Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Realitäts-Verweigerung

20.04.2006  |  Walter K. Eichelburg
- Seite 2 -
Lebensversicherungen sind sicher

Die nächste Realitäts-Verweigerung. Diese Anspar- und Pensionsversicherungen mit langer Laufzeit werden überall in grossen Volumina verkauft. Inzwischen werden sie sogar schon als Anspar-Mittel für ein Studium angeboten. Vielleicht erinnern sich einige Leute noch, dass in Deutschland in den Jahren 2002 und 2003 ca. 2/3 dieser Versicherungsgesellschaften in "Schieflage" waren, weil sie am Höhepunkt der Bubble überteuert Aktien gekauft haben, die dann im Wert gesunken sind. 2005 haben sie im grossen Stil langjährige Staatsaleihen gekauft: 10-jährige deutsche Bund-Anleihen mit nur 3% Zinsen, d.h. am Höhepunkt der Bond-Bubble. Inzwischen ist der Zinssatz dieser Anleihen auf fast 4% gestiegen und damit der Wert um ca. 10% gesunken. Tolles Geschäft.

Was ist hinter diesen Versicherungen:
  • a.) eine mächtige Vertriebsmaschine, die 5...10% des eingelegten Kapitals kassiert
  • b.) Finanzwerte wie Aktien, Anleihen und Immobilien, alles von den Zinsen abhängig
  • c.) angestellte Manager die meist wie Kleinanleger agieren

Solche Versicherungs-Anlagen bieten nicht nur sehr wenig Kontrolle über die Anlage, sondern haben auch ein nicht zu unterschätzendes Liquiditäts-Risiko. Man kann nicht leicht und nur mit hohen Verlusten ausseigen. Egal ob Crash oder Hyperinflation, der rückgezahlte Wert wird in Zukunft sicher real nur einen kleinen Teil dessen ausmachen, der eingezahlt wurde.


Leute über 50 kann man nicht einstellen

Hier kommen wir zu einem besonders kuriosen Exemplar der Realtitäts-Verweigerung. Durch die "Tradition" der Frühpensionierungen in Europa wollen Firmen in einigen Ländern nicht gerne Leute über 50 Jahre anstellen. Das ist inzwischen soetwas wie eine "kulturelle Eigenheit", oder ein Tabu.

Die Folgen sieht man ja: etwa durch Frühpensionierungen von Ingenieuren bei den Herstellern hat etwa die deutsche Bahn größte Probleme, wirklich funktionierende, neuentwickelte Züge zu bekommen. Keine Neuentwicklung funktioniert wirklich, dafür müssen bei den IEC-3 Zügen immer Techniker mitfahren, die unterwegs die Fehler beseitigen. Statt jahrzehntelange Erfahrung einfliessen zu lassen, hat man technisch hochkomplexe Monster geschaffen, die nur auf der Power-Point-Präsentation gut aussehen. Wozu hat man denn smarte Jungmanager mit MBA-Aschluss.

In manchen Ländern wie den USA hat man davon inzwischen wieder genug und stellt ältere Leute mit realer Erfahrung und ohne die Probleme der jungen Leute aus dem desolaten Schulsystem ein. Siehe den Artikel von Eric Englund "Outsourcing and America´s Nanny-Statism Bubble". Man findet es schwierig, qualifizierte und motivierte Leute unter 35 zu finden. Ausserdem wollen Unternehmer nicht dauernd "Baby-Sitter" spielen. Das ist ein weiterer Grund, dass soviel Industrie nach Asien verlagert wird.

Wer glaubt, dass die Situation in Europa besser wäre, sollte sich nur die Situation in Frankreich nach den grossen Demonstrationen gegen die Ersteinstellungsverträge mit 2-jähriger Kündigungsmöglichkeit ansehen. Siehe auch: Lew Rockwell: "Those French Labor Riots", Telegraph: "How a flock of French dodos could drag down Europe", Times: "The striking idiocy of youth".

Es ist nicht nur so, dass 80% der französischen Schul- und Studienabgänger direkt in den Staatsdienst wollen !!! Handwerker sind voll ausgebucht und finden keine brauchbaren Arbeiter, selbst wenn sie diese einstellen wollten. Jeder will offenbar Bürokrat werden.

Früher oder später wird sich daraus ein weiterer massiver Kisenherd in der Eurozone bilden. Jede Art von Regierung wird Geld drucken (monetisieren) müssen, um nicht verjagt zu werden - bis zum totalen Zusammenbruch. Es ist Zeit, die Euro-Bestände zu reduzieren. Nur dieser totale wirtschaftliche Zusammenbruch wird den Leuten vielleicht ihre Staatsgläubigkeit austreiben, aber sicher ist das nicht.
Siehe auch meine Artikel "Was wäre wenn der Euro zerbricht?", "Wen schützt Trichet mit seinen Niedrigzinsen?".

Wenn ich schon dabei bin, möchte ich betonen, dass die heutigen staatlichen Pensionssysteme einen Crash nicht überleben werden. Also, die Leute werden bis 70 oder später arbeiten müssen. Staat, Firmen und Personen werden sich wohl umstellen müssen.

Ein Unternehmer oder Manager sollte sich bei Einstellungen lieber fragen, welchen Wert bringt ein Kandidat in die Firma, als ob man mit dieser Einstellung "trendy" ist. Offenbar schwingt neben dem Herdentrieb auch die Angst mit, ein älterer Angestellter könnte einem selbst überlegen sein. Erfahrene Head-Hunter empfehlen, dass ein Manager selbst 20% seiner Arbeitszeit für die Rekrutierung guter Leute, der wichtigsten Resource, aufbringen sollte, als dies einer Personalabteilung mit ihrem Schema-F zu überlassen. Siehe auch: www.asktheheadhunter.com.


Die Pensionen sind sicher

Hier wird von den staatlichen Eliten die gefährlichste Lüge aufgetischt. Wie oben bereits gesagt, sind die Staaten eigentlich pleite und wenn das real wird, wird es höchstens noch "Mini"- und "Armenpensionen" geben. Man sieht das bereits in Deutschland und Österreich, wo die Zahlungen praktisch eingefroren sind.

Wenn heute ein Politiker die Wahrheit sagt, wird er entweder abgewählt (weil man die Wahrheit nicht wissen will) oder von seinen Kollegen verstossen, weil er gegen das Gesetz der eigenen (Politker-) Klasse verstösst. Man braucht nur nach Osteuropa schauen, wie hoch die Pensionen dort sind.

Übrigens, private Pensionsvorsorgen (siehe Lebensversicherungen) und Firmenpensionen werden in der versprochenen Höhe nicht überleben, da dahinter nur die selben Papier-Anlageformen stehen.

Nichts wird das Vertrauen der Bürger in die Obrigkeit so erschüttern als der Zusammenbruch der Pensionssysteme. Damit wird auch die Bereitschaft, Steuern und Sozialbeiträge zu zahlen auf ein Minimum sinken. Im Endeffekt ist es so, dass man die Sache selbst in die Hand nehmen muss, um später etwas zu haben. Dazu muss man aber rechtzeitig Investor werden.


Zusammenfassung

Die ganze Welt führt sich derzeit selbst an der Nase herum und will vom realen Zustand der Weltwirtschaft nichts wissen. Dabei sind die Probleme offensichlich.

Hier wird ein erstklassiges phychologisches Schauspiel aufgeführt, um nicht umdenken zu müssen. Die Beteiligten:
  • a.) die Eliten wollen in ihren komfortablen Positionen möglichst lange verbleiben, daher kommen sie auch nicht ihrer Informations- und Korrekturpflicht nach.
  • b.) die Medien sind Teil dieser Eliten und wollen ihre Finanzquellen nicht gefährden und reden/schreiben den Pulikum nach dem Mund.
  • c.) die Bürger wollen möglichst ungestört und vollversorgt weiterleben. Brot und Spiele.

Es kommt eine Periode in der ökonomischen Evolution auf uns zu (wie in jedem Kondratieff-Winter), wo der "Schulden-Saurier" und der "Bürokratie-Saurier" verschwinden werden. Beide haben ein Gehirn nur in der Grösse einer Walnuss und sind nicht anpassungsfähig. Der "Meteor" ist bereits in die Erdathmosphäre eingetreten und kurz vor dem Einschlag. Aus der folgenden Dunkel- und Kältephase werden kleine, wendige Säugetiere als Überlebende hervorgehen. Dann kommt die Realität wieder zur Geltung. Ich empfehle dazu "Economic Evolution" von Justice Litle zu lesen.

Übrigens, der "Saurier der Realitätsverweigerung" wird mit untergehen.


"Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet,
von den Tatsachen, die ihnen missfallen,
wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern.
Der, der sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr.
Der, der sie aufzuklären versucht, stets ihr Opfer."
- Gustav Le Bon, 1895 -



© Walter K. Eichelburg

Zum Autor: Dipl. Ing. Walter K. Eichelburg ist unabhängiger Network-Consultant und Investor in Wien. Er beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit Investment- und Geldfragen. Er ist Autor zahlreicher Artikel auf dem Finanz- und IT-Sektor. Er kann unter walter@eichelburg.com erreicht werden. Seine Website ist: www.eichelburg.com



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"