Der große Vermögenstransfer
01.04.2017 | Chris Martenson
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Schritt 3: Es gibt allerdings ein Problem. Negativzinsen funktionieren nicht, wenn die Menschen der finanziellen Repression entgehen können, indem sie ihr Geld sicher anderswo anlegen. Eine Einschränkung muss her, d. h. Kapitalkontrollen und die effektive Begrenzung der Rendite für die gesamte Bandbreite an verzinslichen Wertpapieren. Niemand darf mehr Zugang zu Investments haben, die einen positiven Zinssatz bieten. Um zu verhindern, dass die Leute ihr Geld einfach unter der Matratze verstecken, kann zudem ein Bargeldverbot erlassen werden. (Genau darum geht es schließlich beim "Krieg gegen das Bargeld" und dem Gerede von der "bargeldlosen Gesellschaft".)Schritt 4: Lehnen Sie sich zurück und beobachten Sie voller Schadenfreude, wie die Kaufkraft all derer, die über gewisse Ersparnisse verfügen, langsam aber stetig an die Schuldner transferiert wird, ganz gleich, ob es sich dabei um staatliche oder private Institutionen handelt. Niedrigere Realzinsen helfen der Regierung nicht nur, indem sie den Schuldendienst günstiger machen, sondern auch, indem sie zugleich den Wert der Schulden an sich senken. Die Regierungen mindern auf diese Weise bewusst den Wert des Geldes und der Ersparnisse, für die wir hart gearbeitet haben - nur um den Konsequenzen ihrer verantwortungslosen Schuldenmacherei zu entgehen. Sie kriegen einen Freifahrtschein, wir werden betrogen.
Das ist Diebstahl, ganz einfach. Planmäßiger Diebstahl erster Klasse. Man nimmt vom Großteil der Bevölkerung, ohne deren Einverständnis, ohne öffentliche Debatte, ohne Abstimmung. Die Regierungen geben dies noch nicht einmal offen zu, sondern verfolgen diese Strategie hinter dem Rücken der Öffentlichkeit. Genau das ist es, was Janet Yellen und ihre fröhliche Räuberbande im Offenmarktausschuss der Fed sorgfältig organisieren. Das soziale und wirtschaftliche Elend, das sie auf diese Weise über hunderte Millionen Menschen bringen, ignorieren sie dabei.
Senioren, Sparer, junge Erwachsene - alle sind die Leidtragenden der Einkommensausfälle, die die finanzielle Repression mit sich bringt. Darüber hinaus hat diese Geldpolitik gleichzeitig für die Entstehung der größten Finanzblase der Geschichte gesorgt. Wenn sie platzt, wird die Krise von 2008 dagegen wir das reinste Zuckerschlecken wirken. Und alles dient nur dazu, die außer Kontrolle geratene Ausgabensucht der Regierung noch etwas länger zu finanzieren und die Taschen der Banker und der reichen Eliten zu füllen.
Die finanzielle Repression ist also der erste Akt des großen Vermögenstransfers. Diesem wohnen wir aktuell bereits bei und er wird sich voraussichtlich noch eine ganze Weile hinziehen. Leider wird diese erste Phase wohl so lange andauern, wie die Geschäfts- und die Notenbanken sowie die Politiker damit davonkommen - d. h. bis die Wirtschaft unter der Last der Schulden zusammenbricht oder bis die verarmte Bevölkerung die Fackeln und die Mistgabeln herausholt.
Die Mittelschicht wird diese Zeit als schleichende Erosion ihrer finanziellen Sicherheit erleben. Steter Tropfen höhlt den Stein. Mit jedem Jahr sinkt die Kaufkraft Ihres Einkommens und Ihrer Rücklagen. Der Wert Ihres Geldes sinkt weiter und weiter gegen Null.
Wer die weitreichenden Folgen der finanziellen Repression nicht versteht, ist womöglich noch immer irritiert über den Wahlsieg von Donald Trump. Wenn man sich allerdings bewusst macht, dass die große Mehrheit der Bürger in den USA (und auch in Europa und Japan) unter die Räder der Wirtschaft geraten ist, um den Interessen einer kleinen Finanzelite zu dienen, und es sich infolgedessen kaum noch leisten kann, den gewohnten Lebensstil beizubehalten, wird die Wahl eines hitzköpfigen, gegen das Establishment wetternden Kandidaten plötzlich nachvollziehbar. Das erklärt auch die Ablehnung, die vielen Regierungen derzeit in Europa entgegenschlägt.
Im Grunde genommen werden etwa 95% der Bürger finanziell und wirtschaftlich geopfert, um die früheren schlechten Entscheidungen der Zentralbanken und der Regierungen zu kompensieren. Da das zutiefst unfair ist, sorgt es für Verstimmung in der Bevölkerung und aus Groll kann echte Feindseligkeit werden. Wenn dieser Punkt erreicht ist, ist die Beziehung zwischen dem Staat und der Zivilgesellschaft zum Scheitern verurteilt. Unsere politischen Führungskräfte haben den Bund mit den Bürgern gebrochen und letztere reagieren zunehmend gereizt. Es steht zu erwarten, dass die gärende Wut eines Tages überkocht.
Die finanzielle Repression ist jedoch, wie erwähnt, nur der erste Akt. Der zweite wird noch deutlich unangenehmer. Der aktuelle geldpolitische Kurs dient dazu, den Tag der Abrechnung noch eine Weile hinauszuzögern. Doch dieser Tag wird trotz allem kommen und eine umso zerstörerische Wirkung entfalten, je länger sich die Kräfte zuvor anstauen.
Die Grundursache des Problems ist, das zu viele Schulden und zu viele Ansprüche geschaffen wurden. Die Menge der realen Vermögenswerte dieser Welt ist begrenzt - produktive Unternehmen, Farmland, Erze, Nutzwälder, Gebäude, Eisenbahnen, Wasserwege usw. Doch mit jeder neuen Schuldverschreibung wachsen die Besitzansprüche auf die begrenzten realen Werte. Die Gefahr besteht folglich darin, dass wir einen Wendepunkt erreichen, an dem den Menschen weltweit bewusst wird, dass sie sehr viel Papier, aber nur sehr wenig mit Substanz besitzen. In diesem Moment wird sich der Wert praktisch aller finanziellen Assets - Aktien, Anleihen, Hypotheken, Derivate - plötzlich und drastisch verringern. Selbst unsere Währungen - insbesondere unsere Währungen - werden betroffen sein.
© Chris Martenson
Der Artikel wurde am 3. März 2017 auf www.PeakProsperity.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.