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Der schleichende Kommunismus der quantitativen Lockerungen

13.11.2015  |  Peter Schiff
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Zudem besteht die Tendenz, dass sich die Auswirkungen dieser Maßnahmen nur auf die Besitzer der entsprechenden Finanzanlagen beschränken, während die allgemeine Wirtschaft kaum profitiert. Aus diesen Gründen zieht die Zentralbank jetzt den Kauf von Aktien bestimmter japanischer Unternehmen und damit einen viel direkteren Eingriff in Betracht.

Derartige Kapitalallokationen würden es der japanischen Regierung erlauben, einen beträchtlichen Stimmanteil in einigen der größten japanischen Unternehmen anzusammeln. Durch den Besitz von Unternehmensanteilen könnte der japanische Verwaltungsapparat unter Abe nach Angaben eines von Bloomberg zitierten Ökonomen dann verlangen, dass die entsprechenden Firmen sich in Bezug auf Gehaltserhöhungen und erhöhte Unternehmensausgaben nach den Prioritäten der Regierung richten.

Der gleiche Wirtschaftsexperte wies darauf hin, dass diese Impulse auf mikroökonomischer Ebene durch die von der Regierung kontrollierten Aktiengesellschaften sich beim Ankurbeln der Konjunktur als effektiver erweisen könnten, als die makroökonomischen Käufe von Staatsanleihen.

Diese Möglichkeit sollte jeden, der noch an die freie Marktwirtschaft glaubt, mit Grauen erfüllen. US-Treasuries im Wert von mehr als 4 Billionen Dollar, die im Rahmen des QE-Programms von der US-Notenbank Federal Reserve gekauft wurden, finden sich jetzt in deren Bilanz wieder.

Das mag den Anleihemarkt verzerrt und falsche Signale in Richtung der Wirtschaft gesendet haben. Zudem könnte die Maßnahme in Zukunft zu Problemen führen, nämlich wenn die Anleihen verkauft werden müssen. Dennoch handelt es sich hier hauptsächlich um ein Mittel zur Monetarisierung von Schulden, bei dem sich die Regierung im Prinzip selbst Kredite gibt. Aktienkäufe würden dagegen eine schleichende Verstaatlichung der Industrie involvieren und wären damit ein großer Schritt in Richtung Kommunismus.

Viele Marktbeobachter in den USA trösten sich mit dem Gedanken, dass die Vereinigten Staaten die Experimente mit den quantitativen Lockerungen bereits beendet haben und jetzt einen entgegengesetzten Weg einschlagen, der zur Verknappung der Geldmenge führen wird. Das ist eine eklatante Fehleinschätzung der Situation.

Das Wirtschaftswachstum der USA verlangsamt sich in erstaunlichem Maße und ungeachtet aller Beteuerungen der Fed, dass eine Zinsanhebung in naher Zukunft sehr wahrscheinlich sei, bin ich der Ansicht, dass wir genauso in der Falle der endlosen Wirtschaftsimpulse sitzen, wie Japan. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Staaten besteht vor allem darin, dass die japanische Wirtschaft bei Beginn des "Experiments" in einer viel besseren Verfassung war, als die US-amerikanische es zur Zeit ist.

Japan gehörte zu den globalen Kreditgebern, verfügte über umfassende Reserven im Inland und verzeichnete hohe Handelsüberschüsse. Die USA begannen das QE-Programm dagegen als größte Schuldnernation der Welt, hatten nur minimale Rücklagen und ein enormes Handelsdefizit. Wenn sich also selbst Japan trotz seiner besseren Wirtschaftslage nicht aus dieser Falle befreien konnte, welche Hoffnung besteht dann für die USA?

Falls die Fed die Zinsen nicht von Null wieder auf einen normalen Wert anheben kann, wird sie beim nächsten Abschwung auch nicht in der Lage sein, sie erneut zu senken. Wenn also eine neue Rezession beginnt (und es könnte schon bald soweit sein), wird die Fed sofort die nächste Runde der quantitativen Lockerungen beschließen müssen. Sollte sich QE4 hinsichtlich der Erzeugung eines realen Wirtschaftswachstums als genauso ineffektiv erweisen, wie die letzten drei Runden, wird der Fed nichts anderes übrig bleiben, als die gleichen radikalen Strategien in Erwägung zu ziehen, die derzeit bei der Bank of Japan diskutiert werden.

So sieht also die Endphase der QE-Programme aus: Explodierende Schulden, Verzerrung der Finanzmärkte, anhaltende Stagnation, wiederkehrende Zeiten der Rezession und letztlich die Übernahme der Industrie und der Wirtschaft durch die Regierung. Das scheint die bevorzugte Alternative der Politiker und Banker zu sein, die sich einfach weigern, den freien Markt so funktionieren zu lassen, wie er sollte.

Wenn die Zinssätze nie von den Zentralbanken manipuliert und die quantitativen Lockerungen niemals erfunden worden wären, hätten die Märkte sich schon vor Jahren von den Spekulationsblasen und Fehlinvestitionen befreien können. Natürlich wäre die Rezession dann ausgeprägter gewesen, aber möglicherweise auch viel kürzer - und die anschließende Erholung wäre wahrscheinlich umso stärker und nachhaltiger ausgefallen.

Stattdessen begleitet Washington Tokio nun auf dem Weg nach Leningrad.


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 03.11.2015 auf www.24hgold.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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