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Rohstoffhausse lockt "Pusher-Gilde" an

31.07.2004  |  Redaktion
Über Risiken, Chancen und Betrügereien bei Investitionen in kleine Rohstoffunternehmen


Im Laufe des letzten Jahres steigerte sich das Interesse an Investments im Edelmetall- und Rohstoffbereich spürbar. Während ein erstmals seit Jahrzehnten aufkommender Hype auch ein signifikantes Top in diesem Segment anzeigte, offenbarte sich auch eine fast unglaubliche Unkenntnis vieler Anleger und Analysten sowie eine an Mauscheleien am Neuen Markt erinnernde offensichtliche Anlegertäuschung verschiedener kleiner Unternehmen in Zusammenarbeit mit anscheinend "gekauften" unseriösen Analysten. In diversen Börsenbriefen häuften sich die "brandheißen" Empfehlungen von "extrem aussichtsreichen" Goldexplorern oder kleinen Ölunternehmen, die aufgrund des Edelmetall-Bullenmarktes oder der "Öl- und Gaskrise" extrem profitieren sollten. Man sollte wissen, daß gerade das Edelmetallexplorersegment schon traditionell Betrüger, Träumer sowie naive Anleger magisch anzuziehen scheint und die Totalverlustquote bei Goldexplorern mit weit über 90% wohl unübertroffen ist.


Silver Star und Fidelis Energy

Diese zwei kleinen, fast umsatzlosen Unternehmen wollen laut eigener Aussage mit ihren Miniprojekten die Energieprobleme Nordamerikas lösen. Am Höhepunkt der Vermarktung erreichte Silver Star Energy eine Marktkapitalisierung von über 200 Mio. US$ bei im letzten Jahresbericht bilanzierten Buchwerten von ca. 15.000 US$.

Die kanadischen Behörden vermuteten einen "pump and dump"-Betrug und haben eine Durchsuchung der Büroräume durchgeführt. Die Polizei fragte den Präsidenten der vermarktenden Promotion-Agentur Beacons Gate Consulting, ob er die Großaktionärin Patricia Johnston kenne, dieser verneinte dies. Als ihn die Beamten auf die Adreßgleichheit hinwiesen, gab er zu, daß sie seine Ehefrau sei. Ein Projektpartner Silver Stars, Fidelis Energy, wurde zuletzt ebenfalls in deutschen Newslettern beworben und erreicht mittlerweile eine Marktkapitalisierung, die den bestmöglichen Explorationserfolg bei ihren Miniprojekten schon mehrfach einpreist.


Die atemberaubenden Unternehmen des Christopher D.

Eine weitere "brandheiße" Empfehlung, die Deutschlands "Hypeblättchen" derzeit fast simultan aussprechen, ist der Edelmetallexplorer Argentex Mining. Dieser Wert wird von einer ganzen Reihe dubioser Börsenbriefe und Analysten als "bester Explorer in Südamerika" bezeichnet oder als eine "große Chance, frühzeitig bei einem äußerst aussichtsreichen Explorer einzusteigen", aufgezeigt.

Argentex Mining ist ein in Kanada ansässiges Unternehmen, das zwar an deutschen Regionalbörsen, nicht jedoch an der kanadischen Börse gelistet ist. Es könnte der Verdacht entstehen, daß dieses Unternehmen "made for germany", also speziell für den Verkauf an unbedarfte Anleger an der deutschen Börse konzipiert ist. Hinter Argentex Mining, die vorgeben, Edelmetallsuche in Argentinien zu betreiben, steht ein Geologe namens Chris Dyakowski. Dieser brachte in den letzten Jahren reihenweise kleine Unternehmen an die Börse, die meist recht schnell wieder vom Kurszettel verschwanden. Das Hauptprojekt von Argentex Mining ist ein bereits vom Bergbaugroßkonzern AngloGold/Mincorp untersuchtes und dann abgestoßenes Projekt. Es hat den Anschein, als ob hier schon untersuchte und als nicht kommerziell verwertbar erachtete Projekte unter neuem Namen noch einmal verkauft werden. Bevor der Handel begann, gönnte sich CEO Chris Dyakowski schnell noch 1,66 Millionen Aktien zum Nulltarif.

Zwei von Dyakowskis Unternehmen, die in den letzten Jahren scheiterten, waren Toby Ventures und San Telmo Resources. Ausrichtung beider Unternehmen war die Goldexploration mit Projekten in Argentinien. Für die Anleger endete ein Investment im Totalverlust. Aus den Mänteln entstanden die Erdgasexplorer Storm Cat Energy sowie San Telmo Energy, bei denen Dyakowski wieder in leitenden Positionen und mit freien Aktien- und Optionspaketen dabei ist. Des dreisten Treibens Krönung ist jedoch der Umstand, daß Argentex seine Mineral-Lizenzen über Dyakowski von Storm Cat Energy (vormals Toby Ventures) und San Telmo erworben hat! Dyakowkis Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, kaum Mitarbeiter zu beschäftigen, dafür aber eine große Anzahl meist wertloser Projekte zu unterhalten.


Der Hype wird generalstabsmäßig organisiert

Die Aktien dieser meist fast umsatzlosen Unternehmen werden in regelrechten Vermarktungsoffensiven von bis zu 10 Börsenbriefen und diversen eMail-Verteilern simultan und international gepusht. Es gibt klare Hinweise, daß ein Netzwerk diverser Promotion-Agenturen in Zusammenarbeit mit diversen "Analysten", Börsenbriefschreibern und Mailverteilern hinter diesen Aktionen steht.

In den Quartalsberichten der beworbenen Unternehmen werden überproportional hohe Summen für Aktien-Promotion ausgewiesen. Wohl nicht ohne Grund wird im Haftungsausschluß eines der empfehlenden Börsenbriefe darauf hingewiesen, daß es sich um eine vom analysierten Unternehmen in Auftrag gegebene "Analyse" handeln könnte. Auf ihrer Website wird eine effektive Plazierung "ihres Unternehmens als Hotstock auf dem virtuellen Marktplatz" beworben. Hierbei ist festzustellen, daß es sich bei den empfehlenden Börsenbriefen meist um kostenlose Publikationen handelt, die sich wohl durch bezahlte "Analysen" finanzieren.

Natürlich ist es möglich, daß bei Argentex Mining seriös gearbeitet wird. Diesen Explorer, seine Projekte und seine Mitarbeiter jedoch zum "besten Explorationsunternehmen in Argentinien" zu erklären, kann man nur als äußerst unseriöses Verhalten bezeichnen. Wie so oft gilt auch hier, daß diejenigen, die sich selbst am lautesten vermarkten oder vermarkten lassen, häufig kaum echte Substanz vorweisen können.


Kriterien zur Auswahl seriöser Unternehmen

Jeder, der sich längerfristig in Goldproduzenten- oder Exploreraktien positionieren oder nach einer Korrektur einmal auf Schnäppchenjagd gehen möchte, sollte bei der Auswahl der Investments akribisch recherchieren, denn dieses Segment ist im wahrsten Sinne des Wortes ein "Minenfeld". Goldproduzenten-Aktien und insbesondere Goldexplorer werden häufig als "Goldanlagen mit Hebel" bezeichnet.

Die Grundlagen dieses Geschäfts und die Risiken, die selbst bei intakten Edelmetall-Bullenmärkten eine hohe Totalverlustquote sowie Gewinnchancen auch bei nachgebendem Goldpreis garantieren, sind jedoch anscheinend nur wenigen bekannt. Man mag über die Aussagekraft von KGVs, KUVs and anderen Kennzahlen, die meist als Bewertungskriterien verwendet werden, streiten, bei der Bewertung von Rohstoffunternehmen sind sie jedoch völlig unpraktikabel.

Der fundamentale Wert eines Rohstoffunternehmens ergibt sich fast ausschließlich aus dem Wert der Reserven in Bezug zu Abbaukosten sowie dem geopolitischen Risiko im Land des Produktionsstandortes.

Die Gewinnchance bei Rohstoffaktien liegt sowohl in einem möglichen Anstieg der Rohstoffpreise als auch im Potential eines Unternehmens, seine Reserven zu steigern. Generell sollte sich jeder Anleger von Unternehmen mit niedrigen Reserven und einer hohen Reserven-Burnrate (Produktion im Verhältnis zu Reserven) fernhalten, denn hier ist ein Substanzverlust des Unternehmens wahrscheinlich. Außerdem ist zu beachten, daß viele Minengesellschaften Forward Sales oder Hedging-Geschäfte abgeschlossen haben. Deshalb würde ein starker Goldpreisanstieg einigen Goldproduzenten nicht zugute kommen oder ihnen sogar schaden. Allerdings sind diese Unternehmen auch vor den häufig abrupt auftretenden Kursrutschen an den Rohstoffmärkten abgesichert.


Wichtige konkrete Anhaltspunkte, die beachtet werden sollten

Wer einen längerfristigen Edelmetallpreisanstieg erwartet, sollte entweder in Goldproduzenten, die über möglichst hohe ungehedgte Reserven verfügen, oder in Explorer mit fortgeschrittenen (advanced stage) Projekten investieren, bei denen bereits größere kommerziell abbaubare Vorkommen nachgewiesen wurden.

Bei der Bewertung der Explorationsprojekte sollte beachtet werden, daß fast ausschließlich große Projekte (ab 1 Mio. Unzen Gold plus möglichst andere kommerziell abbaubare Metalle), die sich möglichst nah an der Oberfläche befinden (Tiefbergbau lohnt sich nur bei extrem hohem Mineralgehalt des Erzes und hohem Preis des abzubauenden Metalls) und möglichst in der Nähe existierender Infrastruktur (feste Straßen, Hafen, Elektrizität, existierende Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung des Erzes) liegen, weiterverfolgt werden.

Bei Erfolgsmeldungen bezüglich ihrer Entwicklungsprojekte werden seriöse Unternehmen immer unabhängige Studien anerkannter Gutachter vorlegen. Außerdem muß eine klare Aufstaffelung der kommerziell abbaubaren Metalle angegeben werden, nicht nur eine Zahl der "ounces of gold equivalent" (hier werden alle im Erz vorhandenen Metalle, die wahrscheinlich nicht alle kommerziell gewonnen werden können, zu einem "goldäquivalenten" Wert zusammengefaßt).

Beachten sollte man auch die Aktionärsstruktur sowie die finanzielle Ausstattung des Unternehmens. Ein hoher Insiderbesitz inklusive echter Insiderkäufe sowie involvierte institutionelle Investoren sind positiv zu werten. Falls fast alle Aktien im Besitz von Kleinaktionären sind sowie übermäßig viele Aktien und sich weit "im Geld" befindende Optionen kostenlos an den Vorstand verteilt wurden, sollte dies große Vorsicht auslösen.


Fazit

Die Geldanlage in Edelmetallaktien und Rohstoffwerte, insbesondere die in kleine Explorerwerte, bleibt eine riskante und hochvolatile Angelegenheit, bei der der Anleger gründlich recherchieren sollte, insbesondere wenn es als langfristiges Investment konzipiert ist. Die bestmögliche Anlage sind Unternehmen, die aufgrund der Qualität ihrer Projekte, des exzellenten Managements und einer günstigen Bewertung auch bei stagnierendem oder sogar zeitweise fallendem Preis des betreffenden Rohstoffs ihren Wert steigern können.


© Matthias Kemnitz



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