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Geld und Gold, Aktien und Konjunktur: Wie funktioniert das?

12.04.2015  |  Manfred Gburek
Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), ist angeschlagen; ihre Aussagen und Warnungen rufen immer mehr Kritiker auf den Plan. Also schießt sie mit Kritik zurück: Von hoch in Dollar verschuldeten Schwellenländern drohe wegen der Stärke der US-Währung Gefahr, bedingt durch die zu erwartende amerikanische Zinserhöhung. Für diese sei Janet Yellen verantwortlich, Chefin der US-Notenbank Fed.

So viel Unsinn auf einmal habe ich selten vernommen. Denn erstens sind die Wachstumsraten vieler Schwellenländer unter Führung von China immer noch so beachtlich, dass viele westliche Industrieländer sich dahinter verstecken können. Der Schuldendienst ist folglich für die meisten von ihnen zu stemmen, selbst wenn der Dollar stark bliebe. Zweitens sind die USA ganz und gar nicht daran interessiert, den Dollar viel stärker werden zu lassen. Und drittens entspringt das Geschwätz über die angeblich zu erwartende amerikanische Zinserhöhung den Spielern an der Wall Street, die sich einen Spaß daraus machen, immer wieder neue Gerüchte in die Welt zu setzen, um von dem durch sie hervorgerufenen Hin und Her an den Märkten zu profitieren.

Die ganze Episode um IWF und Fed, Dollar-Stärke und Zinserhöhungs-Gerüchte ist Teil einer spannenden Geschichte, die sich aus Anlegersicht auf zwei Fragen konzentriert: Was treibt den Dollar wirklich nach oben? Und steigen die Aktienkurse vor allem deshalb, weil ein Konjunkturaufschwung zu erwarten ist, oder steigen sie wegen der expansiven Geldpolitik der führenden Notenbanken? Die zweite Frage umfasst auch Themen wie Inflationserwartungen, Papiergeld-Entwertung und Gold.

Die erste Frage ist recht einfach zu beantworten: Ein Großteil der Dollar-Stärke resultiert eigentlich aus der engen Wahrnehmung durch uns, die wir einseitig auf das Verhältnis der US-Währung zum schwachen Euro achten. In Wahrheit wird nicht der Dollar nach oben getrieben, sondern der Euro nach unten. Das liegt daran, dass die extrem expansive Geldpolitik der EZB der bis ins Jahr 2014 ebenso expansiven Geldpolitik der Fed erst mit einem beachtlichen zeitlichen Abstand gefolgt ist. Es verbietet sich von selbst, diese Entwicklung in die Zukunft fortzuschreiben, und erst recht, die Ursache für die Dollar-Stärke immer wieder in der Erwartung steigender US-Zinsen zu suchen.

Die zweite Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Versuchen wir es trotzdem. Die Konjunktur ist in vielen Ländern flau. Im Euroraum ist sie gespalten, was sich besonders beim Vergleich Deutschland/Frankreich zeigt. In den USA ist sie angeblich gut, doch bei näherem Hinsehen entdeckt man immer mehr Anzeichen von Schwäche. China hat sich der Expansion verschrieben, auch wenn zweistellige Wachstumsraten der Vergangenheit angehören. Ansonsten zeigt sich ein gemischtes Bild. Aus all dem geht hervor, dass die Aktienkurse weniger von positiven Konjunkturaussichten als von expansiver Geldpolitik nach oben getrieben werden.

Expansiv, da drängt sich die Frage auf: Wie lange noch? Und: Was geschieht, wenn die Schwemme des sogenannten Papiergeldes, also des Geldes aus dem Nichts, auf dem Umweg über die Asset Inflation (Aufblähung der Anleihen- und Aktienkurse sowie der Immobilienpreise) allgemeine Inflationserwartungen und schließlich die Inflation der Preise von Gütern des täglichen Bedarfs nach sich zieht? Dazu sei nochmals daran erinnert, dass Fed und EZB 2 bzw. etwas unter 2 Prozent Inflation anstreben, und wieder darauf hingewiesen, dass daraus dann schnell 3 und mehr Prozent werden können.

Primär von der Geldpolitik getriebene Aktienkurse ohne adäquate Entwicklung der Konjunktur, vereinbart sich das überhaupt? Temporär ja, nachhaltig dagegen überhaupt nicht. Obwohl Vergleiche mit der Vergangenheit immer ein wenig hinken, erinnere ich hier doch an die frühen 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts, als man sich an der Wall Street ähnlich verhielt wie heute und kaum Gedanken an einen möglichen Konjunktureinbruch aufkommen ließ - bis dieser 1974, auch ausgelöst durch die erste Ölkrise, umso gewaltiger kam und die Aktienkurse total einknicken ließ.

Dieses Mal muss es nicht unbedingt so schlimm kommen, man hat ja eine Eingreiftruppe mit dem Spitznamen Plunge Protection Team. Doch die eine oder andere Börsenreaktion ist schon bedenklich. Denken Sie nur an die Kommentare der Mainstream-Medien, wenn die amerikanischen Aktienkurse an einem Tag gestiegen sind: Prompt heißt es dann, das sei auf die enttäuschende Entwicklung dieses oder jenes Konjunkturindikators zurückzuführen (von denen es in den USA unzählige gibt), und deshalb werde Fed-Chefin Janet Yellen die Zinsen niedrig halten.

Bereits am nächsten Tag kann sich diese Art der Volksverdummung unter umgekehrten Vorzeichen wiederholen: Die Aktienkurse seien gefallen, weil der Einkaufsmanager-Index (einer der wichtigeren Indikatoren) überraschend eine psychologisch wichtige Marke übersprungen habe. Das spreche dafür, dass Super-Janet mit der Zinserhöhung bald Ernst mache. Und so weiter.

Denkbar und gar nicht so unwahrscheinlich ist, dass die Entwicklung am Ende auf eine Stagflation oder sogar Rezflation hinausläuft. Im ersten Fall handelt es sich um eine Inflation bei stagnierender, im zweiten Fall bei rezessiver bzw. rückläufiger Konjunktur. In den 70er Jahren war es jedenfalls so. Damals flüchteten Anleger scharenweise ins Gold, und allein schon deshalb liegt es nahe, einen Blick zurück zu werfen.

Der Goldpreis war auf seinem Gipfel Anfang 1980 nicht weniger als 24-mal so hoch wie zum Ausgangspunkt Anfang 1970. Allerdings mit einer großen Unterbrechung 1975/76, als er sich fast halbierte, bevor er wieder in Schwung kam. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie zum Ende der 70er Jahre einige Jünger von Paul C. Martin, der mit seinem Buch "Gold schlägt Geld" für Furore gesorgt hatte, Düsseldorfer Edellokale bevölkerten und den Champagner in Strömen fließen ließen. Heute sorgen eher Aktienspekulanten für Champagnerlaune.

Ist nicht denkbar, dass es sich bei der seit Herbst 2011 anhaltenden, unter Schwankungen abwärts gerichteten Entwicklung des Goldpreises wieder nur um eine Unterbrechung des Aufwärtstrends handelt? Die Papiergeldschwemme spricht dafür. Und es ist ja nicht gerade sinnvoll, Geld auf dem Konto liegen zu lassen, während Banken überall Null- und Negativzinsen anstreben. Dann doch lieber Geld in Gold anlegen. Allein schon dessen erfreuliche jüngste Aufwärtsbewegung in Euro spricht Bände - für Gold.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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