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Sind Sie wirklich liquide und mit Gold eingedeckt?

22.03.2015  |  Manfred Gburek
Am vergangenen Donnerstag habe ich bei einer Konferenz des Deutschen Aktieninstituts zum Thema Unternehmensanleihen viele neue Erkenntnisse gewonnen und zum Teil auch schon auf meiner Internetseite gburek.eu veröffentlicht. Hier will ich nun noch konkreter auf ein Phänomen eingehen, das für Anleger demnächst eine zentrale Rolle spielen wird: Liquidität. Einer der Referenten gab am Donnerstag das folgende Zitat eines anderen zum Besten: "Liquidität lässt sich schwer definieren; sie ist ein Gefühl, das Börsenhändler haben." Dann legte er konkret in Bezug auf Anleihen nach, was Liquidität umfasst: Die Möglichkeit, zu kaufen oder zu verkaufen, das möglichst sofort und ohne Markteinfluss zum fairen Wert.

Zum Kaufen und Verkaufen gehört ein funktionsfähiger Markt. Von dessen Breite hängst ab, ob der Handel sofort oder erst später zustande kommt. Das gilt auch im Hinblick auf den fairen Wert. Wir haben es also mit zwei entscheidenden Faktoren zu tun: Zeit und Wert. Sie spielen natürlich nicht allein für Anleihen eine wichtige Rolle, sondern auch für alle anderen Anlageformen, von Aktien und Immobilien bis zu Edelmetallen und Rohstoffen, von Fonds und kapitalgedeckten Versicherungen bis zu Antiquitäten und Gemälden.

Als ich Letztere neulich aus Anlass der Monet-Ausstellung im Frankfurter Museum Städel bewunderte, musste ich unwillkürlich daran denken, unter welchen Begleitumständen Monet und die anderen Impressionisten in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts ihre Bilder gemalt hatten: mit bescheidener Ausstattung und zum Teil in armen Verhältnissen lebend, während der kalten Jahreszeit frierend und zeitweise auf der Flucht vor dem Krieg. Heute würden ihre Gemälde bei jeder Auktion sagenhafte Preise erzielen, und das quasi aus dem Stand. Sie wären also zu einem hohen Wert sofort liquidierbar.

Diesem Extrem steht ein anderes gegenüber: die nicht liquidierbare Anleihe eines Mittelständlers, der gerade pleite gegangen ist - zum Leidwesen vieler Anleger, die in den vergangenen Jahren wie wild Mittelstandsanleihen gekauft haben. Zwischen beiden Extremen rangieren die anderen erwähnten Anlageformen. Wobei jede von ihnen unter dem Gesichtspunkt der Liquidität ganz spezifisch zu beurteilen ist. Gehen wir deshalb die vier wichtigsten von ihnen durch:

Beginnen wir mit Gold. Es ist die internationale Liquidität schlechthin, was ja am besten daraus hervorgeht, dass es von fast allen Zentralbanken als Schatz gehütet wird. Aber versuchen Sie mal, im Geschäft mit Goldmünzen zu bezahlen - die Verkäuferin wird Sie wahrscheinlich erstaunt ansehen und Sie mit dem Gold nach Hause schicken. Bei pro aurum, Degussa und anderen renommierten Goldhändlern haben Sie dann mehr Glück. Seiner ganzen Liquiditätsfunktion wird Gold in Inflationszeiten gerecht. Sein Wert, mittels einer inflationierten Währung gemessen, kann dann ohne allzu große Zeitverzögerung nahezu ins Unendliche steigen.

Regierungen dürften allerdings etwas dagegen haben und Gold zu konfiszieren versuchen, wie die USA zu Beginn der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts. In diesem Fall kann Gold praktisch illiquide werden. Ich denke da an die amerikanischen Goldhorter, die über vier Jahrzehnte warten und ihr Gold versteckt halten mussten, bis ihnen dessen Besitz wieder erlaubt war. Vermutlich sind die meisten von ihnen bereits vorher gestorben.

Neben Gold gelten vor allem auch Immobilien als Sachwerte. Sie treten in vielfältiger Form auf: als selbst genutzte Häuser oder Wohnungen, als vermietete Objekte, offene und geschlossene Immobilienfonds, Immobilienaktien und deren Spezialform Reits. Entsprechend unterschiedlich verhält es sich mit der Liquidität. Selbst genutzte Immobilien sind im Prinzip Liebhaberobjekte. Sollen sie einen Käufer finden, muss es sich wieder um einen Liebhaber handeln. Das kann dauern.

Und sobald der Aufwärtszyklus am Immobilienmarkt ins Gegenteil umschlägt, dauert es noch länger. Diese Aussagen gelten auch für vermietete Wohnhäuser. Das andere Extrem sind Immobilienaktien wie Deutsche Annington oder Deutsche Wohnen. Sie lassen sich sogar in größerer Zahl von heute auf morgen kaufen oder verkaufen.

Auch Aktien gelten bei vielen Anlegern als Sachwerte. Treffender ist, wenn man sie als Kombination aus Sach- und Ertragswert bezeichnet. Eine ihrer Besonderheiten sind schwankende Kurse. Das führt zur Frage, ob sie wirklich immer liquide sind. Als ihre Kurse zum Beispiel 2008, einem Horrorjahr für Börsianer, fast senkrecht abstürzten, mussten viele Anleger hohe Verluste in Kauf nehmen. Immerhin hatten sie auch die Möglichkeit, so lange zu warten, bis die Kurse zum nächsten Höhenflug ansetzten. Das war dann bekanntermaßen seit 2009 der Fall.

An diesem Beispiel zeigt sich besonders deutlich, welch wichtige Rolle die Zeit für den Wert spielt. Daraus kann man noch lernen, dass Aktien, obwohl fast immer liquidierbar, bei extrem niedrigen Kursen eigentlich illiquide sind. Denn kein privater Anleger, der seinen Verstand beisammen hat, dürfte sie ausgerechnet dann verkaufen. Anders dagegen institutionelle Anleger: Aktienfonds sind zu Verkäufen auch auf niedrigem Kursniveau gezwungen, falls Anleger sie mit der Liquidierung von Fondsanteilen zuschütten.

Wenden wir uns noch kurz den Geldwerten zu. Es handelt sich um eine heterogene Gruppe, bestehend vor allem aus Konten, Anleihen, Zertifikaten, Rentenfonds, Bausparverträgen und kapitalgedeckten Versicherungen. Von ihnen sind Konten per se liquide, Anleihen nur unter den eingangs genannten Einschränkungen. Am anderen Ende der Skala bewegen sich Bausparverträge und Versicherungen. Für Zertifikate gelten Einschränkungen; nur ein Bruchteil von ihnen ist wirklich liquide. Und was Rentenfonds betrifft: Da sie in Anleihen investieren, sind sie von ihnen abhängig, und obendrein können Anleger sie ähnlich wie im Fall der Aktienfonds mit Fondsanteilen zuschütten.

Das abschließende Fazit kann eigentlich nur in dem Rat bestehen, die wichtigsten Anlagen im Auge zu behalten, sie auf die persönlichen Ziele auszurichten, zu diversifizieren und soweit wie möglich antizyklisch vorzugehen. Was den zuletzt genannten Punkt betrifft: Machen Sie um die meisten Anleihen einen weiten Bogen, reizen Sie die Aktienkurse nicht bis zum Letzten aus, investieren Sie bestenfalls in eine Immobilie, um sie selbst zu nutzen, setzen Sie voll auf die Karte Gold, wie hier seit Monaten empfohlen, ergänzt um Silber und - für spekulativ orientierte Anleger - um Edelmetallaktien. Die Preisentwicklung vom Freitag macht Mut.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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