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James Rickards über den Goldmarkt: Knappheiten, Manipulationen und die Strategie Chinas

25.04.2016  |  Mike Gleason
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Die Chinesen können die Treasuries also nicht verkaufen, doch sie sind auch besorgt, dass der Wert der Anleihen aufgrund der Inflation sinken könnte. Folglich kaufen sie Gold als Absicherung. Sie haben sozusagen einen riesigen Haufen Gold und einen riesigen Haufen Staatsanleihen. Wenn der Dollar stark bleibt und seinen Wert behält, dann wird ihnen das Gold womöglich nicht allzu viel nützen. Doch wenn die USA die Inflation bekommen, die sie wollen, und der Wert der Treasuries sinkt, dann wird der Wert des Goldes steigen - und das ist das wahrscheinlichere Szenario. In diesem Fall wird China bei den Schuldtiteln zwar Verluste zu verbuchen haben, aber diese können durch die Goldreserven ausgeglichen werden.

Mein Rat für Investoren und auch an mich selbst ist: "Weißt du was? Wenn es gut genug für die Chinesen ist, dann ist es auch gut genug für mich." Wenn die Chinesen es kommen sehen, warum kann es der durchschnittliche Amerikaner dann nicht erkennen? Aus diesem Grund empfehle ich, 10% des eigenen Kapitals in Gold zu investieren. Das diskutiere ich ebenfalls in meinem neuen Buch.


Mike Gleason: Sie haben außerdem über die Entstehung von signifikanten Beschränkungen der Angebotsmengen am Goldmarkt geschrieben. Diese Dynamik allein könnte bereits genügen, um die Edelmetallpreise explodieren zu lassen. Wie schätzen Sie die globale Angebotssituation ein? Ein großer Teil des verfügbaren Goldes fließt vom Westen in die starken Hände des Ostens, über die wir gerade gesprochen haben. Jetzt sinkt zudem auch Fördermenge. Zu welchen Ergebnissen sind Sie bei Ihren Recherchen im Hinblick auf das weltweite Goldangebot gekommen?

Jim Rickards: Nun, wenn das Gold von Ost nach West wandert, wie es die Leute ausdrücken, dann macht es einen Zwischenstopp in der Schweiz. Ich war erst kürzlich dort und habe den Chef der weltweit größten Scheideanstalt getroffen. Scheideanstalten funktionieren folgendermaßen: Über den Vordereingang wird das Gold eingeliefert, anschließend wird es verarbeitet und dann durch die Hintertür wieder verkauft. Das Gold stammt dabei aus drei unterschiedlichen Quellen. Zum einen erhalten die Scheideanstalten Material von den Minengesellschaften, welches Doré genannt wird und einen Goldgehalt von etwa 80% aufweist.

Zum anderen bekommen sie sogenanntes Altgold, also vor allem Schmuck: Ringe, Uhren, Halsketten usw. Dieses besteht zu 75-90% aus purem Gold, je nachdem um welchen Feingehalt es sich handelt. Außerdem erhalten die Scheideanstalten auch Goldbarren, Bullionbarren und Münzen, welche zu 99% aus purem Gold bestehen.

Doch selbst dieses 99er Gold ist noch nicht gut genug. Was die Chinesen wollen, ist 9999er Gold, d. h. Gold mit einer Feinheit von 99,99%. Die Scheideanstalt nimmt also das Doré, das Altgold und das 99er Gold, schmilzt es ein, gießt es zu 1-Kilo-Barren mit einem Goldgehalt von 99,99% und verschifft es zum größten Teil nach China.

Mein Freund, der Betreiber der Scheideanstalt, weiß genau, wer kauft und wer verkauft. Er kennt die Verkäufer, weil er von ihnen sein Gold bezieht und er kennt die Käufer, weil das seine Kunden sind. Er hat mir erzählt, dass es für Kunden eine Warteliste gibt, und dass die Chinesen gern doppelt so viel kaufen würden, wie er ihnen verkaufen kann. Er liefert wöchentlich etwa 10 Tonnen Gold nach China. Das Land würde lieber 20 Tonnen kaufen, aber so viel Gold hat er nicht. Die Scheideanstalt arbeitet rund um die Uhr.

Der Betreiber ist bereits seit 35 Jahren in diesem Geschäft und er sagt, dass er zum ersten Mal Engpässe beim physischen Goldangebot erlebt. Er hat sogar Schwierigkeiten, genügend Gold zu beschaffen, um den kontinuierlichen Betrieb seiner Anlagen zu gewährleisten und die Nachfrage zu decken. Das ist ein Mann, der wirklich mittendrin steckt im Goldhandel. Das Gold kommt aus Großbritannien, den USA und anderen Orten, u. a. auch vom IWF, und es wandert nach China. Es bewegt sich von West nach Ost, doch es macht Halt in der Schweiz. Dieser Freund ist derjenige, der das 9999er Gold herstellt, denn genau das wollen die Chinesen, und er sagt mir, dass es physische Knappheiten gibt.

Es wird also nicht mehr lange dauern, bis ein Edelmetallhändler nicht mehr liefern kann, ein Lagerhaus die Nachfrage nicht mehr decken kann oder die COMEX den Handel unterbrechen muss, weil in den Tresoren nicht genügend physisches Gold vorhanden ist, um die Long-Positionen auszuzahlen. An irgendeiner Stelle wird die Kette reißen und dann wird der Goldpreis in die Höhe schießen. Dieser Punkt rückt immer näher.


Mike Gleason: Die Edelmetallmärkte scheinen ziemlich stark manipuliert zu werden. James, bevor wir zum Ende dieses Interviews kommen, was können Sie den Investoren sagen, die in den letzten Jahren Gold gekauft haben und mit Ausnahme der ersten Monate dieses Jahres keinerlei positive Preisentwicklung erlebten? Können die Manipulationen auf ewig fortgesetzt und die Preise dauerhaft nach unten gedrückt werden, oder gibt es einen Punkt, an dem das nicht mehr möglich ist?

Jim Rickards: Ja, einen solchen Punkt gibt es, und das wissen wir, weil in den letzten 90 Jahren drei verschiedene Mechanismen zur Manipulation der Preise versagt haben. Der Gold-Devisen-Standard der 1930er und 1920er Jahre, über den wir zuvor gesprochen hatten, ist ein Beispiel dafür. Der Goldpreis wurde damals künstlich zu niedrig festgelegt und das funktionierte nicht, weil die Leute sagten,"Gut, dann hätte ich lieber das Gold". Die Kopplung konnte nicht aufrechterhalten werden und die Regierungen verloren Gold.

Eine nach der anderen mussten sie ihre Währungen abwerten. Frankreich 1925, England 1931, die USA 1933 und dann Frankreich und Großbritannien erneut 1936 im Rahmen des Tripartite-Abkommens. Doch auch das brach letztlich zusammen und mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1939 kollabierte das gesamte internationale Währungssystem.

Dann gab es in den späten 1960er Jahren noch den berüchtigten Londoner Goldpool, bei dem die Staaten der G7 und die Schweiz zusammenkamen und sich darauf einigten, Gold zu kaufen, um den Preis zu stabilisieren, und bei Bedarf zu verkaufen, um den Preis abzusenken. Das war ein ganz einfaches System zur Preismanipulation und es brach ebenfalls zusammen.

Am 15. August 1971 beendete Präsident Nixon die Konvertierbarkeit von US-Dollars in Gold gegenüber den Handelspartnern der Vereinigten Staaten. Wir wissen natürlich alle, was als nächstes geschah. Es kam zur Hyperinflation am Goldmarkt, der Preis stieg bis auf 800 Dollar je Unze. 1971 lag er bei 35 Dollar, 1980 bei 800 Dollar. Damit war er fast auf das 25fache gestiegen bzw. hatte in relativ kurzer Zeit 2.500% zulegt.

Mit dem Ende des Bretton-Woods-Systems begann eine weitere Episode der Preismanipulationen. Obwohl dieses System Geschichte war, verkauften die USA 1.000 Tonnen Gold und zwangen den IWF, ebenfalls 700 Tonnen zu verkaufen. Gemeinsam warfen sie in den späten 1970er Jahren also 1.700 Tonnen Gold auf den Markt. Letztlich war dieses Vorgehen jedoch nicht erfolgreich, denn wie wir wissen, schoss der Goldpreis im Jahr 1980 enorm in die Höhe.

Danach haben wir den Dollar mit Hilfe der Währungspolitik stabilisiert und gar nicht mehr versucht, zum Goldstandard zurückzukehren. Wir haben zwar aufgehört, Gold zu verkaufen, aber das war nicht das Ende der Preismanipulationen. Den Grund für das Ende der Goldverkäufe erkläre ich übrigens im ersten Kapitel meines Buches "The New Case for Gold". Das ist eine sehr interessante Geschichte, denn es geht dabei um ein geheimes Ziel der US-Regierung im Zusammenhang mit der Bilanz der Federal Reserve. Ich hoffe, den Lesern gefällt das.

Es gibt jedenfalls einen Grund dafür, dass die Vereinigten Staaten ihre Goldverkäufe eingestellt haben, und er hat etwas mit der Unterstützung der Fed zu tun. Wir konnten jedoch alle anderen dazu bringen, ihre Goldreserven zu verkaufen. Großbritannien versteigerte den Großteil seines Goldes im Jahr 1999. Die Schweiz verkaufte Anfang der 2000er Jahre mehrere tausend Tonnen. Wir konnten den IWF dazu bringen, 400 Tonnen im Jahr 2010 zu veräußern. Und erst in diesem Jahr wurde bekannt, dass Kanada als einzige aller bedeutenden, hochentwickelten Wirtschaftsnationen überhaupt kein Gold mehr besitzt. Selbst die armen Kanadier mussten 2.000 Tonnen verkaufen.

Die USA haben zwar aufgehört, ihre eigenen Goldreserven zu reduzieren, aber sie haben den ganzen Rest der Welt zu Goldverkäufen überredet. Jetzt geht ihnen langsam das Gold aus, während China immer mehr kauft. Wir nähern uns also einem Wendepunkt. Die Manipulationen können noch eine Zeit lang anhalten. Es ist nur eine Frage des Angebotes und der Nachfrage. Wenn es Leute gibt, die bereit sind, Gold auf den Markt zu werfen, und die Nachfrage nicht besonders groß ist, dann wird das den Preis natürlich nach unten drücken. Doch es entwickelt sich eine Situation, in der die Leute aus verschiedenen Gründen aufgehört haben, Gold zu verkaufen. Die Nachfrage reißt allerdings nicht ab. Das wird den Preis zwangsläufig in die Höhe treiben.


Mike Gleason: James, es war uns eine riesige Ehre, dass Sie uns heute für dieses Interview zur Verfügung standen. Wir sind schon seit Langem begeistert von Ihrer Arbeit. Für Ihr neues Buch "The New Case for Gold" haben Sie so viele neue Informationen zusammengetragen. Es war wirklich ein Vergnügen, es in Vorbereitung auf dieses Interview zu lesen, und rate allen Zuhörern und Lesern ausdrücklich, das Werk als Hardcover zu bestellen oder es als Hörbuch oder E-Book herunterzuladen. Es ist wirklich großartig.

James, ich wünsche Ihnen und Ihrem neuen Buch weiterhin viel Erfolg und ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie sich heute Zeit für uns genommen haben. Vielen Dank.


Jim Rickards: Vielen Dank, Michael.


© Mike Gleason
www.privatinvestor.de


Dieser Artikel wurde am 08. April 2016 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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