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Goldene Zeiten vorbei?

26.08.2006  |  Klaus Singer
Der Goldpreis hatte Anfang Mai parallel zum Einbruch an den Aktienmärkten bei 725 Dollar ein wichtiges Hoch markiert. Das darauf folgende Korrekturtief liegt bei rund 570 Dollar. Aktuell liegt die Notierung etwas unterhalb des 38er Retracement bei rund 628. Dies ist ein bärisches Zeichen. Diese Hürde wurde in den vergangenen Tagen mehrfach angegangen, konnte aber nicht überwunden werden. Andererseits scheint aber auch das 23,6er Retracement unterhalb von 610 Support zu bieten, so dass sich der Preis für das Krisenmetall momentan in einer volatilen Seitwärtsbewegung befindet.

Gold gilt gemeinhin als sicherer Hafen, und zwar im doppelten Sinn. Einmal dient es als Zuflucht bei geopolitischen Spannungen, zum anderen soll es vor Inflation schützen.

Aktuell reagiert der Goldpreis auf politisch-militärische Neuigkeiten kaum noch. Vor allem aber bleibt mit dem Entweichen der Inflationsphantasie (siehe meinen Artikel vom 18. Aug. 2006) ein wichtiges Stück Phantasie auf der Strecke.

Weiterhin fällt auf, dass sich die Entwicklung des Goldpreises tendenziell vom Außenwert des Dollar (insbesondere in seinem Verhältnis zum Euro) abkoppelt. Der Zusammenhang war in der Vergangenheit meist recht eng: Gewann der Euro gegenüber dem Dollar an Wert, stützte das den Goldpreis; umgekehrt hemmte ein festerer Dollar die Preisentwicklung des Edelmetalls.

Dieser Effekt harmoniert mit der Idee vom Inflationsschutz. Wenn die zentrale Währung der Weltwirtschaft entwertet wird, sinkt damit der Wert aller in Dollar notierten Vermögensgegenstände. In dem Augenblick, wo das Thema Inflation in den Hintergrund tritt, liegt es im Umkehrschluss nahe, dass sich auch der Zusammenhang mit dem Außenwert des Dollar lockert.

In Zeiten verstärkter geopolitischer Unsicherheiten wird der Dollar unabhängig von allen anderen Einflussfaktoren immer wieder gerne genommen. Er gilt als sicherer Hafen und konkurriert in dieser Hinsicht mit Gold. Die diesbezügliche Rolle des Goldes kommt im Rahmen der fundamentalen Neueinordnung des Edelmetalls ebenfalls auf den Prüfstand.

Zusammengenommen unterliegt der Goldpreis verschiedenen neuen Einflüssen, allem voran denen aus der schwindenden Inflations-"Angst". Dies trifft das Krisenmetall vor dem Hintergrund einer schwierigen charttechnischen Lage besonders. Oder anders herum ausgedrückt: Die charttechnische Lage ist wohl deshalb so problematisch, weil eine wesentliche Stütze des Goldpreises zu entfallen scheint.

Wie geht es weiter? Die Prognose der TimePatternAnalysis (im offenen Bereich der Web-Seite einsehbar) sieht Gold noch einige Zeit gefangen unter dem 38er Retracement, jedoch mit Abwärtstendenz in Richtung des nächsttieferen Retracements. Unterhalb von 620 sollte sich die Schwäche schnell verstärken. Dass die runde Zahl von 600 durchbrochen wird, erscheint momentan unwahrscheinlich. Dasselbe gilt für das Niveau von 630.

Ein Blick auf die Zyklusstruktur bei der Goldpreisentwicklung zeigt den Bereich zwischen 20 und 40 Tagen gestört. Dies dürfte vom Markt nicht erwartete externe Effekte widerspiegeln. Dabei fällt auf, dass der aufwärts gerichtete 26-Tage-Zyklus am 14. August besonders heftig aus dem Takt gebracht wurde; über das davor liegende Wochenende war der Goldpreis um 20 Dollar abgestürzt. Zu diesem Zeitpunkt konnte man sich auf einen Waffenstillstand in Nah-Ost einigen. Wichtige Einflussfaktoren waren auch die beiden amerikanischen Inflationsindices, die danach gemeldet wurden. Insbesondere der Produzentenpreisindex PPI nahm Inflations-"Angst" aus dem Markt und zieht ein wichtiges Goldbullen-Argument in Zweifel.

Der Versammlungsort wichtiger Goldminenaktien, der Gold-Bugs-Index, zeigt ein Bild, was den Eindruck hoher Unsicherheit beim Gold bestätigt. Beim HUI hat sich bei knapp 350 ein starker Widerstand gebildet, gegen den der Index in der jüngeren Vergangenheit mehrfach vergeblich anlief. Die Prognose der TimePattern sieht es als kurzfristig wenig wahrscheinlich an, dass diese Hürde genommen werden kann; eher dürfte nun der Support unterhalb von 325 getestet werden. Die Schwäche des HUI harmoniert mit der beim Gold.

Fazit: Der Goldpreis spiegelt wider, dass sich die Finanzmärkte in einer Phase der Neuorientierung befinden. Alte, "lieb" gewordene Zusammenhänge und Denkmuster lösen sich auf, auf neue müssen sich die Akteure erst einstellen. In solchen Phasen sind die Finanzmärkte stets besonders anfällig und empfänglich für externe Impulse. Zudem laufen sie in den schwierigen Börsenmonat September hinein, zu dessen Beginn der "Labour Day" steht. Und um den herum finden häufig bedeutende Trendwenden statt (vgl. Artikel vom 22. Aug. 2006).


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de







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