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Der schlimmste Alptraum der Fed

25.02.2016  |  Peter Schiff
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Der jüngste Anstieg der Inflationsrate entkräftet nicht auf magische Weise alle anderen Faktoren, die eine rapide Verschlechterung der Wirtschaftslage signalisieren. Eine höhere Inflation bedeutet nicht automatisch, dass alles andere besser wird. Im Gegenteil, sie bedeutet, dass alles noch viel schlimmer wird. Stagflation ist der schlimmste Alptraum der Fed. Wenn sich der Anstieg der Inflationsrate jetzt beschleunigt, wird die Notenbank nicht in der Lage sein, sie unter Kontrolle zu bringen.

Wenn schon lächerliche 25 Basispunkte einen solchen Schaden anrichten, wie wir ihn bereits erlebt haben, dann stellen Sie sich einmal vor, was geschähe, wenn die Federal Reserve wirklich versuchen würde, die Zinsen substantiell zu erhöhen, um mit der Inflation Schritt zu halten. Angesichts der Wachstumsraten, die schon jetzt in der Nähe von 0% liegen, würden Zinsen in Höhe von 1-2% einen geldpolitischen Schock darstellen, der eine so schwerwiegende Rezession auslösen könnte, dass am Ende womöglich Donald Trump ins Weiße Haus einzieht. Die Fed würde es bevorzugen, wenn dieses Szenario nie Realität wird.

Der schlimmste Alptraum der Fed ist jedoch nicht der zusätzliche Schlag ins Gesicht, den das steigende Preisniveau den gebeutelten Konsumenten verpassen würde, sondern der Todesstoß, den es ihrer eigenen Glaubwürdigkeit versetzen würde. Die Märkte glauben, dass die Fed ein doppeltes Mandat hat, nämlich einerseits die Beschäftigung zu fördern und andererseits das Preisniveau stabil zu halten.

Der derzeitige Kurs der Notenbank scheint jedoch nur ein einziges, unausgesprochenes Ziel zu haben: die Märkte so lange mit billigem Geld zu überschwemmen, bis die Assetpreise und die Einkommen so stark steigen und der reale Wert der US-Schulden dadurch so weit sinkt, dass die Zinszahlungen auch bei höheren Zinssätzen geleistet werden können - ohne Rücksicht darauf, welche Konsequenzen das für die Beschäftigung und das Preisniveau hat.

Wie Sie sich vielleicht erinnern, lag die Arbeitslosenquote der USA 2009 und 2010 bei 8-10%. Der frühere Vorsitzende der Fed, Ben Bernanke, deutete damals an, dass die Notenbank die Zinsen anheben würde, sobald die Arbeitslosigkeit auf 6,5% fiele. Das bezeichnete ich damals als Bluff und schrieb, dass man diesen Zielwert weiter verschieben werde, sollte er jemals erreicht werden.

Genau das ist auch geschehen. Doch als eine Arbeitslosigkeit von 5% die Fed schließlich an die Grenzen ihrer Glaubwürdigkeit brachte, musste sie etwas Symbolisches unternehmen und entschloss sich im Dezember 2015, die Zinsen um 0,25% zu erhöhen. Doch selbst jetzt kann die Notenbank künftige, nachteilige Zinserhöhungen trotz der aktuellen Arbeitslosenquote von 4,9% weiter hinauszögern, so lange die niedrige Inflationsrate ihr einen Vorwand liefert.

Doch kann die Fed mit einer Verschiebung des Inflationsziels genauso leicht durchkommen wie mit der kontinuierlichen Senkung der angestrebten Arbeitslosigkeit? In Wirklichkeit hat sie das bereits getan, ohne dass es eine nennenswerte Gegenreaktion gegeben hätte. Als der Kongress die Notenbank zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründete, beauftragte er sie damit, für den Erhalt der Preisstabilität zu sorgen. Die Bedeutung des Wortes "Stabilität" sollte jeder Person mit einem rudimentären Sprachverständnis klar sein: Es bedeutet beständig, gleichbleibend.

In Bezug auf die Wirtschaft bezeichnet es einen Zustand, in dem die Preise weder steigen noch fallen. Dennoch ist es der Fed gelungen, "Preisstabilität" neu zu definieren, sodass der Ausdruck mittlerweile einen Preisanstieg von mindestens 2% im Jahr impliziert. In den Gründungsdokumenten der Notenbank ist dieser Wert nirgends zu finden. Doch es scheint, als hätte sich Janet Yellen ein Beispiel an den Aktivisten unter den Richtern des Supreme Court genommen, für die (im Gegensatz zum kürzlich verstorbenen Richter Antonin Scalia) nicht die ursprüngliche Intention der Verfassungsschreiber ausschlaggebend ist, sondern ihre eigene "Interpretation" des Textes basierend auf dem Wandel des politischen Zeitgeistes.

Das neue orwellianische Mandat der Fed ist es, die Stabilität der Preise durch eine jährliche Inflationsrate von 2% zu verhindern. Was in der Geschichte als Obergrenze für die Gewährleistung stabiler Preise angesehen wurde, deren Erreichen eine Straffung der Geldpolitik nötig machte, wird nun als Minimum für die Fortsetzung der ultra-lockeren Geldpolitik betrachtet. Die Fed hat dieses eigennützige Ziel mit der Hilfe naiver Ökonomen erreicht, die die Mehrheit davon überzeugen konnten, dass eine Inflationsrate von 2% eine notwendige Komponente wirtschaftlichen Aufschwungs darstellt.

Wie weit wird die US-Notenbank ihr Inflationsziel nach oben korrigieren können, bevor die Märkte beginnen, an ihren Aussagen zu zweifeln, wenn der Anstieg der Verbraucherpreise die 2-%-Schwelle immer weiter überschreitet? Wenn die Ölpreise erst einmal einen Boden bilden, könnte es ernst werden. Wird die Fed eine Inflationsrate von 3% oder 4% zulassen, ohne etwas dagegen zu unternehmen? Präsident Nixon setzte Lohn- und Preiskontrollen durch, als die Inflation 4% erreichte. Es ist schon erstaunlich, dass 2% heute als Perfektion angesehen werden, 4% jedoch so entsetzlich waren, dass derart drakonische Maßnahmen politisch akzeptabel waren, um die Inflation in Schranken zu halten.

Sobald sich an den Märkten die Erkenntnis durchsetzt, dass das Gerede der Fed nur heiße Luft ist, wenn es um den Kampf gegen die steigende Inflation geht, sollte der Dollarkurs substantiell einbrechen. Die Verbraucherpreise könnten dann noch schneller steigen und die größte Blase von allen, die der US-Staatsanleihen wird womöglich endlich platzen. Dann wird der schlimmste Alptraum der Fed für uns alle Realität.


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 22.02.2016 auf www.europac.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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