Europa: Deutsche Tugenden vs. Griechische Laster, vom Null zu Negativ, Überschuss- und Defizitländer, Euro-Goldstandard? (Teil 1/2)
22.04.2015 | Michael Shedlock
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Südeuropäische Länder generierten seit dem Euroeintritt 1999 andauernd Handelsbilanzdefizite, und teils sehr große. Ein Handelsbilanzdefizit zu haben bedeutet, dass ein Land insgesamt mehr ausgibt als es einnimmt. Die zusätzlichen Ausgaben wurden durch Kreditaufnahme aus dem Ausland finanziert. Diese Kredite stammen wiederum aus einem Land mit Handelsbilanzüberschüssen - wie z.B. Deutschland. Seitdem das Wechselkursrisiko zwischen den Euro-Mitgliedsstaaten mit der Einführung der Einheitswährung beseitigt wurde, hat Deutschland einen erheblichen Teil seiner Ersparnisse in den europäischen Ländern mit Handelsbilanzdefiziten investiert. Ein Teil dieser Ersparnisse kehrt jetzt nach Hause zurück. Das ist Kapitalflucht.
An dieser Stelle kommt die EZB ins Spiel. Der Abzug von Ersparnissen ausländischer Investoren aus den Handelsbilanzdefizitländern ließ eine Leere entstehen, die die EZB füllte, indem sie ihren Banken mehr Geld lieh. Und die TAGET 2-Bilanzen spiegeln nun die Kreditflüsse im Euro-System zwischen den Zentralbanken wieder.
Hätte es vor der Euro-Einführung starke Kapitalflucht in Richtung Deutschland gegeben, hätte die Deutsche Mark gegenüber anderen europäischen Währungen aufgewertet. Trotz bestehender Kopplung an die Deutsche Mark, waren die Wechselkurse immerhin noch flexibel. Diese Flexibilität verschwand dann mit dem Euro.
Wenn es heute zur Kapitalflucht kommt, bleiben der Bundesbank unterm Strich Kredite an die anderen nationalen Zentralbanken, die sich in Form von TARGET 2-Forderungen innerhalb des Eurosystems niederschlagen."
TARGET 2 Ungleichgewichte
Mit freundlicher Genehmigung durch Euro Crisis Monitor.
Nach Stand vom 15. Januar 2015 sehen die TARGET 2-Zahlen wie folgt aus (in Mrd. Euro).
Die entscheidenden Eckzahlen aus TARGET 2
- Deutschland hat ein TAGET 2-Überschuss von 515 Mrd. €.
- Griechenland hat ein TARGET 2-Defizit von 76 Mrd. €.
- Spanien hat ein TARGET 2-Defizit von 192 Mrd. €.
- Italien hat ein TARGET 2-Defizit von 164 Mrd. €.
Die EZB behandelt all diese Überschüsse und Defizite, als wären sie das Gleiche und nicht weiter von Bedeutung. Natürlich sind sie nicht das Gleiche und in der Tat von Bedeutung.
Die Rolle von Gesinnungen
Es ist nicht ganz richtig, dass Gesinnungen überhaupt keine Rolle in diesem ganzen Chaos spielen würden.
Aufgrund eigener Erfahrungen mit Hyperinflation in den 1920 neigt Deutschland zu einer insgesamt recht unterschiedlichen Betrachtungsweise.
Frankreich, Griechenland, Spanien und andere Länder sind heute sozialistisch regiert. Griechenland hat historisch betrachtet schon eine Reihe von Schuldenausfällen hinter sich gebracht.
Solche Dinge komplett auszuklammern wäre falsch. Doch wer trägt nun die Verantwortung? Die Deutschen, die Griechen, die Spanier? Speece?
Die Antwort lautet: die Gründer der Eurozone und alle Mitglieder der Eurozone zusammen.
Griechenland log, um in die Eurozone zu kommen. Allerdings wussten alle Länder, dass Griechenland log. Falls sie es nicht wussten, so hätten sie es wissen müssen. Und wenn Deutschland wusste, dass Griechenland log, wer hat letztlich mehr Schuld?
Auch auf viel fundamentalerer Ebene wussten die Architekten der Eurozone sehr genau, dass es schwerwiegende Produktivitätsdifferenzen, Arbeitsrechtdifferenzen, Rentendifferenzen, etc pp. zwischen den Ländern gab. Die Gründer der Eurozone gingen fälschlicherweise davon aus, dass alle Länder gemeinsam an der Lösung dieser Probleme arbeiten würden.
Tja. Und jetzt sind Änderungen so gut wie unmöglich geworden, weil REGELÄNDERUNGEN DER ZUSTIMMUNG JEDES EINZELNEN EUROZONE-Mitglieds BEDÜRFEN. Je mehr Länder hinzukommen, desto schwerer wird auch die Änderung von Regelungen und Gesetzen.
Aktuell wird aber eine ganze Masse von Regeländerungen in den Bereichen Landwirtschaft, Arbeitsmärkte, Renten sowie buchstäblich Dutzenden anderen Bereichen dringendst benötigt. Und jedes Land kann Reformen blockieren.
Der Euro, ein Goldstandard?
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© Michael Shedlock
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Der Artikel wurde am 10.03.2015 auf www.globaleconomicanalysis.blogspot.de veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.