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Was droht uns aus Italien?

30.08.2016  |  Dr. Dietmar Siebholz
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Erstens hätten diese eventuell noch einen moralischen Anspruch aus den Sünden der Kaiserzeit in Deutsch-Süd-West (Stichwort: Vernichtung der Hereros) und zweitens - so hörte ich - können immer noch einige Einheimische Deutsch. Diese hätten dann einen wesentlichen Vorteil gegenüber den Flüchtlingen aus den anderen Staaten. Denn deren geschätzte Integrationszeit in Deutschland würde nicht - wie derzeit geschätzt - zwischen sieben bis zehn Jahren liegen, sondern schon kürzer, weil sie ja schon teilweise unsere Sprache verstehen können.

Mein trockener Hinweis als Bänker soll Sie nicht nervös machen, aber versuchen Sie einmal, meine Rechnung nachzuvollziehen. Die laufenden Unterhaltskosten für einen Antragsteller“ liegen bei ca. 3.000 € pro Monat, wenn man nur die reinen Sozialleistungen heranzieht. Nur zur Statistik: MUFl´s - also die komplexere Variante eines Antragstellers - nämlich ein Minderjähriger Unbegleiteter Flüchtling kostet so an die 50.000 € pro Jahr. Bei einer Million Antragstellern wären dies ohne die zahlreichen MUFL´s schon jährlich 36 Mrd. €.

Bei einer durchschnittlichen Integrationszeit von optimistisch geschätzten fünf Jahren wären es kumuliert 180 Mrd. €; die Höhe der Sach- und Investitionskosten für Gebäude, Umbaumaßnahmen etc. kann man nur schätzen und daher sollten sie zwar nicht ignoriert aber fairerweise aus der Bedarfsberechnung für die erforderlichen Steuerreinnahmen herausgelassen werden. Wahrscheinlich werden sie aber durch Kürzungen der anderen Haushaltspositionen teilweise finanziert werden können. Wie das die davon betroffenen Bevölkerungsteile sehen werden, ist jetzt schon zu vermuten.

In Italien hat die "Fünf-Sterne-Partei" des Beppe Grillo dort ihren Zuwachs an Stimmen generiert. Diese Kostenschätzungen stellen jedoch nur die Belastungen dar, die sich aus dem Status Quo ergeben; eine neue Wanderungsbewegung aus Afrika über Italien und dann wieder Österreich ins gelobte Mutti-Land dürfte dann aber alle Kalkulationen über den Haufen werfen.

Italien wird für uns die zweite Türkei, von der wir ja hoffen, dass sie uns die Segnungen der Kanzlerin-Euphorie vom Leibe halten. Wer Südtirol kennt, wird den Engpass "Franzensfeste" (Ital. Fortezza) kennen, mit dem das Wiener Kaiserreich sein Herrschaftsgebiet gegen die Italiener halten wollte. Damals und heute wird diese Festung aber nicht dem Ansturm der Massen standhalten.

Ich frage mich, was die Politiker getan haben, als die US-Strategen, also Mr. Barnett und auch George Friedman von STRATFOR dieses Prinzip in Büchern oder in Vorträgen dargestellt haben. Man hätte mit dieser Kenntnis schon ein Reaktionskonzept erstellen können. So etwas würde ich dann gute Staatsführung nennen.

Extrem wichtig wird jedoch noch dieses Jahr die Volksabstimmung sein, die im Oktober oder November in Italien stattfinden soll. Meiner Meinung nach ist diese Abstimmung fast wichtiger als die US-Präsidentenwahl, denn sie betrifft uns direkt als EU-Mitgliedsland. Ministerpräsident Rienzi will in einer Volksabstimmung wesentliche Strukturveränderungen durchsetzen, die die Lähmungen der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Italien großflächig beseitigen sollen.

Erhält Rienzi nicht die Zustimmung zu seinen Reformen, mit denen er Italien grundsätzlich verändern und sich als stabiler Partner auch für uns darstellen will, wird er zurücktreten. Seine PD-Partei liegt noch mit kleinem Vorsprung so bei ca. 31% vor der Protestpartei "Fünf-Sterne" mit ca. 29%. Rienzi braucht aber mehr als 50%; wer ihm dazu die Differenz an Stimmen liefern soll, ist derzeit noch unklar.

Tritt Rienzi zurück, ist dies nicht nur ein üblicher Stabwechsel in Rom, es ist der Beginn des absoluten Scheiterns Italiens; da sind die Flüchtlinge, die es jetzt schon aufnehmen muss, fast nur noch ein lästiges Beiwerk. Die bekannte politische Forderung der "Fünf-Sterne-Partei" nach einer Volksabstimmung über den Austritt aus der EURO-Zone und aus der EU würde meiner Meinung nach bestätigen, dass die Lunte für den Verfall der EU bereits im Jahr 2016 gelegt wird. Beachten Sie bitte, Italien ist ein wichtiger Baustein dieses schon morschen Hauses EU; wenn Italien ausfallen sollte, dann steigt nach dem Ausstieg von Großbritannien der Druck auf Deutschland.

Da sich die Probleme eher vergrößert haben als vermindert, gilt der alte physikalische Grundsatz "Druck ist Gewicht pro Fläche" oder auf die Wirtschaftskraft bezogen - "wenn alle materiellen EU-Probleme dann nur noch auf ca. 70% der verbleibenden EU-Bevölkerung konzentriert werden, erhöht sich der Druck auf Deutschland überproportional. Da setzt natürlich voraus, dass die verbleibenden EU-Länder dann noch für die materiellen Lasten der Ausgeschiedenen in der Verpflichtung stehen. Ich glaube nicht an die Aussage, dass wir bei einem Ausscheiden eines EU-Landes nicht mehr indirekt noch in die Haftung einbezogen werden.

Wenn Sie weitschauender als unsere Politkomiker in Berlin agieren wollen, stellen Sie sich auf ein - nach dem Brexit-Beschluss der Briten - weiteres Beben in der EU aufgrund der tektonischen Einflüsse aus Bella Italia ein. Wir werden fast wie immer der EU-Leit(d)hammel sein.

Und was ich nach den Erkenntnissen aus Griechenland befürchte, ist, dass die vermögenden Italiener so wie die vermögenderen Griechen vorher schon daran gehen werden, Euro-Vermögen aus Italien zu exportieren und an andere Standorte zu bringen. Dieser Gedanke ist nicht weit hergeholt, wenn man sehen musste, wie diese Transfers das Guthaben der Bundesbank bei der EZB und die Schulden der Griechischen Nationalbank nach oben schießen ließ. Uns sollte da nicht gleichgültig sein, denn das daraus resultierende Guthaben eines Italieners bei uns ist für diesen frei verfügbar, aber der gestiegene Guthabensaldo der Bundesbank bei der EZB ist dies eben nicht.

Denken Sie darüber nach, mit welchen persönlichen Konsequenzen Sie wegen der möglichen Zuspitzung der Probleme Italiens rechnen müssen, also mit einem schwachen Euro, mit neuen Inanspruchnahmen für die Umlagefinanzierung zur Rettung unserer südlichen Partner nach den kostenträchtigen Erfahrungen mit Griechenland. Und dazu mit der Erkenntnis, dass unsere umfangreichen EZB-Guthaben nicht Liquidität darstellt, über das wir verfügen können.

Die Inanspruchnahme zur Stützung Italiens wird sicherlich indirekt und wieder über Steuererhöhungen erfolgen, denn unser Guthaben bei der EZB aus dem TARGET-2-Programm ist ja ohnehin nicht zu verwenden, weil dies nur dann möglich wäre, wenn die Schuldner aus den Verrechnungskonten - also die schwachen Notenbanken der EU-Länder - ihren Verpflichtungen nachkommen könnten. Wer kann daran noch glauben? Bleiben Sie bitte wachsam.


© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de



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