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Was uns der Rückblick in die goldenen 70er Jahre lehrt

03.07.2016  |  Manfred Gburek
Achten Sie in nächster Zeit ganz besonders auf solche Schlagzeilen zum Thema Geld und Wirtschaft, die im allgemeinen Sensationstrubel zum Brexit und zur EU unterzugehen drohen.

Nur zwei Beispiele: Der Internationale Währungsfonds, kurz IWF, erwartet für Deutschland wegen des Brexits ein schwächeres Wirtschaftswachstum. Und die Deutsche Bank hat in den USA einen Stresstest nicht bestanden. An den Börsen nimmt man so etwas derzeit in der Regel nur kurz zur Kenntnis und geht schnell wieder zur Tagesordnung über. Zumal der IWF mit seinen Prognosen schon häufiger schief gelegen hat und die Deutsche Bank sich ohnehin im Dauerstress befindet - was zwar am dramatischen Sturzflug des Aktienkurses ablesbar ist, aber außerhalb der Finanzwelt noch weitgehend ignoriert wird.

Die derzeit nur lasche Kenntnisnahme solcher Warnsignale bedeutet nicht unbedingt auch Ignoranz auf Dauer. Denn die Ignoranz wird sich in den beiden genannten ebenso wie in weiteren Fällen eines nicht allzu fernen Tages rächen. Gehen wir dazu nur knapp neun Jahre zurück: Im Februar 2007 gab es an der Börse von Shanghai einen eintägigen Kurssturz, dem fürs Erste allein Insider Aufmerksamkeit schenkten. Ihm folgte - scheinbar unabhängig davon - der Zusammenbruch des amerikanischen Häusermarktes.

Dann stellte sich heraus, dass deutsche Landesbanken einschließlich der IKB auf Anleihenschrott reingefallen waren. Neben einer Fülle von Kettenreaktionen kam im September 2008 die Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers hinzu. Erst sie löste neben weiteren Kettenreaktionen die endgültige Eskalation der Börsen-, Finanz- und Wirtschaftskrise aus.

Das nennt man auch Zweit- und Drittrunden-Effekte. Welche Kette von Ereignissen diese Effekte auslöst, ist nicht von vornherein bestimmbar. Immerhin lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass die eingangs erwähnten Fälle IWF und Deutsche Bank zur aktuellen Kette gehören, darüber hinaus das ständige Gezänk in der EU einschließlich der möglichen Abspaltung weiterer Länder, das Flüchtlingsproblem, der IS-Terror, die überwiegend immer noch ignorierten negativen Folgen der Nullzinsen für die Altersversorgung u.a.

Welche Rolle spielt Gold einschließlich Silber in diesem Zusammenhang? 2008 verlor es, gemessen in Euro oder Dollar, rund ein Drittel an Wert. Sein Preis erholte sich danach aber wieder recht schnell und erreichte 2011 einen neuen historischen Rekord. Damit wurde Gold seiner Rolle als sicherer Hafen und Versicherung gegen den Geldwertverfall zunächst gerecht. In den vier bitteren Gold- und Silber-Jahren von Ende 2011 bis Ende 2015 enttäuschte es jedoch auf der ganzen Linie. Verlust, wiederum gemessen in Euro oder Dollar: etwa 45 Prozent, also fast die Hälfte, überwiegend zurückzuführen auf den Ausstieg von Spekulanten, die sich zuvor in börsengehandelten Fonds (ETF) getummelt hatten. Sie zogen weiter in Richtung Aktien, in starkem Maß animiert durch die ultralockere Geldpolitik in den USA wie auch in Europa.

Obwohl das Umfeld für Gold in den 70er Jahren ein anderes war als jetzt, vier Jahrzehnte später, erscheint ein Vergleich reizvoll, hier in Ergänzung zu den vorwöchigen Ausführungen - man kann nicht genug darauf hinweisen: Von 1970 bis Ende 1974 gab es eine große Spekulationswelle, die den Goldpreis auf mehr als das Fünffache nach oben trieb.

Ursächlich waren damals zunächst: das Ende der Goldverkäufe durch Notenbanken im Rahmen des sogenannten Londoner Goldpools und der Zerfall des Währungssystems von Bretton Woods, später allerdings immer mehr die Hoffnung der Spekulanten, mit dem Ende des Goldbesitzverbots für private Anleger in den USA Anfang 1975 werde es zu einem Run auf das Edelmetall kommen. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht; der Goldpreis hatte das Ende bereits vorweggenommen und verlor im Gegenteil bis Mitte 1976 fast die Hälfte an Wert, bevor er eineinhalb Jahre später seinen unterbrochenen Höhenflug mit neuem Schwung fortzusetzen begann.

Über den Vergleich von 1976 mit 2016 kann man wegen des jeweils ganz anderen Umfelds sicher streiten. Eines lässt sich indes nicht wegdiskutieren: Das ähnliche Muster des Goldpreisverlaufs, wenn man davon absieht, dass die scharfe Preiskorrektur 1975/76 nur eineinhalb Jahre, die von 2011 bis 2015 aber vier Jahre gedauert hat. Solche Muster spiegeln das Verhalten der Masse von Anlegern wider. Oder einfach formuliert: Charts lügen nicht - zumal nicht im vorliegenden Fall, da die bisher weit vorausgeeilten Kurse der Minenaktien nach bisherigen Erfahrungen den Beginn des neuen Gold-Zeitalters bestätigen.

Zurzeit vervielfachen sich die bereits erwähnten Zweit- und Drittrunden-Effekte. Die von der EU ausgehende miese Stimmung trägt das Ihre dazu bei. Bisher galt vielen die EZB als Fels in der Brandung: Drohte irgendwo in Europa eine Krise, schritt sie mit noch mehr Geld ein, als sie ohnehin schon verpulvert hatte. Die Blaupause dafür war ihr von der großen Schwester Fed in den USA ja schon längst geliefert worden. Das viele Geld ging naturgemäß mit niedrigen und schließlich mit negativen Zinsen einher, Ende offen.

Die Folgen drohen schlimm zu werden. Dazu nur zwei beängstigende Beispiele. Erstens: Nach Berechnungen der Auskunftei Creditreform sind allein in Deutschland an die 270.000 Unternehmen unzureichend finanziert, mit ihren Zahlungen im Verzug oder mit zu wenig Eigenkapital ausgestattet. Zweitens: 2015 wurden hierzulande nur noch gut 23.000 Unternehmen insolvent, die geringste Anzahl seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999. Nun könnte man dies bejubeln - wenn, ja wenn dahinter nicht die Befürchtung stecken müsste, dass viele Pleiten wahrscheinlich nur dank niedriger Fremdkapitalzinsen verhindert werden konnten. Kein Wunder, kauft die EZB doch gerade massenweise Unternehmensanleihen auf.

Es ist mühsam und wird mühsam bleiben, die im heutigen Beitrag anhand von wenigen Beispielen nur leicht angerissenen Zusammenhänge zwischen politischen und wirtschaftlichen Ereignissen sowie finanziellen Effekten im Allgemeinen und der Entwicklung des Goldpreises im Besonderen weiter zu verfolgen. Doch es wird sich lohnen, und zwar einfach deshalb, weil solche Zusammenhänge erfahrungsgemäß nachweisbar sind und weil bei genauer Beobachtung der relevanten Märkte beachtliche Anlagegewinne dabei herausspringen.

Um konkret zu werden: Zurzeit richten die meisten deutschen Anleger ihre Aufmerksamkeit immer noch hauptsächlich auf Tages- und Festgeldkonten, auf Immobilien und Aktien, dagegen die wenigsten auf Edelmetalle. Das erinnert an eine weitere Episode aus den 70er Jahren in den USA: 1972/73 waren dort Aktien in Mode, die man nifty fifty (schmucke fünfzig) nannte. Hauptsache, sie waren möglichst hoch bewertet, was die entsprechenden Fondsmanager und Analysten mit dem vermeintlich gigantischen zukünftigen Wachstum der Unternehmensgewinne erklärten.

Zu ihren Favoriten gehörten nach wie vor auch heute noch populäre Aktien wie McDonald's und Coca-Cola, daneben aber später schrecklich abgestürzte wie Polaroid und Avon Products. Der steigende Goldpreis war damals aus Sicht der meisten Fondsmanager zunächst eher eine Nebenerscheinung. Erst 1974 änderte sich das Bild total: Die Aktienkurse purzelten, und der Goldpreis machte bis zum Jahresende einen gewaltigen Satz nach oben, bis er 1975/76 den erwähnten Rücksetzer hatte. Woraus wieder mal folgt:

Neben dem Beobachten von Zusammenhängen und dem Erkennen von Trends ist das Timing wichtig. Es spricht auf Sicht der nächsten Jahre eher für Gold einschließlich Silber als für die derzeit gängigen, aber überwiegend gefährdeten Aktien aus Indizes wie Dax, MDax, Dow Jones oder Nasdaq. Die Blaupause aus den 70er Jahren sollte zu denken geben.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu


Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.



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