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Interview mit Johann A. Saiger: "Dann fahren wir zur Hölle!"

11.04.2006  |  Dr. Volkmar Riemenschneider
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V.R.: Nun zeigen sich aber vor allem Silber und die Silberminen im Vergleich zu Gold in relativ guter Verfassung. Was sind die Gründe für die relative in den vergangen Monaten? Ist wirklich nur der Silber-ETF schuld daran, oder gibt es auch andere Gründe?

J.A.S.: In den 70er Jahren gab es keinen ETF und Silber ist auch gestiegen. Man muss bei diesem ETF etwas vorsichtig sein. Es gab immer wieder Geschichten durch welche die Anleger im großen Maße in das Silber getrieben wurden. Beispielsweise verdoppelte sich der Silberpreis von 1997 auf 1998 und als das Gerücht aufkam, dass Warren Buffet in den Silbermarkt eingestiegen ist, sind die Massen aufgesprungen und anschließend sofort zur Hölle gefahren! Es werden immer wieder Gerüchte platziert, warum Silber nur mehr steigen kann, damit die Anleger beim Zwischenhoch einsteigen und dann ordentlich zur Hölle fahren! Mich persönlich wundert es ein bisschen, dass dieser Fonds noch nicht definitiv bewilligt wurde und trotzdem schon für solche Aufregung sorgt. Was passiert wenn die Zulassung verweigert wird?

Ich schätze die Gefahr durchaus realistisch ein, dass dies so kommen könnte. Genau daraus könnte ein massiver Bumerang entstehen. Ich sehe diesen ETF nicht so optimistisch wie dies allgemein üblich ist. Andererseits muss man sehen, dass die Veröffentlichung der Geldmengenzahlen eingestellt wurde und Silber gleichzeitig explodiert. Man könnte also annehmen, dass gewisse Kreise annehmen, dass die hyperinflationäre Entwicklung mit der Aussetzung der Geldmengenzahlen nun anstehen könnte.


V.R.: Nicht nur Silber hat sich gegenüber Gold sehr gut entwickelt, auch Palladium hat sich in den letzten Tagen massiv zurückgemeldet. Wie sind Ihre Aussichten für Palladium?

J.A.S.: Palladium ist genauso volatil wie Silber, ich habe bereits seit über einem Jahr laufend Palladium zum Einstieg empfohlen und sehe mich als ganz großen Palladiumfan. Für Palladium spricht ganz einfach der Umstand, dass es zur Familie der Platinmetalle gehört und quasi auch alles kann was Platin kann. Der Unterschied ist nur das Palladium knapp über 300 USD kostet, und Platin 1.000 USD. Ein Palladiumpreis von 80% des Platinpreises ist sicher gerechtfertigt. Langfristig sind die Aussichten für Palladium ausgezeichnet. Auch kurzfristig. Wir haben ja auch in den 1970er Jahren gesehen, dass die Edelmetalle gemeinsam in Wellen steigen. Wenn also Gold steigt, dann steigt auch Silber, Platin und Palladium. Man muss nur darauf achten geben, dass Silber und Palladium die volatilsten Metalle sind, sie steigen am schnellsten, fallen aber auch am schnellsten. Daher muss man immer wieder bei den Zwischenhochs zum richtigen Zeitpunkt aussteigen können.


V.R.: Nachdem in den letzen Monaten sich vermehrt besorgte Stimmen über die amerikanische Konjunktur gemeldete haben (Stichwort: inverse Zinsstruktur) würde uns interessieren wie Sie die Möglichkeit einer Rezessionen in den USA bzw. deren Auswirkungen einschätzen würden? Könnte dies eine Korrektur der Edelmetallmärkte bzw. der Rohstoffmärkte nach sich führen?

J.A.S.: Bisher war ich der Meinung, dass es ist gleich wie in den 70er Jahren verhalten wird. Damals ist die Inflation niemals linear gekommen sonder in Wellen. Alle fünf Jahre gab es damals ein Inflationshoch und die Edelmetalle bildeten während dieser Hochs ebenfalls ein Top aus, die Aktienmärkte hingegen markierten ein Tief, und diese Entwicklung drehte sich dann wieder um. Die Aktienmärkte erholten sich also nach dem Inflationshoch wieder. Doch heute ist einiges anders.

Damals musste man, um die Inflation zu bekämpfen eine Hochzinspolitik fahren, also die Zinsen erhöhen und die Geldmenge verknappen. Heute zeigt man die Geldmenge einfach nicht mehr her. Es könnte nun also die schönste aller Zeiten kommen. Sollten beispielsweise die Japan plötzlich beginnen die amerikanischen Staatsanleihen auf den Markt zu werfen, dann könnte die US-Notenbank diese einfach alle mit unbegrenzter Liquidität zurückkaufen. Es könnte uns also tatsächlich die schönste aller Zeiten blühen, die Aktien steigen, die Zinsen fallen und das Gold läuft gut. Doch diese Droge ist vergleichbar mit LSD!

Wir wissen ja wie in ein paar Jahren die Entzugserscheinungen aussehen werden: Da kommt dann die Währungsreform! Doch die nächsten Jahre über könnte man glauben, dass das Schlaraffenland erfunden wurde. Daher möchte ich mich nicht allzusehr dazu äußern, ob die Aktienmärkte jetzt kurzfristig steigen oder korrigieren und bei guter Geldmengenausweitung glaube ich auch nicht daran, dass die Konjunktur gefährdet ist.


V.R.: Sie verweisen im Zusammenhang mit der aktuellen Rohstoffhausse unter anderem auf den langfristigen Inflations- und Kriegszyklus hin? Wie geht es nach 9/11, Afghanistan- und Irakkrieg nun weiter? Erleben wir wirklich schon bald eine Explosion im Pulverfass Naher Osten oder sehen wir erst noch eine Beruhigung, in der die USA Kräfte sammeln?

J.A.S.: Diese Frage ist natürlich schwer zu beantworten, ich gehe jedoch davon aus, dass das Kriegsszenario weiter aufrecht bleibt und die Amerikaner weiter Kriegslüstern bleiben werden. Das leite ich ganz einfach von den Budgetentwürfen der USA ab. Diese gibt es bis zum Jahr 2009, und wenn dort nun jedes Jahr mehr für das Militär ausgegeben wird, im Gegenzug aber Bildung und Gesundheitswesen gestrichen wird, welche Politik werden die in den nächsten Jahren dann wohl betreiben. Das ist noch nicht das Endstadium der Entwicklung. Es geht ganz klar darum an die Ölreserven im Nahen Osten ran zu kommen. Der Iran ist der zweitgrößte Ölproduzent, Irak war der Drittgrößte.


V.R.: Welche Rohstoffe außer den Edelmetallen finden Sie aktuell noch interessant? Sie sind ja auch schon bereits seit einiger Zeit sehr bullisch für Agrarrohstoffe. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation an diesem Markt. Wo liegen jetzt die größten Gewinnchancen?

J.A.S.: Es ist ein Branchenrotationsprinzip. In den 1970er Jahren sind alle Rohstoffe gestiegen, aber den Vogel haben die Edelmetalle abgeschossen. Damals hat sich das Gold verzwanzigfacht, das Silber vervierzigfacht. Nichts anders hat mit dieser Entwicklung mithalten können. Der CRB-Index für die allgemeinen Rohstoffpreise hat sich nur verdreifacht. Natürlich werden Agrarrohstoffe steigen, natürlich werden Ölaktien steigen. Man kann diese Schiene durchaus fahren, und wenn es zwischendurch zu einer Schwäche bei den Minen kommt, dann kann man auch ausweichen. Aber die großen Gewinner werden die Edelmetalle sein.


V.R.: Zum Abschluss noch die obligatorische Frage nach Ihren Kurszielen für die Edelmetalle bis Jahresende.

J.A.S.: Da beginne ich lieber mit meinen Kurszielen bis zum Ende des Jahrzehntes: 5.000 und 100 USD! Mindestens 100 USD beim Silber! Bis zum Jahresende ist es etwas schwierig. Wenn Gold nun wieder über 575 USD läuft, könnten wir eine Verdoppelung bei Gold und Silber in den nächsten zwei, drei Monaten erleben, aber ich verbeiße mich nicht darauf.

Der saisonale Zyklus spricht jedoch nicht dafür. Saisonal bildet sich gewöhnlich im Januar oder Februar das Hoch beim Gold, danach bricht das ganze bis Mai oder Juli ein, anschließend beginnt es wieder langsam zu steigen und dann gibt es das nächste Hoch wieder im Januar oder Februar. Das ist der saisonale Zyklus. Dieser trifft in 7 von 10 Jahren zu, wenn keine Sonderfaktoren vorliegen.

Ein Sonderfaktor wäre natürlich die Verschärfung der Irankrise. Wenn dies eintritt und sich dadurch der Ölpreis verdoppelt, dann erleben wir wahrscheinlich auch eine Kursverdopplung bei Gold und Silber. Eine positive Überraschung bei Gold und Silber ist also in den nächsten zwei Monaten möglich. Wir werden auch ganz sicher einen Rücksetzer sehen, jedoch erst nach den nächsten Anstiegen. Dort müssen Sie dann acht geben, dort darf man nicht in den Markt rein, sonst fahren Sie zur Hölle!


V.R: Vielen Dank für dieses Interview!


Das Interview wurde am 25. März 2006 am Rande des "Silberseminars" von ARGENTUMINVEST in München geführt.





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