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Ein Geld für freie Bürger

29.09.2006  |  Roland Baader
Die Österreichische Schule der Nationalökonomie, der u.a. auch Ludwig von Mises und Friedrich A. von Hayek entstammen, hat am tiefsten über die verschiedenen Geld- und Bankensysteme nachgedacht. Noch heute ist das Werk "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel" von Ludwig von Mises aus dem Jahr 1912 (erweiterte Auflage 1924) das unübertroffene Standardwerk über das Wesen des Geldes, des Kredits und des Bankensystems. Und Hayek hat uns mit seinem Alterswerk "Entnationalisierung des Geldes" (1976) einen eindringlichen Appell hinterlassen. Die Entstaatlichung des Geldes, so Hayek, sei nicht weniger als eine Entscheidung über den Fortbestand oder den Untergang der Zivilisation. Er wünschte sich eine Freigeld-Bewegung ähnlich der Freihandels-Bewegung des 19. Jahrhunderts. Die letzten Sätze seines Buches lauten: "Bei der Geldemission handelt es sich nicht, wie es dem Laien zunächst scheinen mag, um ein untergeordnetes technisches Detail der Geldordnung ... Der Vorschlag deutet den einzigen Weg an, auf dem wir noch hoffen können, der anhaltenden Entwicklung aller Regierungen in Richtung auf den Totalitarismus Einhalt zu gebieten ... Ich wünschte, ich könnte den Rat geben, langsam vorzugehen. Aber die Zeit mag kurz sein."

Der 2005 verstorbene Bankier Ferdinand Lips hat die Gründung von Zentralbanken - speziell die Gründung des Federal Reserve-System (FED) der USA 1913 als die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte bezeichnet. In der Tat wäre keiner der großen Kriege des 20. Jahrhunderts, keine der großen Inflationen und Währungsvernichtungen und keines der totalitären Großreiche der Neuzeit möglich gewesen ohne die Institution von Zentralbanken und die von ihnen protegierten Papiergeld-Systeme. Vergleichbares hat es unter der Ägide der Goldwährung niemals gegeben; auch keine Geldwertzerstörung großen Stils. So war z.B. die Kaufkraft des Dollars im Jahr 1900 fast auf den Cent genau dieselbe wie die von 1800 - also hundert Jahre vorher. Seit Gründung der FED aber hat der Dollar 95 % seiner Kaufkraft eingebüßt. Auch die angeblich stabilste Währung der Welt, die D-Mark, besaß bei ihrer Beerdigung durch den Euro gerade noch 5% ihres Geburtswertes von 1949/50. Zuvor hatten die Deutschen unter dem Papiergeldregime (nach Abschaffung der Goldwährung) eine Hyperinflation und zwei Währungsreformen erlebt, die das Bürgertum nahezu ausgelöscht haben.

Auf die Verschuldung der Staaten im Papiergeld darf man erst gar nicht zu sprechen kommen, weil sich die Zahlen jeglicher Vorstellungskraft entziehen. Richtig gerechnet, beläuft sich z.B. die deutsche Staatsschuld auf rund viereinhalb Billionen Euro. Würde man die Summe in 500-Euro-Scheinen aufeinanderstapeln, ergäbe das einen fast 900 km hohen Turm.

Die Bürger der meisten Länder der Erde leben heute in einer zutiefst widersprüchlichen Wirtschaftswelt. Die Zentralbankensysteme, zugleich die mächtigsten Institutionen der Erde, sind nämlich zentralplanwirtschaftliche (sprich: sozialistische) Einrichtungen. Die Wirtschaftskörper der marktwirtschaftlichen Nationen haben somit einen Blutkreislauf aus sozialistischem Geld, der sie sukzessive vergiftet und letztlich töten wird.

Schauen wir uns - stellvertretend für alle Zentralbanken - das Federal Reserve System (kurz "FED" genannt) einmal genauer an. Sie ist ein vom Staat (durch Kongreßbeschluß von 1913) geschaffenes Monopol, das über das Geld- und Bankensystem der USA herrscht. Die sieben FED-Gouverneure werden vom amerikanischen Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt. Sie sind die monetären Zentralplaner der USA. Das Hauptwerkzeug ihrer Herrschaft ist die sog. "Offenmarkt-Politik", d.h. der Kauf und Verkauf von Staatsanleihen. Wenn die FED Staatsschuldpapiere kauft, bezahlt sie diese mit neuem, aus dem Nichts geschaffenem Geld. Eine Buchung genügt. Die Staatspapiere gelten als Guthaben und erhöhen somit die Reserven der Zentralbank und, indirekt, des gesamten Bankensystems. Dies drückt die Zinsen tendenziell nach unten. Auf diese Weise sowie über die Leitzinsfixierung manipuliert die FED den Marktpreis für Kredite (Zins) - und somit auch die Geldmenge (und über die Menge auch den Geldwert). Die schuldenfinanzierten Ausgaben des Staates tun ihr Übriges zur Geldschwemme und damit zur Aushöhlung der Kaufkraft des Geldes.

Auch wenn die FED formell eine private und unabhängige Organisation ist, so hat sie doch nach der Pfeife der Regierung zu tanzen. Der frühere FED-Chef Arthur Burns hat das einmal mit feinsinniger Ironie so formuliert: "Der FED-Vorsitzende muß gemäß den Wünschen des Präsidenten handeln, sonst verliert die FED ihre Unabhängigkeit." Die wechselnden Chefs der FED hatten und haben unterschiedliche Auffassungen darüber, was der hauptsächliche Orientierungsmaßstab ihrer Politik sein müsse. Der kürzlich inthronisierte neue Chairman, Ben Bernanke, hat das sog. inflation targeting zu seinem Leitstern erhoben. Das heißt, er wird versuchen, den Leitzins und die Geld- und Kreditmenge so zu lenken, daß die Inflation möglichst nicht über drei bis vier Prozent pro Jahr hinausgeht, aber auch nicht unter ca. zwei Prozent sinkt.

Warum das Inflationsziel von mindestens zwei Prozent? Seit der Großen Weltwirtschaftskrise nach 1929 treibt die Zentralbanker die panische Angst vor Deflation um. Tendiert die Inflationsrate nun gegen Null, ist normalerweise auch der Zinssatz niedrig. Die für den Rezessions- oder gar Depressions-Fall zur "Ankurbelung" bereitstehende Zinswaffe wird stumpf, weil Zinssenkungen von einem niedrigen Niveau aus kaum noch Wirkungen zeigen und weil man den Leitzins nicht unter Null senken kann. Einen negativen Nominalzins kann es nicht geben. Somit wird für die Zentralplaner in den Notenbanken eine permanente Inflation zum Ideal.

Man sollte dabei nicht vergessen, daß auch eine leichte Inflation von zwei Prozent im Jahr die Kaufkraft der betreffenden Währung innerhalb einer einzigen Generation halbiert. Außerdem sind die tatsächlichen Kaufkraftverluste sowohl beim Dollar als auch beim Euro wesentlich höher, als es die offiziellen Zahlen ausweisen. Erst kürzlich hat ein Expertenteam der Deutschen Bundesbank in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg/Fribourg (Schweiz) dokumentiert, daß die echten Inflationsraten seit der Euro-Einführung nicht zwischen den ausgewiesenen 0,5% bis 2% oszillierten, sondern bei 7% bis 7,5% jährlich lagen. Ende 2006, nur fünf Jahre nach seiner Geburt, wird somit der Euro nahezu 40% seiner Kaufkraft eingebüßt haben. Wie schon Voltaire gesagt hat, kehrt eben jede Papierwährung früher oder später zu ihrem wahren Wert zurück, nämlich zu Null.

Genau besehen, ist die von Bernanke angestrebte FED-Politik eine Gaukler-Posse. Ein anhaltender allgemeiner Preisanstieg ist nämlich ohne Erhöhung der Geldmenge nicht möglich. Was man steigendes Preisniveau nennt, ist das Ergebnis vorangegangener monetärer Expansion. Der amerikanische Ökonom Richard M. Ebeling hat deshalb von Bernanke und seiner FED als einer "Polizei" gesprochen, die genau den Dieb (übermäßigen Preisanstieg) "einsperren" will, den sie vorher selber auf Diebestour geschickt hat. Während der Vorgänger, Alan Greenspan, jede Konjunktur- und Preisdelle mit Tsunamiwellen aus Liquidität (sprich Inflation) zu fluten pflegte und damit die Amerikaner in einem Schuldenmeer ertränkte, wird Bernanke zwar andere Parolen wählen, dabei aber dasselbe tödliche Spiel fortsetzen - bis zum bitteren Ende, dem Sturz des Dollars ins Bodenlose und dem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems.

Die Ökonomen der Österreichischen Schule wissen es schon lange und verkünden es - wie aktuell Richard Ebeling (The Freeman, Jan. 2006) - immer noch: In Wahrheit kann die FED oder irgendeine andere Zentralbank die "optimale Geldmenge" oder die "stabilitätsgerechte Zielgröße der Inflation" genau so wenig planen wie irgendeine andere Planungsbehörde die optimale Versorgung und die richtigen Preise für Käse, für Schuhe oder für Kinderwagen bestimmen kann. Die beste Geldpolitik ist gar keine Geldpolitik. Wer für die freie Marktwirtschaft als die einzig mögliche natürliche Ordnung der Freiheit und des allgemeinen Wohlstands eintritt, muß unabdingbar auch für eine marktwirtschaftliche Geldordnung eintreten. Und das bedingt die Abschaffung des staatlichen Geldmonopols und des Zentralbanksystems.

Das an seiner Stelle tretende System privater Banken, die frei wären, ihre eigenen Banknoten herauszugeben und Konten in jeder beliebigen Währung - auch in Gold und Silber - zu eröffnen, müßte man weder planen noch konstruieren. Es würde sofort entstehen, wenn das sozialistische Geldmonopol des Staates fallen und für alle Zeiten begraben bleiben würde. Mit dem Ende des Geldmonopols würde auch das Gewaltmonopol des Staates auf ein erträgliches Maß zurückkehren. Deutschland vor 1914, eine Industrienation mit einer Staatsquote von ca. 10% (statt der heutigen von über 50%), war keineswegs eine "Anarchie" oder eine "Bananenrepublik" - und auch kein totalitärer Staat. Leviathan mit all seinen Schrecken konnte erst entstehen, nachdem die Goldwährung (und damit das eigentlich kapitalistische Geld) abgeschafft worden war.

Kehren wir nicht alsbald zu einem Marktgeld, zum Geld freier Bürger zurück, so wird Leviathan uns erneut verschlingen und unendliches Leid über die Erde bringen. Inzwischen gibt es namhafte Wissenschaftler, die das Tabuwort vom Staatsbankrott in den Mund nehmen, auch wenn sie es (noch) vermeiden, auch von Bürgerkrieg und Chaos, von Revolution und Bandenherrschaft, vom Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung, von Massenelend und vom Aufstieg neuer Tyrannen zu reden, die fast regelmäßig den Begleittroß des Staatsbankrotts bilden. Hayek war ein nüchterner Gelehrter. Er hätte nicht vom Ende der Zivilisation und vom Marsch in den Totalitarismus geschrieben, wenn er nicht sicher gewesen wäre, daß das staatsmonopolistische Geld unabwendbar - und wie schon mehrmals geschehen - in solche Abgründe führt.


© Dipl. Ökonom Roland Baader

aus "Vertrauliche Mitteilungen", Extrablatt 1/2006, Juli 2006



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