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Versorgungsprobleme bei Kupfer, dann Nickel, wann Silber?

05.09.2006  |  Dr. Dietmar Siebholz
In den letzen Monaten ist es ruhig um den sonst so unruhigen und rastlosen Siebholz geworden; besorgte Partner haben schon einmal vorsichtig nachgefragt, was denn mit mir los sei. Daher zum Beginn meines heutigen Kommentars zu den Rohstoff-Märkten eine persönliche Anmerkung: Viele meiner Korrespondenzpartner und Freunde wissen, dass ich mich seit Jahren auch mit der Finanzierung von Technologie-Entwicklungen beschäftige und in den letzten Jahren einen ansehnlichen siebenstelligen Betrag dort investiert habe; als ein Nebenprodukt dieser Engagements habe ich einen sehr erfahrenen australischen Wissenschaftler kennen- und schätzen gelernt (Greg Eaton ist inzwischen mein Freund und auch Katrin´s und mein Trauzeuge). Dieser Herr Eaton hat sich nun mehr als acht Wochen bei uns aufgehalten, um mit mir neue Technologieprojekte zu besprechen, die er als jahrelanger Vorsitzender der staatlichen Vergabekommission für die australischen Fördergelder jetzt als Consultant begleitet.

Über zwei Projekte werde ich - da sie die Gebiete Biotechnologie und Energieversorgung betreffen - und auch für meinen Partnerkreis interessant sein könnten, in Bälde berichten. Also, der Siebholz lebt, analysiert so wie immer, aber er öffnet sich neben seinem gesellschaftskritischen und seinem Silber-Engagement auch anderen derzeit hoch aktuellen Themenkreisen. Warten Sie auf meine Essays zu den Themen: "Deutsches Erdöl aus minderwertiger deutscher Braunkohle" oder besser: "Deutsches Verfahren aus den Zwanzigern - das Fischer-Tropsch-Verfahren - wird bald in Deutschland wieder für Furore sorgen" und "Miniatur-Diagnosegeräte verändern die Diagnostik weltweit".

Im Übrigen: Nichts hasse ich mehr als die Einseitigkeit und die geistige Selbstbeschneidung ... .

Nun zu den Rohstoffmärkten. Ehrlich gesagt, wenn man mir vor Jahren erklärt hätte, dass ein Massenrohstoff wie Kupfer nicht mehr im Übermaß vorhanden und lieferbar sei, hätte ich den Berichterstatter schlicht für geisteskrank erklären lassen; bald darauf wurde das Malheur der chinesischen Short-Spekulaton bekannt und ich war der Überzeugung, dass die Veröffentlichung über diese Shortpositionen, die ja gar nicht so aufregend groß waren, bald zu einem extremen Rückschlag beim Kupferpreis führen würden.

Weit gefehlt, meine Einschätzung war schlicht falsch. So geschieht es einem immer, wenn man nicht das ganze Spektrum der den Markt beeinflussenden Faktoren kennt oder berücksichtigt. Natürlich ist die Aufregung über die chinesischen Kupfer-Leerverkäufe längst abgeflacht, aber die anderen Faktoren sind noch viel negativer: Da wären die Fehleinschätzungen der Verbrauchsentwicklungen in China und Indien, die angesichts des Bevölkerungsumfangs kein Mensch voraussagen kann, und dann noch die Fehleinschätzungen über die Stabilität der Produktionsmengen. Natürlich wissen wir heute, dass bei dem explodierenden Kupferpreis auf einmal viele gierige Hände da sind, die mitbeteiligt werden wollen, also die teilweise unzuverlässigen Produzentenstaaten und die Mitarbeiter/Gewerkschaften. Diese sind nicht unberechtigt an Lohnerhöhungen interessiert, haben sie doch in den vielen schwachen Rohstoffjahren, die hinter uns liegen, verzichtet und alle für sie negativen Entwicklungen ertragen müssen.

Am schlimmsten sind wieder einmal die gierigen Regierungen (ist doch lustig, dass im Wort "Regierungen" das Wort "Gier" im Mittelpunkt steht, oder?) die jetzt zugreifen und sich über neue Gesetze und Regeln ihren Anteil sichern, sei es in der Mongolei (Ivanhoe) in Venezuela, in Equador und in vielen anderen Ländern. Das Kupferangebot und der Kupferpreis werden darauf bald reagieren (müssen).

Als mir mein Schweizer Freund Marcel E. vor Jahren riet, mich stärker im Nickelmarkt zu engagieren, habe ich mich nicht bewegt; Nickel war zwar nicht im Überfluss vorhanden, aber es gab für den täglichen Bedarf genug Rohstoff am Markt. Irgendwann einmal habe ich dann seinem Drängen nachgegeben und auf seinen Tipp hin einen australischen Nickelexplorateur und -Produzenten (Sally Mallay) - quasi Nolens-Volens, also nur zu seiner und meiner Beruhigung gekauft. Danke Marce, Dank für Deine Hartnäckigkeit!

Ja, die Jahrhunderte alte Londoner Institution (Londoner Rohstoffbörse) musste vor wenigen Tagen eine kaum so richtig beachtete Nachricht veröffentlichen, die im Prinzip den Zusammenbruch des Nickelmarktes bestätigte. Denn, wenn eine Börse erklärt, sie sei illiquide, weil die Leerverkäufer, die es auch hier gab, also die Papierspekulanten jetzt nicht mehr in der Lage seien, das auf Termin verkaufte Material zum Fälligkeitsdatum auch zu liefern, dann ist das für mich als alten Börsianer und Börsenhändler ein Börsenkonkurs. Wozu sind denn diese Rohstoff-Börsen da, um "Spiel und Wette" zu fördern, oder den Produzenten und Verbrauchern sichere Lieferbedingungen zu schaffen?

Was die daraus resultierenden Entscheidungen der Londoner Metallbörse angeht, so sind die Auflagen in der Öffentlichkeit auch nicht so recht zur Kenntnis genommen worden. Diese sind:
  • 1. Die Käufer von Terminkontrakten können nicht auf der Lieferung bestehen; das nenne ich klar einen Kontraktkonkurs; wir werden bald erfahren, was dies für die Edelstahl- und die weiter verarbeitende Industrie bedeuten wird.

  • 2. Die Shorts - die jetzt quasi mit herunter gelassenen Hosen erwischt wurden (sorry, ein drastisches Beispiel, aber drastisch ist die richtige Bezeichnung für das Trauerspiel, das vor unseren Augen und nahezu unkommentiert von der Presse abspielt - und ich liebe klare und
    bildhafte Vergleiche) - müssen jetzt pro Tag 1% des Lieferkontraktwertes als Buße an ihre Kontraktpartner zahlen.


Die Nickelsache ist noch nicht ausgestanden; versuchen Sie sich einmal vorzustellen, dass Sie etwas schulden, das es in dieser Menge gar nicht mehr gibt und Sie liefern müssen. Gut werden Sie sagen, die unfähige Börsenüberwachungskommission hat ihre Aufgabe angesichts der unfehlbaren Anzeichen nicht wahrgenommen und ist auch für einen Teil der Folgen verantwortlich, aber: Verantwortlich sein und dann auch eine materielle Verantwortung (also Schadensersatz für die geprellten Käufer, also die Industrie zu übernehmen, sind zwei verschiedene Paar Schuhe). Von den staatlichen Stellen wird die Industrie diesen Schadensersatz nicht erhalten; das haben staatlich geprägte Kommissionen so an sich, Verantwortung tragen immer die anderen.

Versetzen Sie sich in die Lage des Leerverkäufers, also des Terminspekulanten, der sich in seiner Einschätzung geirrt hat. Er ist immer noch seine Kontrakte short, und täglich kommen 1% Lieferverzugszins dazu. In einem Monat wären dies dann 30%, in zwei Monaten 60% usw. Nach dem Titanic-Prinzip wird nun jeder Leerverkäufer versuchen, seine Position zu decken, koste es, was es wolle - und das sehr kurzfristig. Hier sind weitere heftige Folgen zu befürchten.

Was hat das für den Silbermarkt zu sagen? Ja Silber - und da schließe ich mich der Meinung von Theodore Butler an - ist in einer ähnlichen Situation, die ich vor Jahren bei Kupfer und Nickel als undenkbar fand: Es gibt genug oberirdisches Silber in Lagerhäusern, die neuen Minen werden rechtzeitig liefern und die hohen Leerverkäufe der Commercials sind immer wieder im Roll-Over-Verfahren auf die Zukunft verschiebbar.

Wer so denkt und sich beruhigen lässt, übersieht verschiedene Faktoren:
  • 1. Es ist nicht nur in Nordamerika seit Monaten äußerst schwierig, größere Mengen an physischem Silber kurzfristig ausgehändigt zu bekommen.

  • 2. In den Statistiken der Vergangenheit wurden - so jedenfalls glaubt Jeff Christian von der CPM, einer angesehenen Rohstoff-Beratungsgesellschaft - die Bestände in den Bank-Silbermetallkonten den physischen Beständen voll zugerechnet. Das erscheint mir angesichts des Engagements, das einige Banken in diesem Segment an den Tag legen und gleichzeitig nach deren Bestimmungen nicht dazu verpflichtet sind, über einen bestimmten Prozentsatz hinaus das in den Konten geführte Silber auch physisch vorzuhalten, mehr als haltlos. Die dort vermuteten Bestände wird es gar nicht mehr oder nicht in diesem Umfange geben.

  • 3. Still und heimlich hat der Barclays Silber ETF schon fast an die 100 Mio. Unzen Silber vom Markt genommen. Da entsteht die Frage: Wo kam dieses Silber her? Wenn es tatsächlich schon physisch in den ETF eingeliefert wurde, hat es dazugeführt, dass die bekannten physischen Vorräte bis an die Belastungsgrenze erschöpft sind.

  • 4. Jetzt können noch staatliche Reserven - wir hörten von den Verkäufen der letzten 36 Mio. Unzen in Indien und von den zu erwartenden Verkäufen der chinesischen Regierung - ausgekehrt werden, aber die Industrie und die steigende Nachfrage von Investoren wird diese Mengen bald absorbieren.


Ich warte jetzt einmal ab, wie die Shorts nach den Erkenntnissen aus dem Nickelmarkt ihr Risiko betrachten, wie sich die US-staatliche Kontrollbehörde CFTC, die ja für die Kontrolle der Rohstoffmärkte in den USA verantwortlich ist - und auf Nachfrage von Ted Butler keine den Markt beeinflussende Risiken in den Leerverkaufspositionen der Commercials im Future-Markt sieht, verhält.

Auch wenn wie in Falle der CFTC der Fuchs der Wächter des Hühnerstalls geworden ist, können sie sich später nicht auf Nichtkenntnis herausreden: Ted Butler schreibt ihnen diese Mängel seit Jahren und: Sie reagieren nicht.

Meine Meinung: Staatliche Kontrollen sind hohles Machwerk und in der Regel unfähig, die richtige Kontrolle übt der Markt aus und der wird - die Beispiele Kupfer und Nickel zeigen dies überdeutlich - seine Macht ausüben, früher oder später.

Richten Sie sch darauf ein und wählen Sie bitte später nicht die übliche Ausrede: "Das habe ich aber nicht gewusst...".


© Dietmar Siebholz

Sie erreichen mich unter wthlz1@freenet.de oder wthlz@compuserve.de.





Nachsatz 1: Es gibt viele Wege, sich diese Chancen im Silbermarkt zu sichern: Silber in physischer Form auf jeden Fall, Silberfonds und auch Silberaktien. Lassen Sie sich fachgerecht beraten.

Nachsatz 2: GoldSeiten veranstaltet am 3.11 und 4.11.2006 in München die zweite Auflage der Münchner Edelmetall-Messe; dort werden Sie viel Neues auch über Silber erfahren. Ich bin im Übrigen auch dort und werde Spaßiges und vielleicht auch mal etwas Kluges zu Silber von mir geben.






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