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Keith Neumeyer über Preismanipulationen und "enorme Engpässe" am Silbermarkt

20.01.2017  |  Mike Gleason
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Bezieht man den gesamten Zeitraum der letzten 20 oder 30 Jahre mit ein? Ich glaube, es ist im Grunde genommen fast unmöglich, den Gesamtschaden zu beziffern, den die Banken angerichtet haben. Man bedenke nur die Arbeitsplätze, die weltweit verloren gehen, wenn die Metallpreise so stark sinken wie in den letzten fünf Jahren, oder die Marktkapitalisierung der Unternehmen, die in vielen Fällen um 50% oder mehr gesunken ist. Die Liste ließe sich fortführen. Die Schäden belaufen sich auf viele, viele Milliarden. Ich weiß nicht, wie ein Richter den wahren Umfang dieser Aktivitäten bewerten würde.


Mike Gleason: Wie Sie eben gesagt haben, haben Sie versucht andere in Ihrem Sektor zu rekrutieren und zu ermutigen, sich ebenfalls gegen diese Preisintrigen zur Wehr zu setzen. In der Vergangenheit haben Sie sich sogar dafür entschieden, einen Teil Ihrer Produktion zurückzuhalten und nicht am Markt zu verkaufen, weil Sie glaubten, dass die Preise künstlich niedrig gehalten wurden. Wir verstehen nicht ganz, warum Sie von Ihren Kollegen in der Bergbaubranche so wenig Unterstützung erhalten, wenn es darum geht auf die offensichtlichen Manipulationen aufmerksam zu machen. Wir selbst sind ja nicht im Minensektor tätig, aber wir verfolgen die Entwicklungen natürlich mit.

Wenn ich ein Unternehmen hätte, das nachteilig beeinflusst wird, weil einige suspekte Trader und Handelshäuser Intrigen spinnen, um den Preis meines Produktes zu senken, dann würde ich doch alles in meiner Macht Stehende tun, um diese Praktiken ans Licht zu bringen. Doch das ist offensichtlich nicht der Fall. Warum sind Sie der einzige, der öffentlich über die Manipulationen spricht, Keith? Sind die anderen den selben Banken, gegen die sie aussagen sollen, in irgendeiner Weise verpflichtet?


Keith Neumeyer: Ich glaube, es liegt einfach nur am Charakter der Unternehmenschefs, die die Minengesellschaften leiten. Die Manager der Minenunternehmen sind oft ziemlich konservativ und der Bergbau ist insgesamt eine recht konservative Branche. Die Bergbauindustrie versucht immer, den Kopf einzuziehen und das Richtige zu tun, denn weil sie von manchen als dreckiges Geschäft angesehen wird, wird sie besonders kritisch beäugt. Ich glaube, viele Manager in unserer Branche scheuen einfach alles, was die Aufmerksamkeit auf ihr Unternehmen lenken könnte.

Ich bin eben ein bisschen anders veranlagt. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, den Mund aufzumachen, und ich finde es frustrierend, dass es nicht mehr Manager gibt, die sich an dem Kampf beteiligen. Meiner Meinung nach ist das eine wichtige Angelegenheit.


Mike Gleason: Einer unserer Interviewpartner, Bill Holter, hat vor Kurzem zum Thema der Manipulationen gesagt, "das ist keine Verschwörungstheorie mehr, das sind Verschwörungsfakten." Es wäre schon gut, wenn andere erkennen würden, dass es wirklich so ist, und dass sich etwas ändern muss.

Kürzlich ist noch eine andere interessante Geschichte bekannt geworden. WikiLeaks hat eine Mitteilung veröffentlicht, die 1974 von London an das US-Finanzministerium geschickt wurde, bevor die Terminmärkte für Gold und Silber gegründet wurden. Darin ging es um die Annahme, dass die Terminmärkte den Besitz von physischem Edelmetall weniger attraktiv machen würden. Die Verfasser erwarteten, dass der Papierhandel den physischen Handel bei Weitem übersteigen würde, und dass der Preis äußerst volatil wäre. Es scheint, als hätten sie genau das bekommen, was sie erwartet haben.

Glauben Sie, wir können darauf hoffen, dass die staatlichen Aufsichtsbehörden jemals aktiv werden? Haben Sie zufällig irgendwelche Hinweise darauf, dass die US-Börsenaufsicht CFTC die von der Deutschen Bank vorgelegten Beweise auswertet und vielleicht erwägt, ebenfalls Anklage zu erheben?


Keith Neumeyer: Als ich mit den beteiligten Anwälten gesprochen habe, sagten diese tatsächlich, dass sich eine ganze Reihe verschiedener staatlicher Behörden damit befasst. Sie wollten nicht zu viele Einzelheiten nennen und ich sollte wahrscheinlich nicht wiederholen, was sie genau gesagt haben, aber sie meinten auf jeden Fall, dass die Angelegenheit ernsthaft untersucht wird und sie waren zuversichtlich, dass es Konsequenzen haben wird. Doch wie genau diese am Ende aussehen...wer weiß? Wir wissen schließlich alle, dass die Banken leider über sehr viel Einfluss verfügen und die Regierungen oft nicht einmal verstehen, was genau sie tun.

Der Hochfrequenzhandel und das Spoofing, das an allen Märkten weltweit stattfindet, ist sehr komplex und schwer zu kontrollieren. Selbst die beste Aufsichtsbehörde hat Schwierigkeiten, es überhaupt zu entdecken. Ich versuche trotzdem, optimistischer zu sein, jetzt da WikiLeaks ebenfalls belastende Dokumente veröffentlicht hat.

Es hätte mich eigentlich nicht überraschen sollen, aber als ich die Informationen von WikiLeaks gelesen habe, war ich doch ziemlich überrascht. Offensichtlich wurde der Papierhandel im Edelmetallsektor in den 1970ern eingeführt, um vor allem die Amerikaner davon abzuhalten, physische Edelmetalle zu kaufen. Die Puzzleteile lassen sich leicht zusammensetzen: Die Institutionen und Banken können unbegrenzt hohe Short-Positionen eröffnen und die Regierungen wollen nicht, dass die Bürger tatsächlich Gold oder Silber besitzen.

Es gibt viele Gründe dafür, dass das Spiel immer weiter geht. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass sich mit Trump und auch in Europa einiges ändern wird. In gewisser Weise erleben wir gerade eine weltweite Wachablösung. Wenn nach und nach neue Politiker gewählt werden, hoffe ich, dass die Regierungen mit der Zeit transparenter geführt werden, und dass wir an den Märkten eine korrekte Preisbildung erleben werden.


Mike Gleason: Was kann ein durchschnittlicher Edelmetallinvestor unternehmen, Keith? Sollten beispielsweise die Aktionäre der Minengesellschaften in den Investor-Relations-Abteilungen anrufen und das Management dazu auffordern, die Manipulationen anzuprangern und sich dem Kampf gegen die Beeinflussung der Terminmärkte anzuschließen? Was können die Leute tun?

Keith Neumeyer: Nun, es ist frustrierend, dass in den Überschriften zu diesem Thema immer nur mein Name auftaucht. Ich würde viel lieber Überschriften wie "Die Minengesellschaften kämpfen gegen..." lesen. Es wäre besser, wenn die Unternehmen sich zusammenschließen würden, aber der Wille scheint einfach nicht da zu sein. Wie gesagt, ich finde das ziemlich frustrierend.

Wenn Sie als Investor oder Aktionär dieses Interview lesen, dann wenden Sie sich ruhig an die betreffenden Unternehmen. Wir bei First Majestic bekommen jedenfalls seit Jahren schon regelmäßig E-Mails von Investoren, die uns auffordern etwas zu unternehmen. Natürlich bekommen wir alles zugeschickt, was man sich nur vorstellen kann. Egal ob es gedruckt oder gesendet wird, unsere Aktionäre schicken uns alles. Wir wissen, was die Leute sagen.

Wenn First Majestic all diese Informationen bekommt und von den Investoren immer wieder angehalten wird, etwas zu tun, dann wird das bei den anderen Minenunternehmen sicherlich genauso sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie von ihren Anteilseignern die gleichen E-Mails bekommen, aber leider scheint das bisher keine Wirkung zu haben.



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