vom Weltfinanzsystem, Rückständigkeit und Scheitern der Modernisierung. Es wird deswegen keinen Regimewechsel geben, wie man in Washington träumt. Doch die westlichen Sanktionen, zusammen mit dem Ölpreis, tun mehr weh als alle militärischen Hilfspakete, die der Westen, vor allem die Vereinigten Staaten, in Richtung Kiew senden könnten."
Auch der frühere Kreml-Chef Michail Gorbatschow, der den Friedensnobelpreis erhielt, hat sich neulich zum Thema Russland und Ukraine dezidiert geäußert. Er befürchtet Schlimmes. Seiner Ansicht nach haben die USA Russland "in einen neuen kalten Krieg getrieben". Ein heißer Krieg sei nicht auszuschließen. Gorbatschow, immerhin einer der ganz entscheidenden Politiker beim Zustandekommen der deutschen Einheit, wirft Europa und speziell Deutschland vor, von den USA zu stark abhängig zu sein.
Lassen wir noch Carl Bildt zu Wort kommen, den früheren schwedischen Außenminister, der in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen" vor der Eskalation der Ukraine-Krise warnt. Auf die Frage, ob ein Krieg zwischen dem Westen und Russland undenkbar sei, antwortet er: "Leider nicht. Es geht nicht nur um die Zukunft der Ukraine, es geht um die Zukunft Russlands und die Zukunft Europas." Ähnlich pessimistisch äußert Bildt sich über die Art der kommenden Kriegführung: "Der Konflikt würde auf jeden Fall die digitale Welt treffen. Es kann sogar sein, dass er dort beginnt. Weil die westlichen Länder so von Technologie abhängen, sind wir sehr verwundbar. Viele Länder, viele Regierungen sind darauf nicht vorbereitet."
Dieser Aspekt wird in der gängigen Berichterstattung durch das Fernsehen und die meisten Printmedien weitgehend ausgeblendet. Wer nun glaubt, der Westen sei Russland technologisch überlegen (eine weit verbreitete Meinung), sollte sich die folgende Passage aus dem Buch "Cyberwar" von Sandro Gaycken durch den Kopf gehen lassen, einem führenden deutschen Sicherheitsexperten:
"Die ersten militärischen Überlegungen zu einem echten Cyberwar gehen zurück in die Siebziger. Damals hat ein Major Ogarchov der Sowjetarmee das erste Mal den Cyberwar prognostiziert. Ein Visionär. Ogarchov hat vorhergesehen, dass die Computer billiger und leistungsstärker würden und dass sie eine große Rolle in Militär und Zivilgesellschaft spielen würden. Er hat auch vorhergesehen, dass sie dadurch angreifbar sein würden. Entsprechend hat sich die Sowjetarmee (und heute auch die russische Armee) bereits früh und sehr effizient auf Cyberoperationen eingerichtet."
Es ist sehr schwer auszumachen, in welchem Umfang Putin diese Karte spielen würde, falls es zur Eskalation im Krieg um die Ukraine käme. Aber dass er sie spielen kann, ist sicher. Es geht ja längst nicht mehr allein um die gewaltsame militärische Auseinandersetzung, wie wir sie inzwischen fast stündlich durch Fernsehen und Internet serviert bekommen, sondern zusätzlich um die vom Historiker Stürmer angesprochenen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen, und zwar beiderseits. Also um Maßnahmen, die sich zum Cyberwar anbieten: Etwa wenn Lieferketten für Waren auf Knopfdruck unterbrochen werden oder Geldüberweisungen wie von Geisterhand bewegt auf falschen Konten landen. Das heißt, es geht um Hackerangriffe.
Wir alle werden in nächster Zeit viel Phantasie aufbringen müssen, um uns vorzustellen, welche Auswirkungen die Geschehnisse in der Ukraine haben könnten. Die Zitate, die Sie gerade gelesen haben, liefern Ihnen hoffentlich etwas Stoff zu weiteren Überlegungen. Außerdem empfiehlt es sich, darüber nachzudenken, welche Folgen ein ungewöhnliches, von niemandem zu erwartendes Ereignis für Ihre Finanzen hätte. Keiner kann sich gegen so ein Ereignis komplett absichern, doch schon die Verteilung des Geldes auf mehrere Anlagen – und verschiedene Banken - bietet einen gewissen Schutz. Und um nochmals auf den Goldpreis zurückzukommen: Er lässt sich immer nur für ganz kurze Zeit manipulieren, danach kommen Gegenkräfte zum Zuge. Bewahren Sie also ruhig' Blut!
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".
Der folgende Zusammenhang lässt sich zwar nicht unmittelbar mit Fakten belegen, ist aber durchaus plausibel: Russland hat in den vergangenen Jahren auffallend viel Gold gehortet. Inzwischen sind es gut 1200 Tonnen, entsprechend einem Anteil von rund 4 Prozent an den offiziellen Goldreserven der Welt. Da kann man dem Land schon mal einen goldenen Nadelstich verpassen. Eine spekulative Interpretation, gewiss, doch der Druck auf den Goldpreis reiht sich nahtlos in andere Nadelstiche des Westens gegen Russland ein, seien es Sanktionen aller Art, sei es die mediale Propaganda.
Der kürzlich verstorbene Russland-Kenner Peter Scholl-Latour hat schon mit seinem vor über zehn Jahren erschienenen Buch "Russland im Zangengriff" eine beachtenswerte Analyse vorgelegt. Darin ist der folgende Satz zu finden: "Allen Behauptungen amerikanischer Meinungsfabrikanten zum Trotz genießt Wladimir Putin zwar nicht die Liebe seiner Untertanen, wohl aber ihren Respekt." Daran hat sich nach Meinung renommierter Historiker und Militärfachleute bis heute nichts Grundsätzliches geändert.
Einer der Historiker, Michael Stürmer, hat zuletzt in der Zeitung "Die Welt" die folgende Prognose abgegeben: Russland werde einen hohen Preis bezahlen in Gestalt "wirtschaftlich-finanzieller und moralischer Sanktionen, dauerhafter Wirtschaftskrankheit, Isolation vom Weltfinanzsystem, Rückständigkeit und Scheitern der Modernisierung. Es wird deswegen keinen Regimewechsel geben, wie man in Washington träumt. Doch die westlichen Sanktionen, zusammen mit dem Ölpreis, tun mehr weh als alle militärischen Hilfspakete, die der Westen, vor allem die Vereinigten Staaten, in Richtung Kiew senden könnten."
Auch der frühere Kreml-Chef Michail Gorbatschow, der den Friedensnobelpreis erhielt, hat sich neulich zum Thema Russland und Ukraine dezidiert geäußert. Er befürchtet Schlimmes. Seiner Ansicht nach haben die USA Russland "in einen neuen kalten Krieg getrieben". Ein heißer Krieg sei nicht auszuschließen. Gorbatschow, immerhin einer der ganz entscheidenden Politiker beim Zustandekommen der deutschen Einheit, wirft Europa und speziell Deutschland vor, von den USA zu stark abhängig zu sein.
Lassen wir noch Carl Bildt zu Wort kommen, den früheren schwedischen Außenminister, der in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen" vor der Eskalation der Ukraine-Krise warnt. Auf die Frage, ob ein Krieg zwischen dem Westen und Russland undenkbar sei, antwortet er: "Leider nicht. Es geht nicht nur um die Zukunft der Ukraine, es geht um die Zukunft Russlands und die Zukunft Europas." Ähnlich pessimistisch äußert Bildt sich über die Art der kommenden Kriegführung: "Der Konflikt würde auf jeden Fall die digitale Welt treffen. Es kann sogar sein, dass er dort beginnt. Weil die westlichen Länder so von Technologie abhängen, sind wir sehr verwundbar. Viele Länder, viele Regierungen sind darauf nicht vorbereitet."
Dieser Aspekt wird in der gängigen Berichterstattung durch das Fernsehen und die meisten Printmedien weitgehend ausgeblendet. Wer nun glaubt, der Westen sei Russland technologisch überlegen (eine weit verbreitete Meinung), sollte sich die folgende Passage aus dem Buch "Cyberwar" von Sandro Gaycken durch den Kopf gehen lassen, einem führenden deutschen Sicherheitsexperten:
"Die ersten militärischen Überlegungen zu einem echten Cyberwar gehen zurück in die Siebziger. Damals hat ein Major Ogarchov der Sowjetarmee das erste Mal den Cyberwar prognostiziert. Ein Visionär. Ogarchov hat vorhergesehen, dass die Computer billiger und leistungsstärker würden und dass sie eine große Rolle in Militär und Zivilgesellschaft spielen würden. Er hat auch vorhergesehen, dass sie dadurch angreifbar sein würden. Entsprechend hat sich die Sowjetarmee (und heute auch die russische Armee) bereits früh und sehr effizient auf Cyberoperationen eingerichtet."
Es ist sehr schwer auszumachen, in welchem Umfang Putin diese Karte spielen würde, falls es zur Eskalation im Krieg um die Ukraine käme. Aber dass er sie spielen kann, ist sicher. Es geht ja längst nicht mehr allein um die gewaltsame militärische Auseinandersetzung, wie wir sie inzwischen fast stündlich durch Fernsehen und Internet serviert bekommen, sondern zusätzlich um die vom Historiker Stürmer angesprochenen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen, und zwar beiderseits. Also um Maßnahmen, die sich zum Cyberwar anbieten: Etwa wenn Lieferketten für Waren auf Knopfdruck unterbrochen werden oder Geldüberweisungen wie von Geisterhand bewegt auf falschen Konten landen. Das heißt, es geht um Hackerangriffe.
Wir alle werden in nächster Zeit viel Phantasie aufbringen müssen, um uns vorzustellen, welche Auswirkungen die Geschehnisse in der Ukraine haben könnten. Die Zitate, die Sie gerade gelesen haben, liefern Ihnen hoffentlich etwas Stoff zu weiteren Überlegungen. Außerdem empfiehlt es sich, darüber nachzudenken, welche Folgen ein ungewöhnliches, von niemandem zu erwartendes Ereignis für Ihre Finanzen hätte. Keiner kann sich gegen so ein Ereignis komplett absichern, doch schon die Verteilung des Geldes auf mehrere Anlagen – und verschiedene Banken - bietet einen gewissen Schutz. Und um nochmals auf den Goldpreis zurückzukommen: Er lässt sich immer nur für ganz kurze Zeit manipulieren, danach kommen Gegenkräfte zum Zuge. Bewahren Sie also ruhig' Blut!
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".