Was Sie schon immer über Platin wissen wollten
09.02.2017 | Eugen Weinberg
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Daher ist es durchaus möglich, dass sich neben Lonmin weitere Unternehmen dazu entschließen werden, einen Teil ihrer Produktion bei den aktuell meist nicht kostendeckenden Preisen zurückzuhalten. Im letzten Jahr ist die Minenproduktion in Südafrika auch deshalb überproportional stark um 5% gefallen.
Die Verteilung der einzelnen Kostenkomponenten der Platinproduktion richtet sich nach der jeweiligen Abbaumethode und deren Mechanisierungsgrad: Konventionell, mechanisiert und Tagebau. Der Tagebau wird vorrangig angewendet, wenn die abzubauenden Erze des Felsen lang und erdoberflächennah sind. Dies ermöglicht das Abtransportieren großer Mengen des Gesteins mit Schaufeln und LKWs, sodass eine schnellere Produktion im Vergleich zum Untertagebau möglich ist.
Infolgedessen können unter diesen Bedingungen auch Erze mit geringerem Erzgehalt noch wirtschaftlich rentabel abgebaut werden, die ansonsten brach liegen gelassen werden würden. Kostenseitig ist der Tagebau laut Amplats die günstigste Möglichkeit, um an Platinmetalle zu gelangen. Zudem mindert der mit 23% verhältnismäßig niedrige Anteil der Arbeitskosten an den Gesamtkosten die Abhängigkeit von zu hohen Lohnforderungen der südafrikanischen Gewerkschaft AMCU.
Dagegen haben Verbrauchsmaterialien einen vergleichsweise hohen Kostenanteil von 44% (Grafik 6). Kosten für Diesel, Elektrizität und sonstige Kosten inkl. Wasser machen jeweils rund 10% bzw. 13% aus. Die Kostenverteilung beim Tagebau lässt sich vor allem mit dem vergleichsweise hohen Mechanisierungsgrad erklären.
Neben dem Tagebau wird Platin meist untertage abgebaut. Dies geschieht in der Regel durch konventionelle Abbaumethoden, die arbeitsintensiv sind, jedoch zunehmend mechanisiert werden. Beim konventionellen Platinabbau machen die Kosten für Arbeiter und Vertragspartner laut Amplats rund 67% der Gesamtkosten aus (Grafik). Dadurch entstehen wie in den vergangenen Jahren geschehen starke Abhängigkeiten von hohen Lohnforderungen der Gewerkschaften.
Für Lonmin stiegen 2016 die Arbeitslöhne bspw. um 8,2%. Auch im mechanisierten Abbau machen die Arbeitskosten einen Anteil von 65% an den Gesamtkosten als wichtigste Kostenkomponente aus. Verbrauchsmaterialien, die zur Platinproduktion benötigt werden, tragen jeweils knapp ein Fünftel zu den Kosten beim konventionellen und mechanisierten Bergbau bei und liegen damit deutlich unter dem entsprechenden Anteil im Tagebau. Die übrigen Kostenanteile machen in beiden Verfahren jeweils weniger als 10% an den Gesamtkosten aus.
In der Zukunft werden langfristig laut der südafrikanischen Minenkammer mechanisierte 24/7 Abbaumethoden bedeutsam für die Industrie. Hierbei handelt es sich um eine extern von Mitarbeitern gesteuerte, automatisierte Abbaumethode, die es ermöglicht, vor allem in großen Tiefen durch den Einsatz von Maschinen oder Drohnen an 7 Tagen in der Woche 24 Stunden zu arbeiten. Der Einsatz solcher Methoden würde vermutlich die Zahl der tödlich verunglückten Bergleute, die im letzten Jahr laut dem südafrikanischen Statistikamt bei 30 Menschen lag, senken.
Zudem würden bei einem vollmechanischen oder sogar automatisierten Platinabbau auch weniger sicherheitsbedingte Produktionsausfälle im Rahmen von Paragraph 54 des Gesundheits- und Sicherheitserlasses im Bergbau (Mine Health and Safety Act) in Südafrika auftreten, welche die Platinproduktion in der betroffenen Mine stilllegen. Paragraph 54 sieht eine temporäre Stilllegung von Minen vor, die unzureichende Sicherheitsvorkehrungen bei einer Kontrolle aufweisen oder bei denen ein Unfall passiert ist.
Beispielsweise gab Sibanye an, knapp 68% der verlorenen Umsätze aufgrund von sicherheitsbedingten Minenschließungen erlitten zu haben. Auch Implats wertet die Ausfälle durch diesen Erlass als kritisches operatives Risiko. Die Mechanisierung dürfte sich somit direkt positiv auf die Produktivität und senkend auf die Kostenbasis auswirken. Durch Automatisierung von Arbeiten in den Schächten würden zudem diejenigen Schließungen minimiert werden, die zum Beispiel wegen nicht gewährleisteter Stromversorgung erfolgen. Tiefere Schächte sind zum Teil 40 bis 70 Grad Celsius warm. Eine konstante Klimatisierung dieser Bereiche ist für die Bergleute somit unerlässlich.
Eine zunehmende Mechanisierung und Automatisierung bei den Abbaumethoden würde die direkten Stromkosten senken. Der mit 95% Marktanteil beherrschende staatliche Stromanbieter Eskom belastet die Minen des Landes mit jährlichen Preiserhöhungen, die über den Inflationsraten Südafrikas liegen, was in Zeiten von niedrigen Platinpreisen, Verlusten und industrieweiter Konsolidierung eine schwere Bürde ist. Mangels ausreichender Kapitalinvestitionen stellt dies auch in der nahen Zukunft einen großen Unsicherheitsfaktor für die Gewährleistung einer reibungslosen Stromversorgung dar.
Allerdings deutet die aktuelle Debatte unter den führenden Minengesellschaften über die neuen Anforderungen an Bergleute bereits Zwist mit den Gewerkschaften an. Die in Südafrika für die breite Masse mangelhafte Bildung stellt dabei ein ernsthaftes Problem dar. Es ist fraglich, ob die Unternehmen durch eigene Schulungsprogramme ihren Mitarbeitern die erforderlichen Fähigkeiten lehren oder dies durch Kooperationen mit Universitäten geschehen könnte. So gab der Vorstand von Amplats zu bedenken, dass sich das Verhältnis zwischen der (südafrikanischen) Gesellschaft und den dort tätigen Bergwerken wohl künftig grundlegend ändern wird.
Waren die Bergwerke vorrangig ein großer Arbeitgeber für die südafrikanische Bevölkerung, wird sich dies bei unveränderter Bildungsgrundlage in den nächsten Jahren zwangsläufig ändern. Allerdings werden die Gewerkschaften dies wohl kaum ohne Widerstand akzeptieren. Folglich birgt die technologische Entwicklung im Minensektor die Gefahr von Streiks, insbesondere bei fortschrittsbedingten Kündigungen. Wann diese erfolgen, ist noch nicht genau absehbar. Allerdings kündigten bereits alle großen Platinproduzenten an, sich künftig verstärkt auf mechanisierte Abbaumethoden zu fokussieren.
Zurückzuführen ist dies insbesondere auf die niedrigeren Produktionskosten von mechanisierten Minen. Amplats setzt bereits seit 2011 eine Strategie zum Übergang in mechanisierte Abbaumethoden um. Diese soll bis 2023 abgeschlossen sein und beinhaltet, dass rund 80% der Produktion mit mechanischen Methoden abgebaut werden. Vor dem Hintergrund der sich daraus ergebenden neuen Kostenkomposition unter den Herstellern verändert sich vor allem der Anteil der Diesel- und Stromkosten an den Gesamtkosten. Während Diesel an Bedeutung gewinnt, wird Strom weniger wichtig.
Der Platinpreis wird in US-Dollar gehandelt. Allerdings wird wie bereits erwähnt das Gros des weltweiten Platinminenangebots in Südafrika sowie zu einem geringeren Anteil in Russland produziert. Folglich ist die Profitabilität der Minenproduzenten in diesen Ländern auch immer von den Wechselkursentwicklungen am Devisenmarkt abhängig. Eine Aufwertung des US-Dollar bzw. Abwertung der lokalen Währungen wirkt sich dabei positiv auf die Gewinnmarge der Produzenten aus. Zurückzuführen ist dies auf die größtenteils in Südafrikanischem Rand (ZAR) oder Russischem Rubel (RUB) notierenden Produktionskosten. Bleibt die Kostenbasis konstant, während der in USD erworbene Verkaufserlös in mehr ZAR oder Rubel umgetauscht werden kann, so wirkt dieser Wechselkurseffekt wie eine Subvention (Grafik 7).