Geht uns im Juli das Silber aus?
28.05.2006 | Dr. Volkmar Riemenschneider
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Wie man auf dem Chart unschwer erkennen kann, reicht das Silber aus den COMEX-Lagerhäusern gerade einmal für 2/3 des Juli-Kontraktes! Es müssten also nicht einmal alle Longpositionen noch 1,5 Monate durchgehalten werden, sonder es reichen auch nur 2/3. davon. In der Praxis würde selbst 1/5 oder 1/6 ausreichen um genug Panik am Markt zu erzeugen, damit der Preis an der Kasse durch die Decke geht (zumindest kurzfristig).Doch schauen wir uns das Verhältnis einmal auf die gesamten Laufzeiten kumuliert an:
Auf die ganzen Laufzeiten gesehen ergibt sich somit ein Überschuss an Open Interest zu den Lagerbeständen in Höhe von mehr als 435 Mio. Unzen Silber. Nun ist es aber wichtig zu sehen, welche realwirtschaftlichen Größen hinter dem Ganzen stehen. Am Silbermarkt herrscht ja bekanntlich seit vielen Jahren ein strukturelles Defizit, das heißt es wird weniger produziert als verbraucht (wobei die Rückgewinnung aus Recycling auch in die Produktion einbezogen wird). Der folgende Chart präsentiert nun die Angebots- und Nachfragesituation im Vergleich zum strukturellen Defizit über die vergangenen elf Jahre:
Trotz des Rückgangs des Fabrikationsverbrauches und einem stetig steigenden Angebot weist Silber nach wie vor ein strukturelles Defizit auf. Dieses Defizit wurde über viele Jahre durch den Abbau von Lagerbeständen (besonders jenen von Regierungen) abgedeckt, doch wie die nächsten zwei Grafiken offenbaren, dürfte damit früher oder später Schluss sein:
Gesamte Silber Bullion Lagerbestände (in Millionen Unzen; geschätzt) 1950-2002
Quelle: CPM Group Silver Survey 2003
Regierungslagerbestände 1970-2002
Quelle: CPM Group Silver Survey 2003
Die Daten der beiden Charts sind zwar bereits drei Jahre alt, aufgrund des strukturellen Defizits können die Zahlen der Logik nach heute nur noch niedriger sein.
Die Zahlen bzgl. des Open Interest beziehen sich nun nur auf die COMEX, es gibt jedoch noch massenweise andere Derivate über die Silber leerverkauft wurde (OTC-Derivate, Produzenten-Hedging, etc.). Man kann die oben gemacht Rechnung also durchaus als konservativ betrachten, da das wirkliche Volumen an Papiersilber ein Vielfaches der COMEX-Futures beträgt.
Fazit:
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Darstellung einerseits den Sachverhalt deutlich erklären, aber auch andererseits die Dramatik einer solchen Situation vor Augen führen. Dass dieses Szenario wirklich eintritt ist mit Unsicherheit behaftet, denn die COMEX könnte wie im Fall der Gebrüder Hunt die Regeln ändern (zB die Longpositionen durch Barausgleich abfertigen).
Meiner Meinung nach würde es schon genügen, wenn es nur in die Nähe dieses Punktes kommt, damit Panik ausbricht und Silber in der Kasse nach oben schießt. Man stelle sich nur vor, dass beispielsweise ein großer Hedge Fonds große physische Silberpositionen sowie Longpositionen im nächsten Verfallsmonat einnehmen würde und diese bis zur Lieferung hält...
© Dr. Volkmar Riemenschneider