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Interview mit Eugen Weinberg: "Knappheit am Silbermarkt sehr gut möglich"

06.04.2006  |  Dr. Volkmar Riemenschneider
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V.R.: Sie arbeiten bekanntlich für einen großen Emittenten von Rohstoffderivaten. Können Sie ca. einschätzen wie groß das Anlagevolumen in Rohstoffzertifikaten in Deutschland ist? Absolut in Euro bzw. in Prozent des gesamten veranlagten Vermögens bzw. wie schnell dieser Markt aktuell wächst? Ist bereits eine Sättigung zu erkennen oder hält die Dynamik weiterhin an?

E.W: Nicht alle Emittenten veröffentlichen diese Daten. Es kommt auch darauf an was man unter Rohstoffzertifikaten- bzw. Derivaten versteht. Allein über ABN Amro sollte einige Milliarden in diesen Markt investiert sein, wobei hierzu auch indexbasierte Strategien zählen, also beispielsweise auf den Rogers Commodity Index. Das Interesse und die Nachfrage seitens der Investoren wachsen weiterhin massiv. Ein guter Indikator für das Interesse seitens der Investoren ist beispielsweise die vor kurzem stattgefundene Rohstoffkonferenz von Goldman Sachs in Frankfurt. So musste diese vor zwei Jahren auf Grund mangelnden Interesses abgesagt werden.

Im vergangenen Jahr musste man bereits auf einen größeren Saal ausweichen, als man für das Jahr zuvor angenommen hatte, weil das Interesse mit 150 Besucher größer war als angenommen. In diesem Jahr musste man schließlich den größeren verfügbaren Kongresssaal in Frankfurt anmieten, um Platz für über 350 institutionelle Investoren zu bieten. Für mich steht klar fest, dass das Interesse seitens der privaten und institutionellen Investoren nach wie vor stark im Wachsen begriffen ist und das die Hausse und die Nachfragesteigerung in diesem Jahr noch nicht zu Ende gehen sollte. Vor allem derjenigen am Zertifikate- und Derivatemarkt, schließlich sind Rohstoffzertifikate und -derivate die effizienteste Form am Rohstoffmarkt zu partizipieren.


V.R.: Nun zur Geopolitik. Wie beurteilen Sie die Spekulationen und Gerüchte über die Entstehung der Internationalen Erdölbörse im Iran? Wird diese wirklich eröffnet werden bzw. wird sie auch für die europäischen und russischen Unternehmen genutzt werden? Welche Auswirkungen könnte diese auf den Wechselkurs des US-Dollar bzw. auf den globalen Ölhandel haben?

E.W: Hier schließe ich mich doch eher der Meinung der Skeptiker an. Mir ist bis dato nicht bewusst, dass die Iraner über Technologien verfügen welche die Einführung und den Handel ermöglichen, weil du das Embargo die Einfuhr von hochtechnologischen Geräten verboten war. Außerdem glaube ich auch nicht, dass sie genügend Spezialisten dafür haben und ich denke auch nicht, dass das Volumen, das dort gehandelt würde ausschlaggebend sein würde. Ich schätze nicht, dass die Folgen dieser Entwicklung gravierend ausfallen werden, außerdem wurde der Start dieser Börse zum wiederholten mal verschoben.


V.R.: Was würde bei einem Angriff der USA auf den Iran passieren? Würde dies zu einem Ölpreisanstieg führen, oder ist dies bereits in den Kursen eingepreist? Welche anderen Auswirkungen könnten kriegerische Handlungen im Nahen Osten auf die Rohstoffpreise haben?

E.W: Die OPEC-Staaten, unter anderem auch die produzierenden Länder des Mittleren Ostens, stellen aktuelle etwa 40% des verfügbaren Öls. Allein der Iran ist für 5% des Angebots verantwortlich. Ich würde nicht auf einen Angriff der USA spekulieren, jedoch glaube ich, dass wenn dieser tatsächlich kommen würde, die Reaktion ganz klar positiv für den Ölpreis wäre, weil man doch mit einer kurzfristigen Verknappung am Ölmarkt rechnet. Das ein Angriff bereits eingepreist ist bezweifle ich. Allerdings ist durchaus ein spekulativer Aufschlag am Ölpreis vorhanden, weil es ja doch als latente Gefahr über dem Ölpreis schwebt. Wie wir wissen beschäftigt sich nun auch der Sicherheitsrat mit diesem Problem, zu welchem Schluss dieser kommend wird kann man aktuell auch nicht wirklich abschätzen. Deshalb gehe ich davon aus, dass 10 bis 15 US-Dollar Spekulationsprämie für diesen Fall bereits eingepreist ist.


V.R.: Auf Grund des andauern hohen Ölpreises rückt die Produktion alternativer Treibstoffe wieder vermehrt in den Mittelpunkt. Vor allem Zucker konnte von dieser Bewegung stark profitieren. Wie beurteilen Sie die Ethanol-Story? Welcher Agrarrohstoff ist hier am interessantesten? Gibt es bereits die Möglichkeit Ethanol als Privatanleger zu handeln?

E.W: Ethanol aus Zucker als Treibstoff ist glaube ich eine der interessantesten Geschichten für die Zukunft. In Brasilien, dem größten Zuckhersteller der Welt, wird bereits über 55% der Jahresproduktion für die Ethanolproduktion verwendet. Bei den Neuzulassungen beträgt der Anteil der so genannten "Flexi-Fuelers", also den Autos mit Hybridmotor, die entweder mit Ethanol oder Superbenzin betrieben werden können, bereits 80%. Schweden hat angekündigt, dass bis zum Jahr 2020 alle Autos im Land auf Hybridmotoren umgestellt werden. Auch andere Länder wie die USA, Japan oder Thailand streben in die ähnliche Richtung. Ich glaube, dass viele Länder ihre Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern, wenn nicht vollständig abschaffen so doch deutlich reduzieren möchten.

Die Produktion von Ethanol, kann angesichts der niedrigen Besteuerung tatsächlich hochprofitabel betrieben werden. Außerdem ist der Schadstoffausstoß von Ethanol um bis zu 95% geringer als von vergleichbarem Superbenzin. Das sollte dazu führen, dass viele Staaten angesichts der Einhaltung der CO-Normen diese Initiativen fördern werden. Der Rohstoff, der natürlich am meisten davon profitiert, ist Zucker. Die Verdopplung des Preises von 8 US-Cents auf etwa 16 US-Cents, welche wir im letzten Jahr gesehen haben, ist noch nicht das Ende. Auch weil historisch betrachtet der Zuckerpreis in den 1970er Jahren bei über 40 US-Cents gehandelt wurde. Wenn es nun tatsächlich zu einer Neubewertung käme, welche die Eigenschaft als Kraftstoff in den Vordergrund stellen würden, dann kann ich mir durchaus höhere Preise vorstellen. Des Weiteren befindet sich dieser Rohstoff in Backwardation, was für Investoren natürlich sehr wichtig ist, weil sie über die Spoterträge hinaus auch noch die so genannten Rollerträge generieren.

Hier liegt jedoch das Problem der anderen Agrarrohstoffe, für die ich auch sehr positiv eingestellt bin, denn hier befinden sich die meisten in Contango. Die Terminkurse liegen also über den Spotkursen, was die Produkte auf diese Rohstoffe für Investoren unattraktiv macht. Zu den weiteren Rohstoffe, die von dieser Verwendung als Kraftstoff profitieren sollten gehört sicher Mais, da hier bereits 20% der Jahresproduktion der USA, dem größten Maishersteller der Welt, für die Ethanolproduktion verwendet werden. Es sollten aber auch Sojabohnen und andere Agrarrohstoffe davon profitieren.


V.R.: Was würde eine Rezession in den USA (Stichwort: inverse Zinsstruktur) bzw. eine Abkühlung in den Emerging markets für die Rohstoffmärkten bedeuten? Hängen die Emerging Markets eher an den steigenden Rohstoffen oder umgekehrt?

E.W: Es ist tatsächlich so, dass die Rohstoffhausse sehr stark von der Entwicklung der so genannten Emerging Markets abhängt. Während Indien und China nur für 12% der Nachfrage nach Öl verantwortlich sind, stehen sie doch für gut 40% des Nachfragewachstums. Die Entwicklung dieser Staaten ist ausschlaggebend für die Rohstoffe. Eine Konjunkturabkühlung würde aus meiner Sicht dazu führen, dass die Preise für Industriemetalle und Öl stark korrigieren könnten. Allerdings sehe ich noch kein Zeichen für eine Konjunkturabkühlung in den Schwellenländern, gleichwohl sich die Anzeichen in den USA mehren. Daher würde ich davon ausgehen, dass die Nachfrage zumindest in den nächsten 5-6 Jahres stabil steigen wird und sich zum Wachstumsmotor China auch noch Indien anschließen wird. Hier sehen wir schließlich auch eine Bevölkerung von über einer Milliarde, die auch im Vergleich zu China noch Nachholbedarf hat.


V.R.: Wenden wir uns abschließend noch der Inflation zu. Nachdem die Veröffentlichung der Geldmenge M3 in den USA nun tatsächlich eingestellt wurde, liegt natürlich die Frage nahe, ob nun die große Dollarflut auf uns zukommt. Wie schätzen Sie hierzu das weitere Vorgehen von Ben Bernanke ein?

E.W: Die Begründung für die Einstellung der Veröffentlichung der M3-Zahlen fand ich doch sehr abenteuerlich. Ob die Summe von USD 500.000, welche für die Berichterstattung benötigt wird, tatsächlich ausschlaggebend ist bezweifle ich. Es ist immer eine Frage wie man die Inflation definiert. Definiert man sie anhand des CPI (= Konsumentenpreisindex), so wird sie für die nächsten Jahren eventuell noch niedrig bleiben. Wenn allerdings die Definition der alten österreichischen Schule der Nationalökonomie von Mises anwendet, welche die Ausweitung des ungedeckten Geldes als Inflation ansieht, dann ist die Inflation weitaus höher als berichtet. Weswegen die Einstellung der M3-Geldmenge auch sehr verwunderlich ist.


V.R.: Vielen Dank für dieses Interview!

Das Interview wurde am 25. März 2006 am Rande des "Silberseminars" von ARGENTUMINVEST in München geführt.



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