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Das Euro-Dilemma und fünf Antworten zur Goldpreis-Frage

29.03.2015  |  Manfred Gburek
Nachdem sich der Goldpreis gefangen hat und die Ursachenforschung wieder breiteren Raum einzunehmen beginnt, möchte ich Sie heute auf besonders raffinierte, mittelbar auch den Goldpreis beeinflussende Varianten der finanziellen Repression aufmerksam machen. Dieser Begriff steht bekanntlich, aus Sicht der Sparer betrachtet, für ihre Ausbeutung durch Inflation: Staaten (und andere Schuldner) zahlen Schulden mit Geld zurück, das aufgrund der Inflation weniger wert ist. Dazu gehören also hohe Schulden - sie sind zweifellos vorhanden - und Geldentwertung, die scheinbar nicht oder noch nicht vorhanden ist.

Scheinbar, weil die sehr expansive Geldpolitik der Notenbanken, wie Fed in den USA, EZB und Bank of England in Europa, Bank of Japan usw. tatsächlich längst zur Inflation geführt hat. Nur dass es sich um die sogenannte Asset Inflation handelt, die Aufblähung der Immobilienpreise, der Aktien- und Anleihenkurse. Nebeneffekt: Von da kann sie sich leicht bis zu den Preisen von Gütern und Dienstleistungen ausbreiten.

Hinzu kommt, dass die extrem niedrigen Zinsen gleichermaßen beide Varianten der Inflation begünstigen und darüber hinaus immer mehr Anleger zur Spekulation anregen. Man braucht sich im Übrigen nur vorzustellen, wie viele Anschaffungen an Möbeln, Badezimmer- und Kücheneinrichtungen der Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses nach sich zieht. Der preisdämpfende Effekt der Globalisierung ist bei diesen Artikeln ebenso wie bei den meisten Elektrogeräten längst verpufft. Nicht zu vergessen die vielen Handwerksbetriebe, die es sich im Zuge des Baubooms erlauben können, höhere Rechnungen auszustellen.

Die größte Gefahr für die Preisstabilität im Euroraum wird in den nächsten Jahren von einer Fehlkonstruktion des Eurosystems ausgehen, über deren fatale Wirkung überwiegend erst in Insiderzirkeln diskutiert wird. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bezeichnete sie neulich treffend als "regulatorische Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen". Das bedeutet: Banken brauchen für Anlagen in Staatsanleihen, die seltsamerweise als risikolos gelten, kein Eigenkapital vorzuhalten. Sie können also massenweise Staatsanleihen kaufen - und tun es auch. Der Clou: Griechische und italienische Banken sind mittlerweile so gut wie vollständig mit griechischen bzw. italienischen Staatsanleihen eingedeckt.

Auf diese Weise entwickelt sich das Eurosystem zum Hauptgläubiger der Euroländer. Dadurch verschwimmen die Grenzen zwischen Geld- und Fiskalpolitik. Am Ende kehrt überall der Schlendrian ein: Banken blasen ihre Bilanzen mit Staatsanleihen auf, Staaten schieben notwendige Reformen vor sich her - es geht ja auch ohne, meinen sie. Und damit es nicht zum Anleihencrash kommt, hält die EZB die Zinsen künstlich unten. Das löst die nächste Welle der Asset Inflation aus, also eine Welle der Spekulation mit Immobilien und Aktien. Anleihen sind dann nicht mehr so sehr gefragt, denn immer mehr von ihnen werfen Minuszinsen ab - welch ein Irrsinn! Aber leider die pure Realität.

Warum setzen die Staaten diesem Treiben nur wenig bis gar nichts entgegen? Weil sie von ihm profitieren. Über die finanzielle Repression, das habe ich anfangs bereits erwähnt. Aber auch auf andere Weise: Durch die niedrigen Zinsen wird deren Anteil an den Staatsausgaben Jahr für Jahr sinken. Und was unternimmt dann der Finanzminister eines hoch verschulden südeuropäischen Landes, der sich für besonders clever hält? Er kompensiert den wegen der sinkenden Zinsen zustande kommenden Ausgabenrückgang mit noch mehr Schulden.

Spätestens jetzt werden Sie sich fragen: Warum profitiert nicht auch der Goldpreis schon längst von der Asset Inflation? Sie werden staunen, aber die Frage lässt sich gleich fünffach beantworten: Erstens, weil Gold keine Zinsen abwirft. Zweitens, weil die Inflationsraten in den westlichen Industrieländern nicht hoch genug bzw. sogar negativ sind, sodass die realen Zinsen (nominale Zinsen abzüglich Inflation) von Anleihen im Vergleich zu den Nullzinsen von Gold für die Masse der Anleger gerade noch so erträglich erscheinen.

Drittens, weil die Goldproduktion hoch verschuldeter Minen, die sich entschulden wollen oder müssen, in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist und auf den Preis gedrückt hat. Viertens, weil viele Anleger wegen der mehrmaligen Ankündigung eines möglichen Zinsanstiegs durch die amerikanische Notenbank Fed Gefahr für den Goldpreis wittern. Und fünftens, weil der Goldpreis wegen seiner Rolle als Indikator für hohe Überschuldung, marode Staatsfinanzen und ein zerrüttetes Währungssystem von interessierter Seite (Noten- und Geschäftsbanken) bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach unten manipuliert wird.

Das alles sollte für Anleger indes kein Grund sein, gleich einen Schrecken zu bekommen, denn die fünf Begründungen lassen sich locker wie folgt kommentieren: Gold braucht sich nicht zu verzinsen. Denn spätestens sobald die noch vorhandenen mickrigen Zinsen um Null oder sogar darunter durch mehr Inflation (von den Notenbanken gewollt!) angefressen werden, dürften Anleger massiv in das zinslose Gold als Rettung vor noch mehr Inflation flüchten. Die Entschuldung der Minen durch Goldverkäufe ist zwar ernst zu nehmen, aber solange die Goldnachfrage - vor allem aus Asien - das zusätzliche Angebot aufnimmt, hält sich der Preisdruck im Rahmen.

Die halbherzigen Ankündigungen höherer Zinsen durch die Fed sind ein Witz, denn die amerikanische Konjunktur läuft alles andere als rund, und dazu passt nun mal kein Zinsanstieg. Die Manipulation des Goldpreises schließlich ist ein Terminmarkt-Auslaufmodell, das über kurz oder lang durch die an den physischen Märkten vorherrschenden Kräfte kompensiert wird. Gold wird seine Funktion als Indikator der Schuldenwirtschaft und ihrer Auswüchse noch in diesem Jahr ausüben.

Stellen Sie sich den Kampf zwischen den Bullen (Optimisten) und Bären (Pessimisten) am Goldmarkt so vor: Die Bullen haben die besseren und vor allem nachhaltigeren Argumente auf ihrer Seite. Dagegen argumentieren die Bären überwiegend mit Firlefanz. Werden Sie nicht ungeduldig, wenn die Bären wieder mal zugeschlagen haben, denn die Zeit spricht für die Bullen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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