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Wann kehrt die Vernunft an den Ölmarkt zurück?

23.04.2015  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölpreis zeigt sich derzeit immun gegen "negative" Nachrichten. Nicht einmal ein erneuter massiver Anstieg der Rohölbestände in den USA auf einen neuen Rekordwert von mittlerweile 489 Mio. Barrel - ein Zuwachs von 106,6 Mio. Barrel bzw. 28% ggü. Jahresbeginn bzw. 91 Mio. Barrel und 23% ggü. Vorjahr - konnte den Ölpreisanstieg bremsen. Stattdessen hat der Markt offensichtlich "entschieden", sich auf den deutlichen Rückgang der Benzinbestände und eine nochmalige Reduktion der US-Produktion von gerade einmal 18 Tsd. Barrel täglich zu konzentrieren.

Der WTI-Ölpreis konnte nach dem DOE-Bericht sogar rund 1 USD je Barrel zulegen. Auch wenn die US-Ölproduktion in den kommenden Wochen etwas zurückgehen dürfte - schließlich wird sich eine Halbierung der Anzahl aktiver Ölbohrungen in den USA auch in einer niedrigeren Produktion zeigen - wird dieser Rückgang keinesfalls ausreichen, das bestehende Überangebot signifikant zu reduzieren. Dafür ist aus heutiger Sicht eine aktive Beteiligung der OPEC und eine freiwillige Produktionskürzung seitens des Kartells notwendig.

Das ist jedoch insbesondere im Hinblick auf die mögliche Rückkehr der iranischen Produktion in der zweiten Jahreshälfte unwahrscheinlich. Ein Konsens zwischen Saudi-Arabien, das aktuell das Zünglein an der (Öl-)Waage ist und den mittelfristigen Trend am Ölmarkt durch seine Preis- und Exportpolitik vorgibt, und seinem Erzfeind Iran scheint auch mit Blick auf die Ereignisse im Jemen sehr unwahrscheinlich.

Auch bleibt die Frage der Ölexporte Libyens, falls sich diese in den kommenden Monaten stabilisieren sollten. Gestern wurde der libysche Hafen Hariga wieder geöffnet, nachdem die Sicherheitskräfte ihren Streik beendet haben. Wir halten den jüngsten Preisanstieg für überzogen und sehen folglich eine hohe Korrekturgefahr.


Edelmetalle

Gold, Silber und Co. standen gestern Nachmittag deutlich unter Druck und verbilligten sich allesamt spürbar. So handelte Gold bei 1.185 USD je Feinunze, während Silber auf ein 5-Wochentief von 15,7 USD je Feinunze fiel. Wir führen die Preisrückgänge auf den US-Dollar zurück, der seine anfänglichen Verluste wieder wettmachte. Zudem ist die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen deutlich gestiegen, was die Opportunitätskosten der Goldhaltung erhöht. Nach dem Ende von "Akshaya Tritiya" dürfte auch die Goldnachfrage in Indien demnächst wieder etwas verhaltener ausfallen. Platin und Palladium gaben überproportional um jeweils 1,8% nach und verzeichneten auch mehrwöchige Tiefstände.

Gemäß Daten der Zollbehörde hat China im März lediglich 221 Tonnen Silber importiert, 3% weniger als im Vorjahr. Deutlich stärker fiel der Rückgang aus, wenn man das erste Quartal insgesamt betrachtet: Mit 632 Tonnen wurde 19% weniger Silber eingeführt als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Das erste Quartal 2015 stellte damit das schlechteste erste Quartal seit Beginn der Datenreihe im Jahr 2009 dar.

Der Silberpreis erhält somit aus China kaum noch Unterstützung. Auch seitens der Privatkunden ist die Nachfrage derzeit eher verhalten. Daten der US-Münzanstalt zufolge wurden im April bislang erst 1,9 Mio. Unzen Silbermünzen in den USA verkauft. Im gesamten Vorjahresmonat waren es fast doppelt so viele.


Industriemetalle

Wie von uns erwartet hat die International Nickel Study Group (INSG) gestern ihre Einschätzung der Lage am globalen Nickelmarkt revidiert. Sie erwartet nun für 2015 einen Angebotsüberschuss von rund 20 Tsd. Tonnen - den vierten Jahresüberschuss in Folge -, nachdem sie zuvor noch von einem Defizit in etwa derselben Größenordnung ausging.

Zwar soll die Produktion im Vergleich zum Vorjahr etwas niedriger ausfallen, die Nachfrage ist aber trotz eines erwarteten Anstiegs nicht stark genug, um den Markt ernsthaft anzuspannen. Wir erwarten zum Jahresende dennoch höhere Nickelpreise, da viele Produzenten auf dem aktuellen Preisniveau nicht mehr profitabel arbeiten können und entsprechend Kapazitäten stillgelegt werden dürften.

Der Eisenerzpreis ist gestern um fast 6% auf 54 USD je Tonne nach oben gesprungen, nachdem BHP Billiton offenbar wegen der niedrigen Preise Ausbaupläne im australischen Port Hedland zurückgestellt hat. Letztendlich handelt es sich hierbei aber nur um die Verschiebung einer Produktionsausweitung um 20 Mio. Tonnen, die in einem seewärtig gehandelten Markt von rund 1,3 Mrd. Tonnen ohnehin nur ein Tropfen auf dem heißen Stein wäre.

Dennoch scheint sie Signalwirkung zu haben, da BHP Billiton der weltweit drittgrößte Eisenerzproduzent ist und sich durch sehr niedrige Produktionskosten auszeichnet. In Anbetracht des derzeitigen Überangebots ist es unseres Erachtens aber fraglich, ob der Eisenerzpreis dadurch nachhaltig unterstützt wird.

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Agrarrohstoffe

Der Maispreis ist gestern auf ein 2-Wochentief von 376 US-Cents je Scheffel gefallen. Sojabohnen verbilligten sich bis auf 966 US-Cents je Scheffel, das niedrigste Niveau in dieser Woche. Beide Preise reagierten damit auf die Angst einer Ausbreitung der Vogelgrippe in den USA, welcher einen Einbruch der Futtermittelnachfrage bedeuten könnte, da Mais und Sojabohnen häufig als Bestandteil für Geflügelfutter verwendet werden. Der Preis für Magerschwein hat dagegen kurzzeitig angezogen, weil statt Geflügel mehr Schweinefleisch nachgefragt werden könnte.

Die Kakaoproduktion in Nigeria könnte in den nächsten Jahren deutlich steigen. Laut dem nigerianischen Agrarminister Adesina plant das westafrikanische Land, die Jahresproduktion bis 2020 auf über 1 Mio. Tonnen zu erhöhen. Nigeria ist der weltweit viertgrößte Produzent für Kakao. Nach dem Ölfund in den 50er Jahren wurde die Kakaoindustrie jedoch lange Zeit vernachlässigt, so dass die Produktion gemäß Daten der Internationalen Kakaoorganisation ICCO zuletzt lediglich 235 Tsd. Tonnen pro Jahr betrug.

Angesichts des derzeit niedrigen Ölpreises muss Nigeria Adesina zufolge die Wirtschaft stärker diversifizieren. Wir erachten das ausgerufene langfristige Produktionsziel als zu ambitioniert. Ghana wollte seine Produktion langfristig ebenfalls auf mehr als 1 Mio. Tonnen steigern und sogar der Elfenbeinküste als größten Produzenten Konkurrenz machen, was bislang aber nur einmal kurzzeitig gelungen ist.



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