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Steigende oder fallende Zinsen, das Beige Book gibt keinen klaren Hinweis

13.10.2006  |  Jochen Steffens
Aus dem Beige-Book, das gestern veröffentlicht wurde, gehen zwei wichtige Sachen hervor: 1. Die US-Wirtschaft ist weiter gewachsen und 2. der Preisdruck ist unter Kontrolle. (Das Beige Book ist eine ausführliche Zusammenstellung der wichtigsten Wirtschaftsdaten der verschiedenen US-Notenbanken über ihren Verwaltungsbereich. Es wird achtmal im Jahr veröffentlicht)

So soll in vier der zwölf Fed-Bezirke das Wachstum wieder zugelegt haben. In lediglich zwei, Philadelphia und Dallas, kam es zu einer Abschwächung. Bei den anderen sechs Bezirken kam es zu einem moderatem oder eher schleppendem Wirtschaftswachstum. Trotz einiger Engpässe auf dem US-Arbeitsmarkt seien jedoch die Löhne nur moderat gestiegen. Ein Preisdruck von dieser Seite ist also nicht zu erwarten.

Insgesamt wurde aus den meisten der 12 Bezirke gemeldet, dass der Preisdruck unter Kontrolle sei. Nur in wenigen Regionen hätten die Unternehmen die Preiserhöhungen (z.B. der Rohstoffe einschließlich Energie) auf die Verbraucher umlegen können.


Kommt der Inflationsdruck nur von den Rohstoffpreisen?

Es ist das, was ich erwartet habe und hier mehrfach ausgeführt hatte: Die Unternehmen können aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks die höheren Rohstoff- und Energiepreise nicht sofort an die Verbraucher weitergeben. Das dämpft den "eigentlichen" nicht rohstoffpreisgetriebenen Inflationsdruck. Fallen also, wie jetzt, die Rohstoffpreise, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bald sichtbar, dass wir uns zumindest theoretisch noch in einem eher deflationären Umfeld befinden.


Die Vermeidung der Rezession verringert das Inflationsrisiko

Eine Auswirkung der Fed-Politik der letzten Jahre ist, dass eine scharfe und längere Rezession vermieden wurde. Eine solche Rezession hätte natürlich viele Unternehmen in den Konkurs getrieben. Dadurch wäre dann der Konkurrenzdruck kleiner geworden. Im Anschluss an eine Rezession kann das dazu führen, dass die Unternehmen, aufgrund des geringeren Konkurrenzkampfes, bei steigendem Wirtschaftswachstum die Produktpreise anheben können. Einfach weil die Nachfrage dann so groß wird, dass die Verbraucher bereit sind, höhere Preise zu bezahlen. Steigende Preise werden aber dann direkt zu der Forderung nach steigenden Löhnen führen und schon ist die Inflationsspirale perfekt. (Steigende Löhne würden dann durch die steigenden Unternehmensgewinne aufgrund der steigenden Verkaufspreise auch möglich sein.)


Deflationsgefahren durch Rohstoffpreisexplosion verschleiert

In den USA kam es aufgrund der Fed-Politik nicht zu diesem bereinigen Effekt einer langen und tiefen Rezession. Allein aus diesem Grunde sind die Inflationsgefahren bei steigendem Wirtschaftswachstum auch etwas geringer. Das war unter anderem der Grund, warum viele Analysten im Jahr 2003 noch von einer langen Deflation ausgegangen sind - insoweit zu Recht.

Wir können nicht beurteilen, ob im Falle von niedrigen Rohstoffpreisen, Deflation das Thema der letzten Jahre gewesen wäre. Aber der extreme Einfluss der massiv gestiegenen Rohstoffpreise auf die Inflation in den USA ist unübersehbar. Uns interessiert das insoweit, als dass damit die Frage verbunden ist, ob es in den USA im Falle weiter nachgebender oder stagnierender Rohstoffpreise wieder zu deflationären Tendenzen kommt! Insbesondere dann, wenn das US-Wirtschaftswachstum, wie allgemein erwartet, sich noch verlangsamt.


Immobilienmarkt spielt eine wichtige Rolle

Ein wichtiger Aspekt bei dem Thema Inflation war auch der US-Immoblienmarkt, der zum Teil auch mitverantwortlich für das starke US-Wirtschaftswachstum gewesen ist. Nun sind die Immoblienpreise in den letzten Monaten stark zurückgekommen. Manche sprachen sogar schon von einem Immobiliencrash, obwohl das weit übertrieben war. Im Beige Book weist die Fed nun darauf hin, dass mittlerweile wieder eine Beruhigung auf dem Immobilienmarkt zu erkennen sei - diese hatten wir hier schon anhand der letzten Zahlen vermutet. Die Frage ist natürlich, ob es nur ein Anhalten in einem Abwärtstrend ist, oder schon der tatsächliche Boden.

Wenn der Immobilienmarkt weiter nachgeben würde, würde es zu einer weiteren Abschwächung der US-Konjunktur kommen. Das wiederum würde die sowieso latent vorhanden deflationären Tendenzen verstärken. Es ist dann sehr wahrscheinlich, dass die Fed (FOMC) die Zinsen senken muss und wird.


US-Wirtschaft gibt den Ton an

Es wird viel von der weiteren Entwicklung der US-Wirtschaft abhängen. Sollte sich die US-Wirtschaft nach den bisherigen Zinserhöhungen wieder zu schnell fangen, dann würde das natürlich direkt Einfluss auf die Inflation nehmen. Nicht nur direkt, sondern auch indirekt. Denn eine wiedererstarkende US-Wirtschaft würde sofort auch wieder zu stark steigenden Rohstoffpreisen führen. Das ist die eigentliche Sorge der Fed, die als Zwischentöne in den Statements zu erkennen ist. Denn wenn die Fed also zu schnell die Zinsen wieder senkt, und damit die US-Wirtschaft zu schnell stimulieren würde, dann könnte die Spirale, die wir vor dem Einbruch der Rohstoffe und Aktienmärkte im Mai gesehen haben, wieder von vorne starten: Steigende Rohstoffe und steigendes Wirtschaftswachstum mit eventuell steigenden Kursen (letzteres wäre nicht ganz so sicher).

Wenn die Rohstoffe aber weiter fallen, die US-Wirtschaft tatsächlich weiter Schwäche zeigen würde, dann müsste die Fed reagieren.

Da die Fed nicht weiß, wie sich die Rohstoffpreise, insbesondere Öl (besonders nach der Kongresswahl) entwickeln werden, ist die aktuelle Verunsicherung innerhalb der Fed verständlicherweise groß. (Auch die Fed weiß letzten Endes nicht, wie sich was entwickeln wird - aus der Geschichte wissen wir, dass Marktmanipulationen immer nur sehr kurze Zeit funktionieren, wenn überhaupt.)


Markt reagiert besonnen positiv

Die Märkte bewerteten die Veröffentlichung dieser Daten positiv und stiegen nach Veröffentlichung des Beige Books an. Der Dow Jones ist nun in der Nähe der 12.000er Marke, die als psychologische Marke eine gewisse Relevanz hat. Für mich wesentlich relevanter ist allerdings die 12.250er Marke. Nach meiner Methode der Chartanalyse liegt hier ein bedeutender Widerstand oder eher eine bedeutende Kurszielmarke (Widerstand kann man eigentlich nicht sagen, da der Kurs noch niemals auf diesem Level gestanden hat). Also korrekt formuliert: Eine Kurszielmarke, an der die Wahrscheinlichkeit eine Konsolidierung sehr hoch ist.

Der Dax hat heute seinen wichtigen Widerstand bei 6.162 € (Mehrjahreshoch) überwunden. Noch kann man diesen Bruch nicht als nachhaltig bezeichnen (den im Dow Jones schon). So gesehen ist die "Gefahr" einer Konsolidierung an dieser Marke vergleichsweise hoch.

Interessant in diesem Zusammenhang ist der Chart zum Euro, den ich Ihnen im übernächsten Text vorstellen werde.


© Jochen Steffens
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor's Daily"



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