Altersvorsorge wird zur intellektuellen Herausforderung
15.03.2015 | Manfred Gburek
Kaum ein Tag vergeht, an dem in den gängigen Medien nicht über die drohende Altersarmut berichtet wird. Warnungen gibt es genug. Aber das Problem stellt sich derart komplex dar, dass jeder Lösungsvorschlag mit viel Wenn und Aber verbunden ist.
Fest steht, dass die gesetzliche Rente für immer mehr Menschen nicht ausreichen wird, dass bei Betriebsrenten ebenso wie bei Bezügen aus Kapitallebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen wegen des extrem niedrigen Zinsniveaus mit Abstrichen gerechnet werden muss, dass Mieteinnahmen nur einem überschaubaren Personenreis zur Verfügung stehen und dass sonstige Altersbezüge eher ein Schattendasein führen, seien es staatlich geförderte Riester- oder Rürup-Renten, seien es durch Eigeninitiative zustande kommende Einkünfte aus Zinsen und Dividenden.
Die Komplexität offenbart sich an verschiedenen Stellen. Nehmen wir nur mal die Mieteinnahmen. Sie dienen einer Minderheit der Bevölkerung als zweites Einkommen. So weit, so klar. Doch viele Mietshäuser sind kreditfinanziert. Das mag wegen der niedrigen Zinsen zwar opportun erscheinen, nagt aber, den Steuervorteilen zum Trotz, an der Rendite.
Der zweite Nager sind die Verwaltungskosten, der dritte die Reparaturen, sofern sie nicht auf Mieter abgewälzt werden können. Zu ihnen gesellen sich im Lauf der Jahre umfangreiche Sanierungen. Einen Teil davon fördert der Staat, weil er will, dass saniert wird. Doch er schlägt auch mit der Mietpreisbremse zu; das schmälert die Rendite der Vermieter zusätzlich. Das Ende kann man sich leicht vorstellen: Vermieter haben keine Lust mehr, ihr Geld in Mietshäuser zu investieren, zumal immer weniger Mieter sich die wegen der Sanierungsmaßnahmen gestiegenen Mieten leisten können.
Noch ein Beispiel für die Komplexität: Jemand entschließt sich, mit Aktien fürs Alter vorzusorgen. Da gilt es zunächst, die richtige Auswahl zu treffen und zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt einzusteigen. Schon damit dürften die meisten Anleger überfordert sein. Also entscheiden sie sich für einen Sparplan auf Basis eines Aktienfonds. Dieser sollte mindestens die vier folgenden Voraussetzungen erfüllen: hohes Volumen, sodass keine Gefahr besteht, dass er mangels Größe aus dem Verkehr gezogen wird; fähiger Fondsmanager mit nachweisbarer Leistung; niedrige Kosten und internationale Ausrichtung. Auch das dürfte unseren Anleger überfordern.
Folglich entschließt er sich, drei ETF mit unterschiedlichen Anlageschwerpunkten zu kaufen, in diesem Fall Aktienindexfonds (ETF steht für Exchange Traded Fund, also börsengehandelter Fonds). Drei, um international ausgerichtet zu sein. Rückt dann das Alter immer näher, gilt es, zur richtigen Zeit den Absprung zu schaffen, um nicht von schwankenden Aktienkursen abhängig zu sein, und den Erlös in ruhigere Anlagen zu investieren.
Ich habe leider noch niemanden kennengelernt, der so systematisch vorgegangen wäre. Wahrscheinlich werde ich ihm oder ihr nie begegnen. Denn Altersvorsorge in Zeiten wie diesen ist schwieriger zu bewerkstelligen, als eine Doktorarbeit zu schreiben - wegen extrem lockerer Geldpolitik, himmelwärts gerichteter Aktienkurse und zum Teil auch Immobilienpreise, wegen des abgewerteten Euros, eines zumindest temporär nach unten manipulierten Goldpreises und wegen der für die kommenden Jahre zu erwartenden finanziellen Repression, also Entschuldung von Staaten und sonstigen Schuldnern durch eine bewusst erzeugte Inflation.
So viel sollte nach den hier angestellten Überlegungen klar sein: Das Ziel Altersvorsorge ist eine einzige intellektuelle Herausforderung. Das heißt, ohne viel Nachdenken, Planen und vor allem auch Handeln rückt es in weite Ferne. Es lässt sich weder durch staatliche Vorschriften noch durch kollektive Sparformen (Lebensversicherungen, Riester-Rente u.a.) erreichen, sondern muss von den ganz persönlichen Gegebenheiten ausgehen: Alter, Familienstand, Einnahmen und Ausgaben, Ersparnisse, Kredite, Steuern, Versicherungen und nicht zuletzt auch Zeitbudget für die Beschäftigung mit der Geldanlage.
Der Reiz, schon im jungen Alter - sagen wir, zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr - freiwillig für später vorzusorgen, dürfte allgemein relativ gering sein. Dabei ist der Faktor Zeit eine ganz entscheidende Größe, wenn es darum geht, im Alter über genügend Ersparnisse zu verfügen.
Der Reiz kann allerdings geweckt werden, wenn man verschiedene Anlageklassen in die frühe Phase der Altersvorsorge integriert: Aktien, wenn sie denn mal wieder kräftig gefallen sein sollten (also nicht gerade jetzt), Gold und Silber als Schutzwall gegen das Papiergeldsystem, eine selbst genutzte Immobilie (aber nur, falls sie nicht zum Klumpenrisiko zu werden droht) und Geld auf dem Konto oder - als Geldersatz - in Bundesanleihen mit maximal zwei Jahren Restlaufzeit, ergänzt um inflationsgeschützte Bundesanleihen mit etwas längeren Laufzeiten.
Warum es für die meisten Bundesbürger sinnvoll ist, auf diese Weise vorzusorgen, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sie auch in Zukunft überwiegend auf die gesetzliche Rente angewiesen sein werden. Nehmen wir uns die deshalb noch kurz vor, damit klar wird, dass sie auf keinen Fall ausreichen wird, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Ihr Grundstock in Form von Rücklagen hat im vergangenen Jahr den Spitzenwert von rund 35 Milliarden Euro erreicht, vor allem der hohen Beschäftigtenzahl sei Dank.
Doch bei gleichbleibender Entwicklung ist schon in vier Jahren damit zu rechnen, dass der Grundstock aufgezehrt sein wird. Wie das? Ganz einfach: wegen des zuletzt gesenkten Rentenbeitrags, wegen der Rente mit 63, wegen der Mütterrente und weil die Zahl der Beschäftigten im Verhältnis zur Zahl der Rentner immer mehr abnimmt, was man im Fachjargon als demografische Entwicklung bezeichnet.
Axel Reimann, Präsident der Deutschen Rentenversicherung, hat neulich vorgerechnet, dass die Rente mit 63 zu einer Belastung von 2 bis 3 Milliarden Euro jährlich führt, die Mütterrente sogar zu 6,5 Milliarden Euro jährlich. Daraus schließt er, dass die bisher recht ordentliche jährliche Anpassung der Renten nach oben demnächst bescheidener ausfallen wird. Von daher gesehen wächst der Zwang, wie beschrieben individuell vorzusorgen.
Dies umso mehr, als die beiden Wahlgeschenke der jetzigen Bundesregierung, die Rente mit 63 und die Mütterrente, die Rentenversicherung von nun an sogar noch mehr auszuhöhlen drohen als ursprünglich gedacht. Sorgen Sie also wie von mir empfohlen zusätzlich vor. Das ist zwar unkonventionell, aber in der Mischung und bei geschicktem Timing als Ergänzung zur gesetzlichen Rente auf Dauer mit Sicherheit erfolgreicher als jegliche kollektive Sparform.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".
Fest steht, dass die gesetzliche Rente für immer mehr Menschen nicht ausreichen wird, dass bei Betriebsrenten ebenso wie bei Bezügen aus Kapitallebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen wegen des extrem niedrigen Zinsniveaus mit Abstrichen gerechnet werden muss, dass Mieteinnahmen nur einem überschaubaren Personenreis zur Verfügung stehen und dass sonstige Altersbezüge eher ein Schattendasein führen, seien es staatlich geförderte Riester- oder Rürup-Renten, seien es durch Eigeninitiative zustande kommende Einkünfte aus Zinsen und Dividenden.
Die Komplexität offenbart sich an verschiedenen Stellen. Nehmen wir nur mal die Mieteinnahmen. Sie dienen einer Minderheit der Bevölkerung als zweites Einkommen. So weit, so klar. Doch viele Mietshäuser sind kreditfinanziert. Das mag wegen der niedrigen Zinsen zwar opportun erscheinen, nagt aber, den Steuervorteilen zum Trotz, an der Rendite.
Der zweite Nager sind die Verwaltungskosten, der dritte die Reparaturen, sofern sie nicht auf Mieter abgewälzt werden können. Zu ihnen gesellen sich im Lauf der Jahre umfangreiche Sanierungen. Einen Teil davon fördert der Staat, weil er will, dass saniert wird. Doch er schlägt auch mit der Mietpreisbremse zu; das schmälert die Rendite der Vermieter zusätzlich. Das Ende kann man sich leicht vorstellen: Vermieter haben keine Lust mehr, ihr Geld in Mietshäuser zu investieren, zumal immer weniger Mieter sich die wegen der Sanierungsmaßnahmen gestiegenen Mieten leisten können.
Noch ein Beispiel für die Komplexität: Jemand entschließt sich, mit Aktien fürs Alter vorzusorgen. Da gilt es zunächst, die richtige Auswahl zu treffen und zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt einzusteigen. Schon damit dürften die meisten Anleger überfordert sein. Also entscheiden sie sich für einen Sparplan auf Basis eines Aktienfonds. Dieser sollte mindestens die vier folgenden Voraussetzungen erfüllen: hohes Volumen, sodass keine Gefahr besteht, dass er mangels Größe aus dem Verkehr gezogen wird; fähiger Fondsmanager mit nachweisbarer Leistung; niedrige Kosten und internationale Ausrichtung. Auch das dürfte unseren Anleger überfordern.
Folglich entschließt er sich, drei ETF mit unterschiedlichen Anlageschwerpunkten zu kaufen, in diesem Fall Aktienindexfonds (ETF steht für Exchange Traded Fund, also börsengehandelter Fonds). Drei, um international ausgerichtet zu sein. Rückt dann das Alter immer näher, gilt es, zur richtigen Zeit den Absprung zu schaffen, um nicht von schwankenden Aktienkursen abhängig zu sein, und den Erlös in ruhigere Anlagen zu investieren.
Ich habe leider noch niemanden kennengelernt, der so systematisch vorgegangen wäre. Wahrscheinlich werde ich ihm oder ihr nie begegnen. Denn Altersvorsorge in Zeiten wie diesen ist schwieriger zu bewerkstelligen, als eine Doktorarbeit zu schreiben - wegen extrem lockerer Geldpolitik, himmelwärts gerichteter Aktienkurse und zum Teil auch Immobilienpreise, wegen des abgewerteten Euros, eines zumindest temporär nach unten manipulierten Goldpreises und wegen der für die kommenden Jahre zu erwartenden finanziellen Repression, also Entschuldung von Staaten und sonstigen Schuldnern durch eine bewusst erzeugte Inflation.
So viel sollte nach den hier angestellten Überlegungen klar sein: Das Ziel Altersvorsorge ist eine einzige intellektuelle Herausforderung. Das heißt, ohne viel Nachdenken, Planen und vor allem auch Handeln rückt es in weite Ferne. Es lässt sich weder durch staatliche Vorschriften noch durch kollektive Sparformen (Lebensversicherungen, Riester-Rente u.a.) erreichen, sondern muss von den ganz persönlichen Gegebenheiten ausgehen: Alter, Familienstand, Einnahmen und Ausgaben, Ersparnisse, Kredite, Steuern, Versicherungen und nicht zuletzt auch Zeitbudget für die Beschäftigung mit der Geldanlage.
Der Reiz, schon im jungen Alter - sagen wir, zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr - freiwillig für später vorzusorgen, dürfte allgemein relativ gering sein. Dabei ist der Faktor Zeit eine ganz entscheidende Größe, wenn es darum geht, im Alter über genügend Ersparnisse zu verfügen.
Der Reiz kann allerdings geweckt werden, wenn man verschiedene Anlageklassen in die frühe Phase der Altersvorsorge integriert: Aktien, wenn sie denn mal wieder kräftig gefallen sein sollten (also nicht gerade jetzt), Gold und Silber als Schutzwall gegen das Papiergeldsystem, eine selbst genutzte Immobilie (aber nur, falls sie nicht zum Klumpenrisiko zu werden droht) und Geld auf dem Konto oder - als Geldersatz - in Bundesanleihen mit maximal zwei Jahren Restlaufzeit, ergänzt um inflationsgeschützte Bundesanleihen mit etwas längeren Laufzeiten.
Warum es für die meisten Bundesbürger sinnvoll ist, auf diese Weise vorzusorgen, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sie auch in Zukunft überwiegend auf die gesetzliche Rente angewiesen sein werden. Nehmen wir uns die deshalb noch kurz vor, damit klar wird, dass sie auf keinen Fall ausreichen wird, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Ihr Grundstock in Form von Rücklagen hat im vergangenen Jahr den Spitzenwert von rund 35 Milliarden Euro erreicht, vor allem der hohen Beschäftigtenzahl sei Dank.
Doch bei gleichbleibender Entwicklung ist schon in vier Jahren damit zu rechnen, dass der Grundstock aufgezehrt sein wird. Wie das? Ganz einfach: wegen des zuletzt gesenkten Rentenbeitrags, wegen der Rente mit 63, wegen der Mütterrente und weil die Zahl der Beschäftigten im Verhältnis zur Zahl der Rentner immer mehr abnimmt, was man im Fachjargon als demografische Entwicklung bezeichnet.
Axel Reimann, Präsident der Deutschen Rentenversicherung, hat neulich vorgerechnet, dass die Rente mit 63 zu einer Belastung von 2 bis 3 Milliarden Euro jährlich führt, die Mütterrente sogar zu 6,5 Milliarden Euro jährlich. Daraus schließt er, dass die bisher recht ordentliche jährliche Anpassung der Renten nach oben demnächst bescheidener ausfallen wird. Von daher gesehen wächst der Zwang, wie beschrieben individuell vorzusorgen.
Dies umso mehr, als die beiden Wahlgeschenke der jetzigen Bundesregierung, die Rente mit 63 und die Mütterrente, die Rentenversicherung von nun an sogar noch mehr auszuhöhlen drohen als ursprünglich gedacht. Sorgen Sie also wie von mir empfohlen zusätzlich vor. Das ist zwar unkonventionell, aber in der Mischung und bei geschicktem Timing als Ergänzung zur gesetzlichen Rente auf Dauer mit Sicherheit erfolgreicher als jegliche kollektive Sparform.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".