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Einbruch bei Rohstoffen

31.10.2006  |  Adam Hamilton
Weil der Dow Jones weiterhin immer neue Allzeithochs erreicht, wird das Kapital der Anleger durch diese Euphorie wie von einem schwarzen Loch aufgesaugt. Nichts bringt schneller neue Investoren, als stark hochgepushte Kurse. Aber all dieses Kapital, das in den Dow Jones investiert wird, muss irgendwo herkommen, in diesem Fall unter anderem aus dem Rohstoffsektor.

Während der Rohstoffmarkt in den letzten fünf Jahren zu den best performenden Märkten zählte, befand sich dieser Sektor in den letzten paar Monaten plötzlich unter den Schlechtesten. Seit Anfang August befinden sich viele wichtige Rohstoffe, genauer gesagt Metall- und Energiewerte, in einem gnadenlosen Abwärtstrend. Natürlich stellen diese schweren Verluste das Vertrauen einiger bullisher langfristiger Rohstoffinvestoren auf eine harte Probe.

Die meisten Rohstoffhändler stellen aber momentan die fundamentalen Grundlagen dieses Rohstoff-Bullenmarktes noch nicht in Frage. Im Moment findet ein in der Weltgeschichte einzigartiges Ereignis statt. Durch den Aufstieg Asiens und seine große Rohstoffnachfrage, gekoppelt mit einer weltweit veralterten Rohstoffstoff-Infrastruktur, die seit dem Einbruch der Rohstoffe in den 80er-Jahren in den letzten Jahrzehnten unbeachtet vor sich hin rostete, kann man zusammengefasst darauf schließen, dass aufgrund der wachsenden Weltnachfrage und des unelastischen Angebots, die perfekten Vorraussetzungen für Jahre lang gleichmäßig steigende Rohstoffpreise geschaffen wurden.

Dennoch kommt, wenn die gnadenlosen kurzfristigen technischen Trends die bullishen fundamentalen Grundlagen ausstechen, auf jeden Trader eine Durststrecke zu, die ihn psychisch stark unter Druck setzen wird. Jede Woche habe ich die Ehre, mit allen möglichen Tradern, angefangen von unabhängigen Spekulanten, über erfahrene Investoren bis hin zu Hedgefonds-Managern zu sprechen. In diesen Diskussionen geht es meist um ein Thema, das alle Trader mehr beschäftigt als alle anderen, und das ihnen schlaflose Nächte bereitet.

Diese besorgniserregende Vorstellung ist der totale Zusammenbruch des CRB-Rohstoffindex. Der CRB ist für Rohstoffe, was die NASDAQ für Technologieaktien ist, der Flaggschiff-Index und Anführer dieses Sektors. Von seinen säkularen Tiefs Ende 2001 bis noch vor 6 Wochen befand sich der CRB in einem stabilen säkularen Aufwärtstrend, der bis dahin nicht einmal wirklich herausgefordert wurde. Ende August durchbrach der CRB plötzlich seinen Aufwärtstrend, was bei vielen Tradern zu Kopfschmerzen führte.

Dieser plötzliche Absturz des CRB ist ein wichtiger Hinweis und sollte auf keinen Fall ignoriert werden. Eingefleischte technische Trader würden das Ende eines Bullenmarktes bereits bei geringeren säkularen Einbrüchen sehen als bei jenem, den wir gerade erlebt haben. Aber wie der unvergessene Einbruch am Aktienmarkt Ende 1998, 18 Monate bevor die große Aktienhausse endete, zeigt, signalisieren bedeutende technische Einbrüche nicht immer das Ende eines Bullenmarktes. Trotzdem könnte es aber das Ende bedeuten und deshalb sollte man solch einen Einbruch immer ernst nehmen.

Angesichts der Ernsthaftigkeit dieser Situation will ich in diesem Bericht einen Blick auf diesen unerwarteten Zusammenbruch des CRB-Rohstoffindex werfen. Da ich selbst stark in Longpositionen bei rohstoffabhängigen Investments und Spekulationen investiert bin, waren für mich die letzten sechs Wochen hinsichtlich stark steigender Verluste die härtesten, die ich je erlebt habe. Gemeinsam mit unzähligen Investoren, mit denen ich dieses Schicksal teile, stehe ich nun vor der entscheidenden Frage.

Ist dieser Rohstoff-Bullenmarkt zu Ende, oder ist dieser Einbruch ein ähnliches Schauspiel wie 1998, als sich der Markt nach einiger Zeit wieder erholte? Sollte Ersteres der Fall sein, ist die beste Strategie, die Verluste hinzunehmen bevor die Rohstoffe weiter nachgeben. Aber sollte Letzteres zutreffen, wäre das klügste Vorgehen, den momentanen schmerzhaften Kurs weiter zu fahren. Wie konträre Anleger wissen, ist der schlechteste Zeitpunkt zu verkaufen der, an dem man es am meisten will.

Da alle meine unerbittlichen Analysen mich glauben lassen, dass die Fundamentaldaten der Rohstoffe noch immer sehr bullish sind und dass die steigende Nachfrage nach Metall und Energie das globale Angebot für die nächsten Jahre übersteigen wird, tendiere ich zur Schlussfolgerung, dass der Absturz des CRB temporärer Natur war. Sollte es aber wirklich nur ein kurzfristiges Phänomen sein, warum war es in diesem Bullenmarkt dann so extrem und total unerwartet? Was führt zu so einem Absturz?

Wie alle Indizes wird auch der CRB von Zeit zu Zeit durch neue Rohstoffkomponenten verändert, alte werden ersetzt und Bewertung und Kalkulationsmethoden verändern sich. Was generell gut ist, weil es die aktuellen Märkte besser darstellen kann. Zum Beispiel der ursprüngliche CRB Rohstoffindex aus dem Jahre 1957 beinhaltete Schweinefett und Zwiebeln, aber kein Rohöl und kein Gold. Ich bin mir sicher, dass heutzutage nicht einmal mehr der radikalste Soft-Commodities Fanatiker zustimmen würde, dass Schweinefett und Zwiebeln wichtiger als Öl und Gold wären.

Da diese periodischen Änderungen am Index sehr selten sind und meist viel Zeit zwischen ihnen liegt, sind sie für kurzfristige technische Analysen eher irrelevant. Werden aber langfristige Analysen erstellt, müssen diese Veränderungen berücksichtigt werden. Im Juli 2005 wurde in der 40jährigen Geschichte des CRB die zehnte bedeutende Revision durchgeführt. Die Indizien weisen sehr stark darauf hin, dass diese zehnte Revision für diesen letzten unerklärlichen Absturz des CRB verantwortlich war.

Seit Juli 2005 hat sich das Verhalten des CRB im Gegensatz zum Vergleichszeitraum nach seiner letzten Revision vor ungefähr einem Jahrzehnt grundlegend verändert. Vergleicht man den CRB vor der Änderung im Juli 2005 mit dem danach, ist es, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Auch wenn man den CRB hernimmt, ohne die gewaltigen Änderungen die durch die Revision verursacht wurden zu berücksichtigen, zeigen sorgfältige technische Analysen, dass wir es mit einem völlig anderen, neuen Biest von CRB zu tun haben.
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Bevor wir uns mit dem neuen CRB beschäftigen, möchte ich die rot eingezeichneten technischen Trends betrachten, welche uns zeigen, warum technisch-orientierte Rohstoff-Trader im Moment so beunruhigt und besorgt sind. Seit seiner Bodenbildung 2001 ist der CRB gleichmäßig in einem messerscharfen säkularen Aufwärtstrend angestiegen. Ursprünglich entwickelte sich der Anstieg der Unterstützungslinie Anfang 2002 und diese Unterstützung hielt in den Jahren 2003, 2004, 2005 und bis Anfang 2006 einem halben Dutzend bedeutender Ausbrüche felsenfest stand. Die untere Widerstandslinie war als nahezu unüberwindlich bekannt.

Das hielt bis vor sechs Wochen an. Mitte August fiel der CRB unter seine 200-Tageslinie, was aber in diesem starken Bullenmarkt schon ein paar Mal zuvor vorgekommen war. Aber er erholte sich nicht rasch davon, wie es davor üblich war, sondern der CRB begann weiter zu fallen. Auf dem obigen Langzeitchart scheint es, als würde der CRB von einer Klippe fallen. Er durchschnitt seine fünf Jahre alte widerstandsfähige Unterstützungslinie wie ein Blatt Papier. Der Absturz des CRB war massiv, unmissverständlich und beängstigend. Trader haben gute Gründe um besorgt zu sein.

Wie aber von den meisten vergessen, kann man den heutigen CRB nicht mit dem der ersten vier Jahre dieses klar definierten Aufwärtstrend vergleichen. Im Juli 2005 wurde der CRB zum zehnten Mal in seiner bestehenden Geschichte seit 1967 überarbeitet und dieser kritische Abschnitt ist im obigen Chart durch die vertikale gelbe Linie gekennzeichnet. Vor dieser Änderung verlief der CRB in relativ ruhigen und langen Wellen, während er langsam und gleichmäßig anstieg. Nach der erneuten Änderung des CRB Index wurde dieser hyper-volatil.

Um Ihnen das zu veranschaulichen, zeichnete ich den Verlauf des CRB Charts vor und nach dem Juli 2005 mit einer gleitenden Durchschnittslinie nach und stellte diese dann neben die zugrunde liegenden Daten. Die blauen Durchschnittslinien über und unter dem CRB Chart veranschaulichen gut die Veränderung des Verhaltens des CRB während dieser beiden Zeitabschnitte. Vor dem Juli 2005 kann man die glatten und ruhigen Bewegungen der Linie gut erkennen, ein sehr konservativer und messbarer Bullenmarkt. Die Linie nach dem Juli 2005 sieht hingegen eher wie ein Elektrodiagramm eines Traders auf Drogen aus, wild und volatil. Diese beiden Verläufe wirken eher wie zwei unterschiedliche Indizes.


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