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Die deutschsprachige Goldszene

25.07.2006  |  Walter K. Eichelburg
Als Autor und Edelmetall-Investor fällt mir auf, dass Edelmetall-Investments im deutschsprachigen Raum derzeit mit echter Pionierarbeit zu vergleichen sind. Es kommen unzählige Zuschriften von Lesern mit Fragen, wie was wo zu machen ist. Kein Vergleich mit der professionellen Papier-Investment-Szene. Es wäre eigentlich Zeit, vom Image des "Münzhändlers" wegzukommen und vom gigantischen Zukunftspotential zu profitieren.

Es ist anzunehmen, wenn die Flucht aus den Papierwerten in die Edelmetalle richtig beginnt, dass dann folgende Engpässe eintreten:
  • es gibt zu wenige Outlets = Verkaufsstellen

  • es gibt zu wenig praktische Information für den Käufer

  • es gibt kaum Marketing ausserhalb der Szene, d.h. die Leute wissen nicht wo sie was kaufen können und was für Sie günstig ist

  • es gibt zu wenige Dienstleistungen (Lagerung, etc.)

  • es gibt kaum Investment-Berater, die sich hier auskennen

Man sollte das ungeheure Potential nicht unterschätzen. Allein wenn nur 20% des angesparten Kapitals in Deutschland, Österreich oder der Schweiz den Weg in die Edelmetalle suchen, gibt das nicht nur ungeheure Geldmengen zu bewältigen sind, sondern auch ungeheure Menschenmassen.

Wenn ich als Beispiel Österreich anführen möchte. Dort gab es Gold schon seit jeher bei Banken zu kaufen (aber nur auf Bestellung). Bei Silber war die Situation so, dass 2004 vielleicht 25 ernsthafte Silber-Investoren um grössere Mengen unterwegs waren. 2006 sind es vielleicht 300. Was passiert, wenn plötzlich ½ Million potentielle Käufer auf die Händler einstürmt, oder in Deutschland gar 5 Millionen. Natürlich stellen diese Käufer tausende Fragen, womit sie die Struktur noch mehr paralysieren.


1. Struktur-Defizit

Man kann die derzeitigen Edelmetall-Handelsstrukturen so beschreiben:

a.) Banken:
Diese handeln heutzutage nur widerwillig mit Edelmetall. Lieber verkaufen sie eigene Investment-Fonds, d.h. Papier. Viele Banken haben den Handel überhaupt eingestellt. Berichte aus der Schweiz zeigen, dass von oben angeordnet wird, die Kunden auf Papier "umzulenken". Auf jeden Fall müssen Gold und Silber immer vorbestellt werden. Bei Silber ist noch das Problem der Mehrwertsteuer und des gigantisch großen Spreads zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis. Laut Bill Bonner ist es für Investoren immer sinnvoll, das Gegenteil zu den Banken zu machen.

b.) Münzhändler:
Davon gibt es noch einige, jedoch sind die meisten auf "Numismatik" spezialisiert, d.h. auf seltene Münzen. Sie sind kaum auf den Großeinkauf durch Investoren ausgelegt. Außerdem sind sie gegenüber den Entwicklungen des Finanzsystems meistens blind, d.h. sie wissen genausowenig wie der Durchschnittsbürger. Es wird auch kaum Marketing gemacht.

c.) Edelmetall-Händler:
Im Gegensatz zu den Münzhändlern wenden sich diese primär an Investoren. Beispiele sind etwa Pro Aurum (www.proaurum.de). Auch die beschäftigen sich noch mit Numismatik. Logistik-Dienstleistungen: meist Fehlanzeige. Das Marketing ist etwas besser. Hier ist eine interessante Vergleichs-Website: (bullionpage.de)

d.) Lager-Dienstleister:
Zur sicheren (in jeder Beziehung) Lagerung und Logistik von Edelmetallen gibt es heute noch kaum Infrastruktur, ausgenommen vielleicht die Schweiz. Der normale Investor ist immer noch auf ein Bankschliessfach oder die private Unterbringung angewiesen. Hier wartet ein enormes Geschäfts-Potential, besonders bei Großanlegern. Es gibt inzwischen Einkaufsgemeinschaften (www.goldsilber.org). Jedoch ist die Position des Investors im Fall von Streitigkeiten oder Konkurs hier undefiniert.

e.) Finanzberater:
Es gibt einige wenige Banken und Edelmetall-Händler, die mit qualifiziertem Personal auf Edelmetall-Kongressen, etc. auftreten. Die meisten Finanzberater leben immer noch isoliert in ihrer Papierwelt. Sie werden völlig überfordert sein, wenn die Realitätsverweigerung zu Ende geht und der Sturm auf sie losbricht. Für die meisten Finanzberater wird sich der Sturm in Form von Vorwürfen wegen zusammenbrechender Papier-Finanzwerte entladen.


2. Informations-Defizit

Wer heute, im Jahr 2006 in physisches Gold und Silber investieren will, ist arm dran. Nicht nur wird das Thema von den Mainstream-Medien nicht beachtet, man muss spezialisierte Websites wie www.goldseiten.de erst einmal finden, um an Information zu gelangen. Auch die meisten Finanzberater haben keine Ahnung. Man nützt offenbar nicht diese naheliegende Vertriebsschiene.

Etwas besser sieht es bei Gold/Silber-Minen-Aktien aus. Diese sind Papier und daher kompatibel. Es gibt dafür auch unzählige Websites.

Ok, ich beantworte gerne Fragen der Leser meiner Artikel. Aber irgendwie ist es langweilig, immer die selben Fragen beantworten zu müssen, dies umsomehr, als ich natürlich dafür nicht bezahlt werde.

Seit einem halben Jahr schreibe ich inzwischen Artikel, die sicher viel für den Gold/Silberabsatz im deutschsprachigen Raum beigetragen haben. Aber von den Händlern hat bei mir noch niemand wegen einer Kooperation angefragt. Hier ist meine E-Mail-Adresse: walter@eichelburg.com

Als früherer Marketing-Manager sehe ich natürlich diese Konzentration auf die "Numismatik", die die zukünftigen Anforderungen nicht wird bewältigen können. Ich vermute, dass ein Großteil der Edelmetall-Händler diesen Artikel gar nicht sehen wird. Aber irgendwann wird fremdes Kapital hier einsteigen und die Szene aufmischen.

In den USA ist die Szene schon wesentlich besser organisiert. Da gibt es Kitco.com, die überall hin ihre Gold/Silberkurse verteilen - und die Werbung mit. Dann gibt es etwa Jim Cook mit seinem www.InvestmentRarities.com (sehr lesenswert), der die Philosophie vertritt, dass man den Kunden ausbilden muss.


3. Produkt & Service-Defizite

Für Numismatiker wird alles Mögliche angeboten. Jedoch für ernsthafte Edelmetall-Investoren sieht das Angebot düsterer aus. Man kann natürlich Münzen kaufen, sowie kleinere Barren. Wo bekommt man etwa "London Good Delivery Bars"? - bei großen Anlage-Summen interessant.

Jedoch für gesicherte Edelmetall-Investments, die im System bleiben, muss man sich in die Schweiz begeben. Beispiel: www.safewealthgroup.com

Niemand weiss etwa richtig, wie man seinen Bestand vor dem Zugriff des Staates (Goldverbot) oder bei einer Bankpleite schützt. Bei Storage-Systemen ist daher ebenfalls noch riesiger Nachholbedarf.

Man sollte nicht vergessen, wie in der Technik sollte man auch hier eine gute Mischung aus Produkt (= Metall) und Service (Lagerung, Versicherung, Transport, Information etc.) Angebot haben.

Es haben mir Mitglieder meines Hartgeld-Clubs (www.hartgeld.com) gesagt, dass ein bekannter Münchner Edelmetall-Händler keine Lieferungen nach Österreich durchführt - Tunnelblick oder Überlastung?


Zusammenfassung:

Die Edelmetall-Vertriebs-Szene bei uns ist noch total unterentwickelt. Sie hat genauso wie die Minenbranche durch den 20jährigen Bear-Market gelitten, vielleicht noch stärker. Wenn der Sturm auf die Edelmetalle richtig los geht, dann wird die Branche total überfordert sein. Warten Sie (oder besser nicht), bis der Goldpreis auf $1000/oz steigt. Das wird wahrscheinlich noch 2006 passieren.

Es gibt viele Defizite:
  • in der Struktur
  • besonders bei Information und Marketing
  • bei Dienstleistungen

Übrigens, in China und Hong Kong ist Li Ka-Shing, der schwerreiche Besitzer von Hutchinson Whampoa schon vor einigen Jahren in den Goldhandel eingestiegen. Will man hier warten, bis er auch zu uns kommt? Oder finden sich auch bei uns Investoren für diese Branche? Es ist Zeit, neue Firmen zu gründen. Interessenten können gerne Kontakt zu mir aufnehmen.

Ich ersuche die Leser dieses Artikels, mir Ihre Erfahrungen bei physischen Edelmetall-Investments mitzuteilen. Und natürlich auch Ihre Wünsche an die Branche.


© Walter K. Eichelburg
www.hartgeld.com



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