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Ronald Stöferle: Die Zentralbanken können nur verlieren

05.08.2016  |  Claudio Grass
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Global Gold: Kommen wir nun zu einer Frage, die viele unserer Leser beschäftigt: Stehen wir kurz vor einer Rezession?

Mr. Stöferle: Die Finanzkrise von 2008 war das Ergebnis eines nicht langfristig tragbaren Booms, der durch die lockere Geldpolitik ausgelöst wurde. Das kreditbasierte Kartenhaus stand kurz vor dem Einsturz. Um eine Katastrophe abzuwenden, haben die Zentralbanken die Dosis an lockerem Geld in Form der Nullzinspolitik und der QE-Maßnahmen erhöht. Das ist vergleichbar mit dem Versuch, einen Brand mit Gas zu löschen. Wie ich bereits gesagt habe - die Kurse werden künstlich nach oben getrieben und wenn diese zusätzliche Unterstützung wegfällt, könnte das einen Börsencrash auslösen, welcher höchstwahrscheinlich eine Rezession nach sich zieht.

Auch ein Vertrauensverlust der Anleger könnte zum Rückgang der Assetpreise führen. Das Narrativ, das im Moment alles zusammenhält, ist, dass die (neo-)keynesianische Politik geeignet ist, der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. Die Vereinigten Staaten, in denen die unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen zuerst zur Anwendung kamen, und wo die Wirtschaft seitdem wieder etwas erstarkt ist, spielen für die Zeit seit der Lehman-Krise eine wichtige symbolische Rolle. Die Federal Reserve leistet derzeit Pionierarbeit auf dem Weg zur Normalisierung der Geldpolitik. Allerdings ist es meiner Ansicht nach äußerst unwahrscheinlich, dass die US-Wirtschaft das verkraften würde.


Global Gold: Vor Jahrzehnten haben sich unsere Regierungen entschieden, den Goldstandard zugunsten des aktuellen Fiatgeldsystems aufzugeben, da sie hofften ihre Währungen, insbesondere den US-Dollar, auf diese Weise retten zu können. Alan Greenspan hat vor Kurzem während eines Interviews mit Bloomberg erwähnt, dass sich die Wirtschaft in der Zeit des Goldstandards gut entwickelt hat und schlug überraschend eine Rückkehr zu diesem System vor. Wie denken Sie darüber?

Mr. Stöferle: Der "Maestro" war schon in frühen Jahren ein Fan von Gold. Sein Essay "Gold and Economic Freedom" aus dem Jahr 1966 zählt zum Besten, was je zum Thema Gold publiziert wurde. Damals kritisierte er die Geldschöpfungsmethode des auf Mindestreserveanforderungen beruhenden Bankensystems und wies darauf hin, dass das mögliche Kreditvolumen in einer Wirtschaft durch fassbare Vermögenswerte begrenzt ist, wenn ein Goldstandard besteht.

Erst das Ende des Goldstandards bereitete den Weg für die unkontrollierte Ausweitung der Kredite, die nun an ihre Grenzen stößt. Meiner Ansicht nach befinden wir uns in einer Situation von historischer Bedeutung, die zu einer Neuausrichtung des Währungssystems führen wird. Ich sehe keinen anderen Weg, der das Überleben des Kreditsystems ermöglicht.


Global Gold: Vor wenigen Wochen überraschten die Briten uns mit ihrer Entscheidung die EU zu verlassen. Die Märkte brachen ein und der Wert des britischen Pfundes fiel im Verhältnis zum US-Dollar auf ein 30-Jahrestief. Dazu muss man aber auch sagen, dass das Pfund stark überbewertet war. Die Goldnachfrage ist unterdessen deutlich angestiegen. Haben Sie mit diesen Auswirkungen des Abstimmungsergebnisses auf die Märkte gerechnet? Welche Entwicklungen erwarten Sie in Zukunft?

Mr. Stöferle: Wie viele andere auch habe ich eigentlich nicht mit dem Brexit gerechnet. Doch die darauf folgenden Marktbewegungen haben mich nicht im Geringsten überrascht. Der Brexit hat die Unsicherheit in einer Welt erhöht, die sich bereits am Rande des Chaos befindet und in diesem Kontext ist es keineswegs verwunderlich, dass der Kurs der britischen Währung einbrach, während Gold neuen Schwung bekam.

Was die zukünftigen Trends angeht gibt es einfach zu viele Variable, um eine zuverlässige Vorhersage zu wagen.

Wer wird über den Brexit verhandeln? Welche Vereinbarung werden die Parteien treffen? Wird es sich nur dem Namen nach um einen Austritt aus der EU handeln, während die wirtschaftlichen Bedingungen für das Vereinigte Königreich und die EU-Staaten größtenteils unverändert bleiben? Oder werden die europäischen Führungskräfte Großbritannien bestrafen wollen? Wie wird die EU reagieren? Werden sie den Brexit als Anlass zur weiteren Integration, Zentralisierung und Bürokratisierung nehmen oder werden sie ihn als Weckruf verstehen und die Macht wieder stärker von Brüssel auf die Nationalparlamente übertragen? Wird sich der Brexit für Großbritannien als die bessere Option erweisen? Wird es auch in anderen EU-Staaten zu Volksabstimmungen kommen?

Es gibt zu viele offene Fragen, um die langfristig Resultate einzuschätzen. Allgemein lässt sich jedoch feststellen, dass die Unsicherheit den Goldpreis unterstützt.


Global Gold: Wie Sie wissen glaube ich, dass die Märkte heutzutage hauptsächlich von der Geopolitik und den Entscheidungen der Zentralbanken beeinflusst werden. Ist Gold in Anbetracht der eben diskutierten Entwicklungen wieder im Geschäft? Wie gehen Sie als Portfolioverwalter mit Goldinvestments um, wenn es darum geht, Anlagen zu diversifizieren?

Mr. Stöferle: Als Anhänger der Österreichischen Wirtschaftsschule beschäftige ich mich weniger mit exakten Preisprognosen als vielmehr mit den Kursentwicklungen, die aus den Handlungen und Entscheidungen von Einzelpersonen und Politikern resultieren. Allerdings bin ich überzeugt, dass Gold zumindest mittelfristig über ein enormes Aufwärtspotential verfügt.

Nach Jahren der sinkenden Inflationsraten und der starken Dollarkurse, in denen sich die Marktteilnehmer in einem falschen Gefühl von Sicherheit wiegten, hat sich der Trend in Bezug auf die Inflation nun umgekehrt und die ersten Zweifel an der Geschichte vom wirtschaftlichen Wiederaufschwung werden laut. In unserem Bericht "In Gold We Trust 2016" nennen mein Geschäftspartner Mark Valek und ich ein Kursziel von 2.300 US-Dollar je Unze im Juni 2018.

Im Zusammenhang mit einem Portfolio hat Gold viele wünschenswerte Eigenschaften. Da es nur eine sehr geringe oder selbst negative Korrelation zu anderen Vermögenswerten aufweist, kann es helfen ein Portfolio zu stabilisieren und auszubalancieren. In Krisenzeiten und bei Marktturbulenzen kann ein Ausbau der Positionen in Gold, Goldderivaten und den Aktien der Minengesellschaften höhere Gewinne generieren.


Global Gold: Vielen Dank, dass Sie Ihre Gedanken mit uns geteilt haben!


© Claudio Grass
Global Gold


Dieser Artikel wurde am 26.07.2016 auf www.goldandliberty.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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