Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Mein Rat bleibt sich extrem defensiv zu verhalten

08.05.2006  |  Dr. Marc Faber
Die meisten Anlageklassen, inklusive Aktien und Rohstoffe, sind extrem überkauft und es ist viel zu viel Spekulation in allen Anlagemärkten. Daher sollte in der nächsten Zeit eine extreme Abwärtsbewegung, auch bei den Edelmetallen, nicht überraschend sein.

Heute möchte ich das Thema der Bullen- bzw. Bärenmärkte behandeln. Diese zyklischen Bewegungen bei den Vermögenspreisen nennen die Investoren bei einem Preisanstieg "Bullenmärkte" und bei fallenden Preisen "Bärenmärkte".

Oberflächlich scheint dies leicht verständlich zu sein. Der Dow steigt, wir haben einen "Bullenmarkt", der Dow fällt, wir haben einen "Bärenmarkt". Aber in Wirklichkeit sind Bullen- und Bärenmärkte weit komplexer. Angenommen wir hätten nur fünf Anlageklassen. Immobilien, Aktien, Anleihen, Bargeld und Gold (oder eine andere harte Währung für welche das Geldmengenwachstum auf das Wirtschaftswachstum begrenzt ist um die Preise stabil zu halten).

Augenblicklich ist es klar, dass die Fed Geld druckt. Daher steigen alle Anlageklassen, außer den Anleihen. Jedoch werden einige Anlageklassen mehr als andere steigen. Seit Oktober 2002 ist der Dow Jones in US-Dollar bewertet gestiegen, er ist jedoch gefallen, wenn man ihn in Gold bewertet.

Somit können wir sagen, ja, der Dow Jones befindet sich in US-Dollar gemessen seit Oktober 2002 in einem Bullenmarkt, aber in Gold bewertet befindet er sich in einem Bärenmarkt. Dies ist sehr wichtig zu verstehen. Im Fall, dass wir fortlaufende monetäre Inflation erleben, die mit der Zeit alle Anlageklassen wie Aktien, Immobilien und Rohstoffe nach oben hieven könnte, werden einige Anlageklassen mehr im Wert steigen als andere.

Dies bedeutet, dass einige Anlageklassen gegenüber anderen Anlageklassen an Wert verlieren, obwohl sie eigentlich steigen, genauso wie es beim Dow Jones gegenüber dem Gold seit dem Jahr 2000 passiert. Ich habe in früheren Berichten betont, dass seit dem Jahr 2002 alle Anlageklassen im Wert gestiegen sind. Aber seit kurzem zeichnen sich divergierende Entwicklungen ab. Die Anleihen beginnen zu fallen und scheinen sich am Rand einer langfristigen Abwärtsbewegung zu befinden.


Anleihen sind das schlechteste Investment

Ich habe ebenso in früheren Berichten erwähnt, dass in Zeiten von monetärer Inflation und Kreditinflation, wie wir sie gerade in den USA erleben, Anleihen das schlechteste langfristige Investment darstellen. Eine weitere Anlageklassen, die kürzlich begonnen hat gegenüber Gold zu fallen, sind die Eigenheimpreise.

Seit letztem Sommer haben die Eigenheimpreise, während sie in US-Dollar nur moderat zurückgegangen sind, gegenüber Gold signifikant an Wert verloren. Während es im letzten Sommer noch 500 Unzen Gold benötigte um ein typisches Haus in den USA zu erwerben, so reichen aktuell bereits 380 Unzen Gold dafür aus. Mit anderen Worten, die Eigenheimpreise haben in den letzten neun Monaten um 25% gegenüber dem Goldpreis verloren.

Was ich wirklich möchte ist, dass jeder Leser versteht, dass Bullen- und Bärenmärkte extrem komplex sind. Eine Anlageklasse, die sich auf den ersten Blick in einem Bullenmarkt zu befinden scheint, muss sich nicht notwendigerweise in diesem befinden, wenn man ihn mit einer harten Währung, wie Gold, vergleicht. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Folgende ebenfalls wesentlich. Bekanntermaßen ist ein echter Marktboden, der eine im Leben einmalige Kaufgelegenheit bietet, nur nach einem verheerenden Bärenmarkt zu finden.

In diesem Zusammenhang werden die folgenden schweren Einbrüche gewöhnlich in den Gedanken des Investors auftauchen: Der Bärenmarkt von 1929-1932 bei US-Aktien; der Kollaps des amerikanischen Anleihenmarktes zwischen 1970 und 1981, als die Renditen für 30jährige US-Schatztitel von 6% im Jahr 1970 auf 15,84% im September 1981 stiegen und die Anleihenpreise zum purzeln brachten; der Bärenmarkt bei den Aktien in Hong Kong von 1973-1974, der den Hang Send Index um 90% auf sein Tief im Dezember 1974 bei 150 drückte; der große Bärenmarkt beim Zucker, der die Preise von 70 ct pro Pfund im Jahr 1973 auf 2,5 ct im Jahr 1985 drückte; oder den Bärenmarkt in Japan nach 1989, der den Nikkei von 39.000 auf weniger als 8.000 im April 2003 drückte.

Überdies sind bedeutende Markttiefpunkte begleitet von der totalen Hoffnungslosigkeit und Panik der Marktteilnehmer, eine Krise bei der Anlageklasse auf welche der Bärenmarkt abzielte, Pleiten in diesem Sektor und überwiegend schlechte Stimmung.


Anatomie des Bärenmarktes

Aber wie Russel Napier in seinem kürzlich erschienen Buch "Anatomie des Bärenmarktes - Lernen aus dem vier großen Böden der Wall Street" aufzeigt, kann der Schlüssel der Unterbewertung auch eine Periode sein, in der die Aktienkurse nicht mit dem Wirtschafts- und Gewinnwachstum innerhalb des Systems Schritt halten.

Napier zeigt beispielsweise, dass der Dow Jones Industrial Average beim Markttief von 1921 nicht höher lag als 1899 (22 Jahre früher), während das nominale BIP um 383% und das reale BIP um 88% gestiegen ist! Ähnlich im August 1982, der Dow Jones Industrial Average notierte damals nicht höher als im April 1964 und lag inflationsbereinigt um 70% darunter.

Laut Napier repräsentierte der August 1982 die viertbeste Kaufgelegenheit für US-Aktien im letzten Jahrhundert, neben 1921, 1932 und 1949. Die wichtige Botschaft die man aus dem Buch von Napier entnehmen kann ist, dass es bei Aktien gewöhnlich eine lange Zeit (ungefähr 14 Jahre) benötigt bis sie sich von der Über- zur Unterbewertung bewegen und dass das nominale Tief nicht immer die beste Gelegenheit ist, um Aktien zu kaufen.

Weit wichtiger ist, das reale Niveau der Aktienpreise und zahlreiche Bewertungsparameter, die auf massive Unterbewertung hindeuten. Das wird ersichtlich wenn man betrachtet, dass der Dow Jones am 9. Dezember 1974 sein Tief bei 570 Punkten markierte und am 9. August 1982 bei 769 real betrachtet weitere 15% seit dem Tief im Jahr 1974 verloren hatte.

Ich erwähne dies, weil es möglich ist, dass das Tief vom Oktober 2002 bei den amerikanischen Aktienindizes nominal betrachtet bestehen bleibt. Jedoch ist der Dow Jones, wie ich oberhalb erwähnt haben, seit 2000 gegenüber dem Gold gefallen und wird dies, meiner Meinung nach, für viele Jahre weiter tun.

Ganz nebenbei hat Russel Napier mit seinem Buch "Anatomie des Bärenmarktes" eine Lücke gefüllt, da es meines Wissens nach das erste Buch ist, welches die Schwünge von des amerikanischen Aktienmarktes von der Unterbewertung zur Überbewertung und zurück über die letzten 100 Jahre verfolgt.


Bewertungsschwünge

Das Buch bietet ebenso viel Stoff zum nachdenken. Falls die Aktienkurse vor und zurück schwingen, zwischen Über- und Unterbewertung, dann werden andere Anlageklassen wie Immobilien, Rohstoffe und Anleihen dasselbe tun. Daher nehme ich an, dass im gleichen Weg die amerikanischen Anleihen in den 1940ern und japanische Anleihen im Juni 2003 massiv überbewertet waren, als die Rendite für japanische Regierungsanleihen auf weniger als 0,50 gefallen war.

Zur selben Zeit, stellte im April 2003 das Tief beim Nikkei Index bei weniger als 8.000 Punkten wahrscheinlich die beste Kaufgelegenheit in Japan für diese Generation dar. In der Tat haben die Tiefs bei den japanischen Aktien und Zinsen aus dem Jahr 2003 Ähnlichkeiten zu den Tiefsständen von 1940 bei den amerikanischen Aktien und Zinsen. Nach den 1940ern stiegen die amerikanischen Aktien bis 1973, aber die Anleihenpreise kollabierten bis 1981.

Ebenso könnte die Aktienmarktrallye in Japan, welche im Jahr 2003 begann, für viele Jahre anhalten und von einem signifikanten Bärenmarkt bei den japanischen Anleihen begleitet werden, was die lokalen Institute und die japanischen Haushalte aus ihren überwiegenden Anleihen- und Cashpositionen, welche während der Deflation der 1990er profitierten, hinein in die Aktien und Immobilien treiben würde.

Wie Napier erklärt, haben sich 1921, 1932, 1949 und 1982 herausragende Kaufgelegenheiten für die Erzielung von anschließend höheren Erträgen geboten, die für mindestens acht Jahre (1921-1929), aber gewöhnlich sogar weit länger anhielten (1982-2000). Daher würde ich vermuten, dass das Tief vom April 2003 bei den japanischen Aktien ein Generationstief darstellte und der Bullenmarkt bei den japanischen Aktien leicht bis 2010 oder darüber hinaus anhalten und in diesem Prozess die amerikanischen Aktien signifikant outperformen könnte.


Aktienbewertung in Asien

Eine weitere Lektion aus dem Buch von Napier könnte sein, dass die asiatischen Aktienmärkte im Vergleich zu anderen Anlagemärkten weiterhin überwiegend unterbewertet bleiben, trotz ihrer Erholung nach 1998. Alles in allem liegen viele asiatische Aktienmärkte, egal ob in US-Dollar oder real betrachtet, immer noch mehr als 50% unter den erreichten Höchstständen von 1990 und 1994.

Schließlich ist, falls es wie Napier betont 14 Jahre benötigt, damit die Aktien ihre Reise von der Über- zur Unterbewertung vollenden, die Schwere des Rohstoffbärenmarktes von 1980 bis zum Jahrtausendwechsel - etwa 20 Jahre - augenscheinlich.

Rücken Sie es in die richtige Perspektive, real bewertet (inflationsbereinigt) lagen die Rohstoffpreise in der Periode von 1998 bis 2001 auf dem niedrigsten Niveau in der Geschichte des Kapitalismus. Und obwohl ich erwarte, dass einige Industrierohstoffe unter einer signifikanten Phase von Gewinnmitnahmen im Jahr 2006 leiden werden, glaube ich, dass wir auf Grund der Tatsache, dass Rohstoffbullenmärkte dazu tendieren zwischen 20 und 30 Jahren zu dauern, wir möglicherweise erst am Beginn eines ausgedehnten Anstieges der Rohstoffpreise stehen.

Es gibt noch einen Punkt, den ich zu der exzellenten Studie von Russel Napier hinzufügen möchte, die ich übrigens Investoren intensive zum Lesen empfehle. In einer Welt der schnellen Geld- und Kreditexpansion, kommt es möglicherweise zu einer Unterbewertung des Dow Jones, mit einem Dow Jones bei 36.000, 40.000 oder 100.000 oder sogar noch mehr - ein Aktienkursniveau das von einigen Analysten im Jahr 1999 prognostiziert wurde, warum nicht?


Hyperinflation

Augenblicklich liegt der Dow bei ca. 11.000 und der Goldpreis bei USD 590. Nehmen wir an, dass als Resultat von Herrn Bernankes effizienterer Papierdruckmaschine (übrigens eine Maschine, die seit der Bildung des Federal Reserve Board im Jahr 1913 im Einsatz ist und seit dem zu einem Kaufkraftverlust von 92% geführt hat), der Dow Jones in den nächsten Jahren auf 36.000 steigt. (Es braucht keine weiteren 100 Jahre damit der US-Dollar weitere 92% seiner Kaufkraft verliert, es sind eher 10 oder 20 Jahre wahrscheinlich).

Falls dies der Fall ist, könnte der Goldpreis von 550 USD auf 3.600 USD steigen, was die Dow/Gold-Ratio von aktuell 19 auf 10 drücken könnte, oder im Extremfall könnte Gold auf 36.000 USD steigen, was die Dow/Gold-Ratio auf nur 1 reduzieren würde (wie es im Jahr 1932 und 1980 der Fall war).

Dadurch würde sich der Dow Jones nominal gesehen vom aktuellen Niveau verdreifachen, aber real gesehen signifikant verlieren - eine Möglichkeit die ich als sehr Wahrscheinlich betrachte. In dieser Hinsicht sollten wir die deutsche Hyperinflation von 1919 bis 1923 nicht vergessen. Damals stiegen die Aktienpreise in Papiermark bewertet massiv an, purzelten in US-Dollar (damals eine harte Währung) bewertet geradezu, weil der Wechselkursverfall der Papiermark gegenüber dem US-Dollar den lokalen Aktienmarktanstieg überstieg.

Somit stieg einer Aktienindex in lokaler Papiermark bewertet von 100 im Jahr 1918 auf 171 Billionen im Oktober 1922, während der Index in US-Dollar bewertet von 100 auf 2,72 gefallen war! Es ist nicht nötigt zu betonen, dass die deutsche Hyperinflation von 1918 bis 1923 für die Besitzer von Papiermarkbargeld und Anleihen vernichtend war.

Nun, ich prognostiziere nicht unbedingt, dass wir in Kürze Hyperinflationsraten in den USA erleben werden, aber wenn der Dow Jones und der amerikanische Eigenheimmarkt um 10% fallen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Herr Bernanke die Papierdruckmaschine einen Gang höher schalten wird um die Vermögenspreisdeflation zu bekämpfen. Somit könnten die amerikanischen Vermögenspreise, inklusive Eigenheime, Aktien und Anleihen real betrachtet und gegenüber Edelmetallen fallen.


Korrektur wahrscheinlich

Wie ich letzten Monat angedeutet habe scheinen, bis auf die Anleihen, alle Aktien- und Rohstoffmärkte extrem überkauft und sind für eine massive Korrektur gefährdet. In der Tat glaube ich, obwohl ich langfristig extrem negativ für Anleihen gestimmt bin, dass für die nächsten drei Monate Anleihen in der Tat sowohl Aktien als auch Rohstoffe outperformen könnten.

Aus den Charts können wir erkennen, dass die Aktien gegenüber Anleihen seit 2005 einen steigenden Keil gebildet haben. Mehrheitlich führt ein steigender Keil zu einer massiven Umkehr nach unten. Dies würde nicht implizieren, dass die Anleihenpreise viel steigen werden, aber der Keil dürfte nach unten durch eine massiven Abwärtsschwung bei den Aktien gebrochen werden.

Aus diesem Grund bleibt mein Rat sich extrem defensiv zu verhalten. Die meisten Anlageklassen inklusive Aktien und Rohstoffe sind extrem überkauft und es ist viel zu viel Spekulation in den ganzen Investmentmärkten. Daher sollte in der nächsten Zeit eine extreme Abwärtsbewegung, auch bei den Edelmetallen, nicht überraschend sein.


© Dr. Marc Faber



Der Originaltext ist am 16. April 2006 auf www.ameinfo.com erschienen. Diese Übersetzung wurde mit freundlicher Genehmigung von Dr. Marc Faber (Marc Faber Ltd. / Hong Kong) auf GoldSeiten.de veröffentlicht.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"