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Der Goldene Schnitt: Buy low - sell high

26.09.2002  |  Hans Jörg Müllenmeister
Eine Glosse zur Goldpreisgestaltung

Die Summe der bisher aufgedeckten betrügerischen "Ereignisse" am Aktienmarkt haben die Anleger sensibilisiert und verunsichert. Ein Naivling wäre derjenige, der da meint, die Entwicklung des Goldpreises hinge nur von markttechnischen, ehrlichen Einflußgrößen ab. Ein gewiefter Schalk wäre derjenige, der behauptet, Riesenschwindel in Großformat hätte es schon immer an der Goldfront gegeben, und zwar von gewisser staatlicher Seite.

Öffnen wir zum Verständnis der höheren Gold-Mathematik das Zeitfenster von 1980: Gold stand auf seinem historischen Hoch von 850 Dollar. Genau zu diesem Zeitpunkt gab Uncle Sam den armen Südafrikanern einen Fünfjahreskredit in Höhe von 12 Milliarden Dollar, prolongiert versteht sich, dies vorbehaltlich der politischen Situation.

In den folgenden fünf Jahren verfiel der Goldpreis dramatisch: Die südafrikanischen Goldreserven waren 1985 von ursprüng-lich 30 Milliarden Dollar genau auf die Kredithöhe von 12 Milliarden Dollar geschrumpft. Eine beispiellos angezettelte US-Kampagne gegen die Apartheidspolitik führte in Südafrika selbst zu schweren politischen Unruhen. Die Länder Europas mißbilligten unter dem moralischen Taktstock-Gefuchtel des amerikanischen Di-Regenten das Apartheidsprinzip ebenfalls aufs Schärfste.

Ein fabelhaftes Timing, denn der 12-Milliarden-Kredit war jetzt - 1985 - fällig, und zwar zum Tiefstand des Goldes bei 290 Dollar. Gleichzeitig wurde der Krüger-Rand in USA als Zahlungsmittel verboten. Als einziges europäisches Land scherte die Schweiz aus der Boykottlinie aus und bewilligte Südafrika einen Überbrückungskredit von 3 Milliarden Dollar. Südafrika mußte 1985 zur Kredittilgung gezwungenermaßen sein Gold zum Tiefkurs von 290 Dollar an die USA hergeben.

Danach durfte der Goldpreis wieder steigen - politische Funkstille an der Goldfront! Gold machte dann ein weiteres Hoch im Dezember 1987. Just zu jenem Zeitpunkt präsentierte die USA in einer beispiellosen Werbekampagne in deutschen Printmedien, z. B. im Handelsblatt ihre eigene Goldmünze: den American Eagle Gold Bullion Coins. Frohe Weihnachten wünschte die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika mit diesem goldenen, teuren Weihnachtsgeschenk.

In jenen Tagen schwelgte man in goldgerahmten Prognosen. Greifbar nahe schien der bevorstehende, erneute Höhenflug des Goldpreises. Ein Jeffrey Nichols, Präsident der New Yorker Edelmetallberater-Bank, ein Robert Guy, Direktor des Londoner Goldhandelhauses N. M. Rothschild oder der Goldguru Baring wie auch Experten von Shearson Lehmann prognosti-zierten nur eine eindeutige Richtung des Goldes: die "nach oben", dies mit unterschiedlicher Argumentation. Alles kam ganz anders. Wer von den geschätzten Lesern eine "musikalische" Ader hat, ahnt wie die Partitur der goldigen US-Seifenoper gedieh: Der Goldpreis durfte in den kommenden fünf Jahre (1987) bis auf 320 Dollar verkommen. Blättern wir 15 Seiten - sprich 15 Jahre - in der Partitur weiter.

2001 erreichte der Goldpreis sein historisches Tief (nach 1990) bei 252 Dollar. Ein Schelm, wer abermals Uncle Sam böswillige Absicht unterstellt. Schließlich war Großeinkaufzeit für Gold und seine weltweiten Minen. Da gab’s eine freund-schaftliche, konzertierte Aktion: Im Zeitraum 1990/2000 ließ US-Busenfreund Blair britisches Staatsgold in 12 Tranchen zu je 25 Tonnen verschleudern. Vor allem setzte die USA einige europäische Länder wegen ihrer Historie aus dem Zweiten Weltkrieg moralisch unter Druck - und damit den Goldpreis.

  • Am 2.4.2001 wurde die Schweiz von 1300 Tonnen "Nazi-gold" entsorgt.

  • Österreich mußte 30 Tonnen zum Goldtief rausrücken - Entschädigung für Zwangsarbeit.


  • Die Moral der Geschicht’:
  • In der Nähe der Hochkurse wird Gold von Staatswegen zum Kauf hochgelobt. Man könnte von einer Animationsphase zum Einstieg für den kleinen unbedarften Investor sprechen.

  • Zu Zeiten der Tiefkurse des Goldes droht der moralische US-Finger. Damit wird "falsch gelagertes" Gold kleiner Staaten einer gnadenlosen Entziehungskur zugetrieben. Man könnte von der Kleptomaniephase des allmächtigen US-Staates sprechen.


  • Die US-Finanz-Oligarchie Fed & Co verdient also in jeder gewünschten Preisrichtung am Goldmarkt. Welchen Nutzen kann der private Anleger aus dieser preisgestalterischen Story ziehen: Das Zeitfenster zum Ein- und Ausstieg in den Goldmarkt öffnet sich dem Pivatanleger nur für kurze Augenblicke. Bereits der nächste Windstoß aus USA kann es brutal zuschlagen. Klug ist, wenn Sie Ihr Timing mit Uncle Sam ab-stimmen: Now it is time to buy!


    © Hans Jörg Müllenmeister



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