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Bail-in in Portugal und Italien: Die europaweite Enteignung nimmt ihren Lauf

11.01.2016  |  Ernst Wolff
Fast unbemerkt von der internationalen Öffentlichkeit ist es in den vergangenen Wochen bei Bankenrettungen in Italien und in Portugal zur Anwendung des sogenannten "Bail-in", also der Enteignung von Sparern, Aktionären und Anlegern, gekommen. In Italien waren vier Volksbanken in der Toskana (vergleichbar den deutsche Raiffeisenbanken) mit mehr als 1 Mio. Kunden betroffen. 130.000 Aktionäre und etwa 12.500 Anleihegläubiger - unter ihnen viele Kleinsparer und Rentner - verloren insgesamt ca. 750 Mio. Euro.

Die vier Volksbanken (Banca delle Marche, Banca Popolare dell’Etruria, Cassa di Risparmio di Ferrara und Cassa di Risparmio di Chieti) wurden unter Führung der italienischen Zentralbank (Banca d’Italia) mit Geldern der UniCredit, der Intesa Sanpaolo, der Ubi Banca und durch Mittel der staatlichen Einlagensicherung mit einer Geldspritze in Höhe von etwa 3,6 Mrd. Euro gerettet. Nach der Bündelung ihrer faulen Kredite in einer Bad Bank sollen die vier Geldinstitute nun an Investoren weiterverkauft werden.

Die Maßnahme selbst wie auch die Tatsache, dass die europäischen Mainstream-Medien sie weitgehend totschwiegen, sollte allen Menschen in Europa als Warnung und als Weckruf dienen: Am 1. Januar 2016 ist nämlich die europäische Bankenabwicklungs-Richtlinie (BRRD - Bank Recovery and Resolution Directive) in Kraft getreten. Damit ist das Prinzip des "Bail-in" innerhalb der gesamten Eurozone geltendes Recht.


Vom Bail-out zum Bail-in: Statt in die linke wird in die rechte Tasche gegriffen

Als das globale Finanzsystem 2008 wegen der Subprime-Hypothekenkrise in den USA in sich zusammenzustürzen drohte, wurden die größten Finanzinstitutionen der Welt von ihren Regierungen mit dem Geld der Steuerzahler gerettet. Der Transfer von Geldern in dreistelliger Milliardenhöhe - nichts anderes als eine gigantische Vermögensumverteilung von der arbeitenden Bevölkerung zu den wohlhabenden Inhabern großer Finanzeinrichtungen - wurde als "Bail-out“ bezeichnet.

Da die dafür erforderlichen Summen riesige Löcher in die Staatshaushalte rissen, suchten Politik und Finanzwirtschaft nach einer Möglichkeit, das marode System im Falle eines weiteren Crashs erneut am Leben zu erhalten. Hierzu erfanden sie das sogenannte "Bail-in". Es besagt, dass große Finanzinstitutionen von nun an im Problemfall zuerst auf das Geld von Anleihegläubigern, Aktionären und Sparern zurückgreifen müssen.

Der Öffentlichkeit wird der Schwenk vom Bail-out zum Bail-in als Maßnahme zum "Schutz der Steuerzahler“ präsentiert. Das hat mit der Wirklichkeit allerdings nicht viel zu tun. Ein Bail-in in Kraft zu setzen, heißt nichts anderes als: Die durch Spekulation entstandenen finanziellen Schäden nicht etwa denen, die sie verursacht haben, in Rechnung zu stellen, sondern zu ihrer Beseitigung auf die Vermögenswerte arbeitender Menschen zurückzugreifen und deren argloses Vertrauen in die Finanzinstitute zu ihrem Nachteil auszunutzen.

Im Klartext: Sowohl das Bail-out, als auch das Bail-in sind nichts anderes als die durch die Politik herbeigeführte Enteignung von Anlegern zugunsten der Finanzelite – nur dass den Betroffenen in einem Fall in die linke, im anderen Fall in die rechte Tasche gegriffen wird.


Vorsätzlicher Betrug und menschliche Tragödien

Es war kein Zufall, dass die Rettung der vier toskanischen Volksbanken noch kurz vor dem Jahreswechsel stattfand. Die italienische Regierung hat auf diese Weise ganz bewusst die am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Bail-in-Bestimmungen der EU umgangen, um auch an das Geld von Kleinanlegern mit weniger als 100.000 Euro heranzukommen und so ganz gezielt diejenigen zu treffen, die sich am wenigsten wehren können - Kleinanleger, Sparer und Rentner.

Die neue EU-Richtlinie sieht nämlich einen Schutz von Einlegern unter 100.000 Euro vor. D.h.: Viele der Sparer und Kleinanleger in Italien wären nach dem 1. Januar 2016 von einer Enteignung ausgenommen gewesen.

Besonders verwerflich ist die Tatsache, dass Behörden und betroffene Banken die Anleger zu großen Teilen wissentlich und vorsätzlich in ihr Unglück schickten: So segneten die italienische Zentralbank und die italienische Börsenaufsicht die Anleiheprospekte der Banca Etruria ohne Widerspruch ab. Das seit Februar 2015 unter staatlicher Zwangsverwaltung stehende Institut verkaufte die Anleihen noch das ganze Jahr 2015 hindurch an Kleinkunden und versprach ihnen darauf 4 Prozent Zinsen.

Viele Anleger hatten nicht die geringste Ahnung, welche Risiken sich in den ihnen von ihnen gekauften Anleihen verbargen. Wohl kaum einem dürfte bekannt gewesen sein, dass es "vorrangige“ und nachrangige“ Anleihen gibt und dass im Fall des Bail-in die Halter nachrangiger Anleihen denen vorrangiger Anleihen (meist institutionelle Großanleger) den Vortritt lassen und selbst auf eine Entschädigung verzichten müssen.


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