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Silber, Gold und wie Sie andere davon überzeugen

28.12.2016  |  Jeffrey Lewis
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Normalerweise stellt niemand unser Wissen auf die Probe und wenn wir Fragen zu etwas haben, können wir einfach nachsehen oder es irgendwo nachlesen. Diese Tendenz der Menschen, beim Treffen von Entscheidungen oder beim Beurteilen einer Situation mentale Abkürzungen zu nehmen, nennen Psychologen die Theorie vom "kognitiven Geizhals". Warum sollten wir uns die Mühe machen, etwas wirklich zu verstehen, wenn wir auch so zurechtkommen?

Das Interessante daran ist, dass wir vor uns selbst verstecken, wie oberflächlich unser Wissen wirklich ist. Jedem, der schon einmal unterrichten musste, wird dieses Phänomen bekannt sein. Wenn man übt, was man sagen möchte, dauert es normalerweise nur wenige Augenblicke, bis man feststellt, dass man eine Sache nicht völlig versteht. Oder, schlimmer, man merkt es bei der ersten Frage seiner Studenten. Überall auf der Welt sagen die Lehrer zueinander: "Ich habe das erst richtig verstanden, als ich es unterrichten musste." Oder, wie Mark Changizi witzelte: "Ganz gleich, wie schlecht ich unterrichte, ich kann immer noch etwas dabei lernen."


Erklären Sie sich

Im letzten Jahr wurde eine neue Studie zu dieser Illusion des Wissens veröffentlicht. Sie zeigt, wie die über das Phänomen gewonnenen Erkenntnisse dazu verwendet werden können, andere von der eigenen Meinung zu überzeugen. Ein Forscherteam unter der Leitung von Philip Fernbach von der University of Colorado ging dabei von der Annahme aus, dass das Phänomen nicht nur bei Toilettenspülungen anzutreffen ist, sondern auch auf politische Themen usw. übertragen werden kann. Vielleicht, so dachten sie, wären Menschen mit starken politischen Überzeugungen offener für andere Sichtweisen, wenn man sie bittet zu erklären, wie genau eine von ihnen befürwortete Maßnahme zu den gewünschten Ergebnissen führen würde.

Die Wissenschaftler rekrutierten im Internet amerikanische Probanden und befragten die Studienteilnehmer zu einer Reihe von umstrittenen Themen der US-Politik, beispielsweise dem Verhängen von Sanktionen gegen den Iran, dem Gesundheitssystem und dem CO2-Ausstoß.

Eine Gruppe sollte ihre Meinung dazu sagen und dann Gründe für ihrem Standpunkt anführen. Die Mitglieder dieser Gruppe konnten also ihre Argumente vorbringen, so wie jeder in einer Debatte oder einem Streit seine Ansichten vertreten kann. Die Mitglieder der zweiten Gruppe bekamen eine etwas andere Aufgabe. Statt Gründe zu nennen, sollten sie erklären, wie eine von ihnen befürwortete politische Regelung im Detail funktionieren würde. Sie wurden gebeten, die kausale Wirkungsabfolge vom Beschluss der Maßnahme bis zu den erwarteten Resultaten Schritt für Schritt aufzuzeigen.

Die Ergebnisse waren eindeutig. Die Teilnehmer, die ihre Argumente und Gründe vorgetragen hatten, waren nach dem Experiment genauso überzeugt von ihrem Standpunkt wie davor. Diejenigen, die die exakte Funktionsweise erklären sollten, hatten ihre Haltung relativiert und bewerteten anschließend auch ihr Verständnis der jeweiligen Sache dementsprechend schlechter.

In manchen Fällen eröffnet dieses Aufweichen der eigenen Position die Möglichkeit auf ein besseres, tiefer gehendes Verständnis und eine Erneuerung der Überzeugung. Womöglich wird sie dadurch sogar immun gegenüber Druck von außen. "Aufweichen" ist allerdings ein irreführender Begriff. Die Relativierung des eigenen Standpunktes ist das Ergebnis echten Nachdenkens und geistiger Arbeit. In vielen Fällen werden vorgefasste Meinungen dadurch ernsthaft auf die Probe und in Frage gestellt.

In unserem "Camp" fällt es vielen, einschließlich mir selbst, beispielsweise schwer die Tatsache zu akzeptieren, dass die Preisentwicklung die Art der Berichterstattung bestimmt. Die Ursachen für die Art und Richtung der Marktentwicklung sind in unserem modernen Finanzsystem manipuliert. Alles andere ist eine Folge dessen. Das gilt auch die Reste der Realwirtschaft, die sich zwischen alldem noch verstecken.

Studienteilnehmer, die zuvor zum Beispiel stark für oder gegen den CO2-Emissionshandel waren, vertraten anschließend tendenziell eine moderate Meinung und standen dieser Maßnahme nicht mehr uneingeschränkt zustimmend oder ablehnend gegenüber.

Es lohnt sich in jedem Fall, dieses Phänomen im Hinterkopf zu behalten, wenn Sie das nächste Mal jemanden davon überzeugen wollen, dass wir mehr Kernreaktoren bauen sollten, dass der Kollaps des Kapitalismus unvermeidlich ist, oder dass die Dinosaurier noch vor 10.000 Jahren gemeinsam mit den Menschen auf dieser Erde existierten.

Interessante Analogie, die die Autoren hier gewählt haben. Vielleicht sollte man ihnen erklären, auf welche Weise der heutige Zusammenbruch des Kapitalismus schon vor langer Zeit begonnen hat.

Aber wie dem auch sei. Vergessen Sie nicht, dass Sie eventuell erklären müssen, warum genau Sie denken, dass Sie recht haben. Sonst sind vielleicht am Ende Sie derjenige, der seine Meinung ändert. Ironischerweise glaube ich gerade deshalb, dass ich in Bezug auf Silber und Edelmetalle richtig liege, weil dieses Phänomen der Massenillusionen in unserer heutigen Kultur und Gesellschaft so allgegenwärtig ist.


© Jeffrey Lewis


Der Artikel wurde am 22. November 2016 auf www.Silver-Coin-Investor.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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