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Ölpreise weiter in der Defensive

09.06.2017  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise kommen nicht aus der Defensive. Brent fällt am Morgen unter 47,5 USD je Barrel auf das niedrigste Niveau seit Anfang Mai. WTI hält sich mit 45,3 USD noch knapp über dem gestrigen Tief. Gestern scheiterte ein Erholungsversuch und die Ölpreise rutschten am Nachmittag unter die Vortagestiefs. Wie der gestrige Handelstag zeigte, werden Preisanstiege aktuell als Verkaufsgelegenheit erachtet. Noch immer belastet der Lagerbericht des US-Energieministeriums vom Mittwoch, der einen starken Anstieg der Rohöl- und Produktvorräte zeigte und damit neue Zweifel an der Wirksamkeit der OPEC-Produktionskürzungen säte.

Hinzu kommen Nachrichten aus Nigeria und Libyen, welche von den Produktionskürzungen ausgenommen sind. Die Ölproduktion in Nigeria dürfte deutlich steigen, nachdem Royal Dutch Shell "force majeure" für Öllieferungen der Ölsorte Forcados in dieser Woche nach über einem Jahr aufgehoben hat. Dadurch dürften schon kurzfristig 200-250 Tsd. Barrel pro Tag zusätzlich an den Markt kommen. Die Ölproduktion in Nigeria hätte dann nahezu wieder ihr normales Niveau erreicht. Davon ist Libyen zwar noch immer weit entfernt, auch wenn das Produktionsniveau dort letzte Woche mit gut 800 Tsd. Barrel pro Tag ein 3-Jahreshoch erreichte.

Dieses Niveau dürfte in Kürze wieder erreicht werden, nachdem der Streik im Sharara-Ölfeld, dem größten des Landes, beendet wurde. Der Chef der staatlichen Ölgesellschaft NOC sprach unlängst sogar davon, die Produktion bis zum Jahresende auf 1,25 Mio. Barrel pro Tag steigern zu wollen. Diese Prognose erachten wir als zu optimistisch.


Edelmetalle

Der Goldpreis fällt heute Morgen unter 1.275 USD je Feinunze. Vor allem spekulative Finanzanleger dürften nach dem ereignisreichen Tag gestern und im Vorfeld der erwarteten Fed-Zinserhöhung in der nächsten Woche Gewinne mitnehmen. Der Preisrückgang setzte bereits gestern Nachmittag nach der EZB-Pressekonferenz und vor der mit Spannung erwarteten Anhörung des ehemaligen FBI-Direktors Comey ein. Die EZB lieferte keine Überraschungen. Der Passus einer möglichen Zinssenkung wurde zwar gestrichen.

Allerdings gab es von EZB-Präsident Draghi keine Hinweise auf den Ausstieg aus den Anleihekäufen. Damit rechnen unsere Volkswirte bei der Sitzung im September. Eine erste Zinserhöhung erwarten sie erst lange nach dem Einstellen der Anleihekäufe. Comey bezichtigte US-Präsident Trump bei seiner Anhörung vor einem Senatsausschuss der Lüge. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ist aber nicht wahrscheinlicher geworden. Somit blieben die Marktauswirkungen auch überschaubar.

Bei den britischen Unterhauswahlen hat Premierministerin May ihre absolute Mehrheit verloren. Sie benötigt daher einen Koalitionspartner oder es gibt eine Minderheitsregierung. Das Pfund verlor daraufhin deutlich, was sich auch im Goldpreis in Pfund widerspiegelte. Dieser sprang über die Marke von 1.000 GBP je Feinunze auf das höchste Niveau seit Mitte April. Palladium stieg in der Nacht auf ein neues 33-Monatshoch von 864 USD je Feinunze. Die Preisdifferenz zwischen Platin und Palladium verringerte sich auf weniger als 80 USD. Geringer war sie zuletzt Anfang 2002.


Industriemetalle

Der fulminante Preisanstieg des Vorjahres bei Zink scheint vorbei. Seit Wochen stehen die Preise unter Druck und haben am Mittwoch ein Siebenmonatstief markiert. Ein fundamentaler Grund für die ausgeprägte Preisschwäche ist schwer auszumachen. Denn zum einen fallen die LME-Bestände seit 2013 nahezu ununterbrochen. Sie haben sich dabei fast geviertelt und liegen aktuell mit 323 Tsd. Tonnen nahe einem Achtjahrestief.

Die Zinkbestände an der SHFE in Shanghai sind auf den niedrigsten Stand seit März 2009 gefallen, nachdem sie diese Woche um fast 9% auf 68,4 Tsd. Tonnen zurückgingen. Dabei sind die chinesischen Importe von Zink und Zinklegierungen im April auf ein 12-Monatshoch gestiegen. Auch die Erzimporte waren in den vergangenen zwölf Monaten recht robust.

Die International Zinc and Lead Study Group (IZLSG) attestierte dem Zinkmarkt trotz einer steigenden Minenproduktion jüngst eine zunehmende Verknappung, was vor allem einer stärkeren Nachfrage aus den USA geschuldet war. Der Preisrückgang scheint also eher stimmungs- als nachrichtenbedingt zu sein. In der Tat ist der kurzfristige Optimismus gemessen an den Positionierungsdaten der LME seit Februar zurückgegangen.

Allerdings sind die Netto-Long-Positionen großer Finanzanleger, die für kurz- bis mittelfristige Preisbewegungen entscheidend sind und häufig vor allem bei Extrempositionierung eher als Kontraindikatoren agieren, mit über 66 Tsd. Kontrakten weiterhin recht hoch. Deshalb besteht durchaus weiteres Enttäuschungspotenzial.

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Agrarrohstoffe

Der Naturkautschukpreis ist von seinem Jahreshoch im Februar über 40% gefallen. Eine unerwartet gute Versorgungslage, gestiegene Bestände und folglich geringere Importe Chinas, des mit Abstand größten Nachfragers weltweit, und ein Stimmungswechsel am Markt, wobei die Nachfrageängste dominieren, haben den Preisverfall begleitet. Doch der Preisrutsch scheint überzogen. So sind die zuletzt schwächeren Importe Chinas von Naturkautschuk einem starken Anstieg der Einfuhren von synthetischem Kautschuk geschuldet. Zudem deuten die jüngsten Verkaufszahlen an, dass Chinas Autokonjunktur nicht so hart abbremst wie vielfach befürchtet.

Auch in Japan wurden in den ersten fünf Monaten mit 19,1 Mio. Stück 7,2% mehr Fahrzeugreifen als vor einem Jahr verkauft. Gleichzeitig wollen die führenden Produzenten von Naturkautschuk über die Möglichkeiten der Preisstabilisierung diskutieren z.B. mittels Exportbeschränkungen. Und nicht zuletzt sind die viel beachteten Börsenbestände in Shanghai in jüngster Zeit nicht mehr weiter gestiegen. Wir gehen deshalb von einer Erholung der Preise für Naturkautschuk in den nächsten Monaten aus.

Heute Abend veröffentlicht das US-Landwirtschaftsministerium aktualisierte Ernteschätzungen. Diese dürften verglichen mit den Prognosen vor einem Monat aber nur geringe Abweichungen bringen. Wichtiger für die Preisentwicklung sind die Vorhersagen von Hitze und Trockenheit für den Mittleren Westen der USA und deren Auswirkungen auf die erwarteten Erträge.



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