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China wertet ab

17.08.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Noch mehr Abwertung?

Ein weiteres Nachgeben des Renminbi-Wechselkurses würde eine Reihe von Konsequenzen haben. In kurzfristiger Betrachtung wäre beispielsweise an folgendes zu denken:

  • Rohstoffe werden für chinesische Produzenten und Konsumenten teurer. Die nachgefragten Mengen auf den Weltmärkten sinken und üben Abwärtsdruck auf die Rohstoffpreise aus.

  • Das bringt aufstrebende Volkswirtschaften ("Emerging Markets") unter Druck, deren Wirtschaften insbesondere von der internationalen Rohstoffnachfrage abhängen.

  • Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Güter im Ausland steigt. Anbieter aus westlichen Ländern kommen unter Druck, ihre Preise zu senken. Unternehmen müssen Kosten einsparen, d. h. Löhne senken und Arbeitsplätze abbauen.

  • In den entwickelten Volkswirtschaften kann das zu Konjunkturverlangsamung führen und "Stress" auf den Kreditmärkten auslösen. Beispielsweise könnten Autobauer, deren Absatzerfolge untrennbar mit guten Kreditkonditionen verbunden sind, unter Druck geraten.

  • Das Angebot von billigeren Gütern trägt dazu bei, die Preise in den Importländern zu senken. Das kann die Sorge vor dem "Deflationsgespenst" neu entfachen und die Zentralbanken unter neuerlichen Druck setzen, eine noch aggressivere Geldpolitik zu verfolgen.

  • Und schließlich kann die US-Zentralbank davon abgeschreckt werden, die Zinsen im September 2015 zu erhöhen. Doch die Devisenmärkte scheinen auf eine merkliche Wechselkursabwertung des Renminbi gewettet zu haben.

In längerfristiger Betrachtung lautet die Botschaft, die die Wechselkursabwertung Chinas sendet: China ist, wie alle Volkswirtschaften des Westens auch, Opfer des ungedeckten Papiergeldsystems geworden. Das ungedeckte Papiergeld hat für eine jahrelange konjunkturelle Scheinblüte ("Boom") gesorgt.

Es hat Spekulation und Blasenbildung befördert (beispielsweise im Bau- und Immobiliensektor), und es ist dabei, eine Überschuldungssituation zu schaffen, die das gesamte Wirtschaftsleben in die Knie zwingt. Der Boom in China droht in einen Abschwung (einen "Bust") umzukippen. Doch um das zu verhindern, muss immer mehr Kredit und Geld - bereitgestellt zu immer niedrigeren Zinsen - verabreicht werden. Kurzfristig mag das Erleichterung verschaffen. Nicht aber langfristig.


Chinesisches "QE"

Chinas Wechselkursabwertung sollte deutlich machen, dass auch das Reich der Mitte begonnen hat, sich gegen ein Zusammensacken des kreditgetriebenen Booms zur Wehr zu setzen. China - mit einer Bevölkerung von etwa 1,36 Milliarden Menschen - ist mittlerweile zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen und ist eng in die internationale Arbeitsteilung eingebunden.

Daher werden auch die Folgen der chinesischen Politiken weltweit spürbarer werden. So könnte die chinesische Abwertungspolitik möglicherweise verhindern, dass die US-Zentralbank ihre für September anvisierte Zinserhöhung vornimmt (siehe hierzu den Artikel auf der nächsten Seite).

Ist der Weg der Wechselkursabwertung erst einmal beschritten, wird es der chinesischen Zentralbank leichter fallen, die Zinsen weiter zu senken (denn das könnte nicht mehr ihre Währungsreserven dezimieren). Die chinesische Zentralbank hat im Grunde längst begonnen, ihre Version der geldpolitischen Lockerung (einer "QE"-Politik) einzuleiten - etwa, indem sie Geschäftsbanken zusätzliche Kredite gibt, mit denen nachfragewirksame (Bau-)Projekte finanziert werden sollen.

Die Ablösung des Renminbi von der US-Dollar-Bindung wird letztlich zu einer Vertrauensfrage: Die chinesische Zentralbank löst sich von externen Vorgaben, und der Wert des Renminbi unterliegt fortan verstärkt der eigenen Willkür. Angesichts der aktuellen Konjunkturlage, die die Anreize für eine noch expansivere Geldpolitik befördert, könnte das noch zu einer großen Belastungsprobe für den Renminbi-Außenwert werden, deren Folgen der Rest der Welt zu spüren bekäme.


Über den Renminbi

Der Wechselkurs der chinesischen Währung ist staatlich kontrolliert. Seit Sommer 2005 ist der Renminbi an einen Korb von Fremdwährungen (hierzu zählen u. a. US-Dollar, Euro, japanischer Yen und südkoreanischer Won) gebunden. Die chinesische Zentralbank bestimmt täglich einen Mittelwert gegenüber diesem Korb und lässt dabei eine Schwankungsbreite von +/- 2 Prozent (gegenüber dem US-Dollar) zu.

Der Renminbi ist nicht frei konvertibel. Für Transaktionen, die im Zusammenhang mit Güterkäufen und -verkäufen stehen, ist der Renminbi in ausländische Währungen eintauschbar, nicht aber für reine Finanztransaktionen. Er wird auf einem Inlands- und einem Auslandsmarkt (dem "On-shore"- beziehungsweise "Off-shore"-Markt, d. h. außerhalb Festlandchinas) gehandelt.

"Durch Kunstgriffe der Bank- und Währungspolitik kann man nur vorübergehende Scheinbesserung erzielen, die dann zu umso schwerer Katastrophe führen muß. Denn der Schaden, der durch die Anwendung solcher Mittel dem Volkswohlstand zugefügt wird, ist um so größer, je länger es gelungen ist, die Scheinblüte durch fortschreitende Schaffung zusätzlichen Kredits vorzutäuschen." Ludwig von Mises, Die Gemeinwirtschaft, 1922, S. 461-2.


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Quelle: Thomson Financial. *Indexiert (Januar 2000 = 100).


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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