Treiben es die Zentralbanken zu weit?
05.02.2016
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Negative Zinsen sind nicht ganz neu. Schweden setzt seit 2014 dieses Instrument ein. Dänemark setzte negative Zinsen bereits 2012 ein, hob die Zinsen aber für kurze Zeit im Jahr 2014 wieder über 0% an. Seit Ende 2014 sind sie wieder negativ. Die Schweiz sah sich Anfang 2015 zu dem Schritt gedrängt, nachdem die EZB die Zinsen über mehrere Instrumente immer weiter senkte. Der Einlagensatz der EZB ist bereits seit 2014 negativ. Durch QE drückte sie auch die langfristigen Zinsen.
Mit Japan gesellt sich ein weiteres Land zu den 19 Staaten der Eurozone und den 3 weiteren europäischen Ländern hinzu. 24 Staaten weltweit haben nun also negative Zinsen und mit Japan schwappt dieses Instrument erstmals auch nach Übersee. Negativzinsen waren bis vor kurzem ein Instrument, welches nur in Europa eingesetzt wurde. Jetzt scheint es global Schule zu machen. Die Scheu, negative Zinsen einzuführen ist offenbar gebrochen.
Die Bedeutung kann man gar nicht genug betonen. Negativzinsen sind kein Tabu mehr. Die Scheu war wegen mangelnder Erfahrungen zunächst groß. Das als geglückt angesehene europäische Experiment hat nun allerdings den Damm gebrochen. Negativzinsen können sich theoretisch weltweit ausbreiten.
Noch hält sich die Anzahl an Notenbanken, die Negativzinsen verwenden, in Grenzen. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zinsen weltweit weiterhin schnell sinken. Grafik 3 zeigt, wieviel Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung unter welchem Zinsregime anzusiedeln ist. Generell verschiebt sich das Zinsniveau weiter nach links, also Richtung niedrigerer Zinsen.
Auf Seite der hohen Zinsen gibt es ebenfalls eine Bewegung. Länder, die unter hohe Inflation leiden, weil die Währungen stark abwerten (Russland, Brasilien, Türkei), haben ihre Zinsen erhöht. Der nach dem Bruttoinlandsprodukt gewichtete weltweite Zinssatz sinkt dennoch - und zwar nicht zu knapp. Er hat sich zwischen 2013 und 2016 von mehr als 3% auf unter 2% fast halbiert. Die Welt marschiert weiter munter Richtung Nullgrenze.
Eine Ausbreitung der Negativzinspolitik ist mit großer Skepsis zu betrachten. Als kurzzeitiges und regional begrenztes Phänomen ist es interessant und vielleicht wirkungsvoll. Einer Dauermaßnahme, wie es in Japan und der Eurozone zu befürchten ist, ist mit großer Vorsicht zu begegnen. Es verhindert nicht nur die Vermögensbildung, was in überalternden Gesellschaften notwendig wäre, sondern führt auch zu massiven Fehlallokationen von Kapital.
Je niedriger die Zinsen sinken, desto rascher wollen Konsumenten und Unternehmen ihr Bargeld loswerden. In Ländern mit negativen Zinsen werden Rechnungen und Steuern so früh wie möglich bezahlt, damit das Bargeld auf dem Konto nicht weniger wert wird. Das ist natürlich noch relativ harmlos, doch es zeigt, dass Cash wie eine heiße Kartoffel weitergereicht wird.
Notenbanken wollen natürlich, dass das Geld in den Konsum fließt. Dort kommt es selten an. Entweder wird Cash weiterhin gehortet oder es kommt zu den erwähnten Fehlallokationen. Diese sehen wir in Europa vor allem auf dem Immobilienmarkt. Viele sehen Immobilien inzwischen als eine Möglichkeit, Bargeld zu parken. Die Folge ist eine Immobilienblase. Dänemark und Schweden befinden sich bereits mitten drin.
Je länger die Zinsen so niedrig bleiben, desto mehr Fehlallokation entsteht (es bilden sich mehr Spekulationsblasen). Je größer diese Fehlallokationen werden, desto unmöglicher wird eine Normalisierung. Langanhaltend tiefe Zinsen sind ein Garant dafür, dass es eine Normalisierung nicht mehr geben kann. Das sollte zu denken geben und Notenbanken sollten so schnell wie möglich die Negativzinsen wieder abschaffen. Bleiben sie zu lange bestehen, dann manövrieren sich die Zentralbanken in eine Sackgasse, aus der sie nicht mehr herauskommen.
© Lars Gottwik
Partner & COO JFD Brokers
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